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Lehre in Coronazeiten

Lehre NACHGEFRAGT

Newsletter Lehre 03 2021
Lehre in Coronazeiten
Foto: Congerdesign Pixabay

Fünf Fragen an Prof. Dr. Armin Scholl zum Thema Zukunft der Lehre – Wie sieht die universit?re Lehre nach der Pandemie aus?

Prof. Dr. Armin Scholl

Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)

Prof. Dr. Armin Scholl ist seit 2001 Inhaber der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre/Management Science an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult?t. 2010 erhielt er den Lehrpreis der Universit?t und 2021 würdigte die Akademie für Lehrentwicklung sein Engagement für die Umsetzung der Lehre w?hrend der Pandemiezeit mit dem einmalig ausgeschriebenen LiP-Award. Doch nicht nur seine eigenen Lehrveranstaltungen waren w?hrend der Pandemie auszeichnungswürdig. In seiner Funktion als Studiendekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult?t, die er im ?brigen mit kurzer Unterbrechung seit 2007 innehat, war er ma?geblich am Erfolg der ?Corona-Lehre‘ seiner Fakult?t, aber auch der Gesamtuniversit?t, beteiligt. Für das universit?tseigene Konzept zum Digitalen Prüfen haben Professor Scholl und sein Team die Grundlagen gelegt und ihre Erfahrungen mit allen Universit?tsangeh?rigen geteilt. Wie geht es nun weiter mit der Lehre nach der Pandemie? Fünf Fragen an Prof. Dr. Armin Scholl.

Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung der Hochschullehre einen Schub versetzt. Im ersten digitalen Semester wurde noch viel experimentiert und ad hoc umgesetzt. Wie erleben und beurteilen Sie die Entwicklungen in der jüngsten Zeit? Wie k?nnen die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen zur Weiterentwicklung universit?rer Lehre beitragen?

Auch wenn die Pandemie dramatische Folgen für die ganze Welt und viele negative Effekte auch für die Hochschullehre hatte und hat, bin ich - trotz aller Ersch?pfung - doch froh, dass sie uns gezwungen hat, fl?chendeckend Konzepte für eine digitale Hochschullehre zu entwickeln. Das war lange überf?llig. W?hrend sich die Betrachtungsgegenst?nde wirtschaftswissenschaftlicher Lehre zunehmend ?digitalisieren“ (Stichworte: Industrie 4.0, Smart Factory, E-Commerce, Big Data), haben wir bis Anfang letzten Jahres (wegen der tradierten Kapazit?tssituation notgedrungen) weit überwiegend traditionelle Lehrformen eingesetzt. Dies wird in anderen Fachbereichen m?glicherweise nicht viel anders (gewesen) sein. Damit ich nicht missverstanden werde: Ich halte nichts von Reformen um der Reform willen, aber es zeigte sich schon in den letzten Jahren, dass die aktuellen Herausforderungen (Stichworte: Studierf?higkeit, Heterogenit?t der Studienanf?nger, hochdynamische Anforderungen der Arbeitsm?rkte) nicht mit klassischen Massenveranstaltungen und den starren Curricula unserer Studieng?nge entsprochen werden kann. Als wesentliche Elemente einer zeitgem??en universit?ren Lehre, die in zunehmender Konkurrenz zur praxisnahen Lehre der Fachhochschulen und dualen Hochschulen steht, sehe ich – zumindest in den Wirtschaftswissenschaften:

  • kleinere, st?rker betreute Studierendengruppen,
  • M?glichkeiten des Ausgleichs unterschiedlicher Vorkenntnisse und Anpassung an die Anforderungen der Arbeitsm?rkte sowohl durch flexible Studiengangdesigns mit erheblichen Wahlm?glichkeiten als auch durch Angebot individuell ausw?hlbarer Lehrinhalte,
  • projektbezogene und interdisziplin?re Lehre, die Studierende zum eigenst?ndigen Erarbeiten und Anwenden von Kenntnissen und Methoden ertüchtigt, und
  • eine praxisn?here, wissenschaftliche Ausbildung, ohne die unmittelbare Praxisverwertbarkeit aller Lehrinhalte aus Fachhochschulen und dualen Hochschulen anzustreben (das k?nnen diese ohnehin besser). In diesem Wettbewerb müssen wir als Universit?t unseren Studierenden und potenziellen Studierenden zeigen, warum der (mühsamere) wissenschaftliche Ansatz auch im Hinblick auf die Praxistüchtigkeit unserer Absolventen und Absolventinnen der überlegene ist.

Entschuldigen Sie bitte, dass ich ?das Pferd von hinten aufz?ume“, aber es erscheint mir wichtig zu erl?utern, warum ich die erreichten Fortschritte in der digitalen Hochschullehre für unverzichtbar halte. Es geht nicht darum, alles zu digitalisieren, was ?nicht bei drei auf den B?umen ist“, wie es derzeit an vielen Stellen unserer Gesellschaft das Gebot der Stunde zu sein scheint. Es geht meines Erachtens um nichts anderes als die Zukunftsf?higkeit der universit?ren Lehre. Die Digitalisierung ist hier nicht Selbstzweck, sondern ein Teil des Werkzeugkastens, um die universit?re Lehre ins 21. Jahrhundert zu bringen. Und das hei?t vor allem auch, die nützlichen Aspekte der digitalen Lehre zu finden und zu nutzen.

Ich sehe die ?Corona-Semester“ daher alles andere als negativ, sondern als eine wertvolle M?glichkeit, mit neuen Lehrformen zu experimentieren. Solche Feldversuche w?ren in normalen Semestern gar nicht m?glich gewesen. Wir konnten neue, digital gestützte Elemente für Lehrveranstaltungen und Prüfungen (wie Lehrvideos und Screencasts, Blended Learning, ?bungen in Videokonferenzen, (teilweise automatisch) bewertete ?bungsserien und Online-Klausuren, Projektarbeit, mehrere Teilprüfungen statt einer einzigen Klausur usw.) ausprobieren und dabei auf mehr Verst?ndnis der Studierenden als in normalen Semestern hoffen, wenn etwas nicht gleich funktioniert oder sich ein Format als doch nicht so gut geeignet erwiesen hat. Meine Mitarbeiter/innen und ich haben – ebenso wie viele andere Lehrende – die Gelegenheit ergriffen, unsere Lehre neu zu denken und entsprechend umzugestalten. Die Evaluationen haben gezeigt, dass viele der neuen, digital gestützten Formate von den Studierenden als bereichernd empfunden werden. Es hat sich aber auch deutlich gezeigt, dass eine rein digitale Lehre natürlich nicht die Zukunft der Universit?t darstellt. Wie schon oft und leidenschaftlich diskutiert, gehen viele Elemente echten wissenschaftlichen Lehrens und Lernens ebenso verloren, wie die unverzichtbare soziale Interaktion zur Formung der Pers?nlichkeit unserer Studierenden, aber auch Lehrenden.

Sehen Sie bereits Entwicklungen hin zu sich etablierenden digitalen Lehrformaten bzw. findet bereits eine Selektion überlegener Formate statt?

Zun?chst einmal m?chte ich sagen, dass mich Einsatz und Kreativit?t vieler Lehrender unter den mehr als schwierigen Bedingungen der letzten Semester sehr beeindruckt haben. Das ging weit über das übliche Ma? hinaus und stimmt mich optimistisch für die Zukunft. Daher sind wir nun in der glücklichen Lage, auf einen Fundus an neuen Ideen und Konzepten sowie gemachten Erfahrungen zurückzugreifen.

Wir sollten es dabei wie Aschenbr?del und die Tauben machen: Die guten Elemente der digitalen Lehre kommen zusammen mit den unverzichtbaren und bew?hrten sowie neuen Elementen der Pr?senzlehre ins ?T?pfchen“, die weniger guten ins ?Kr?pfchen“. Welche Lehrformate erscheinen mir vor diesem Hintergrund zukunftsf?hig bzw. überlegen? Diese Frage m?chte ich zun?chst mit ?alles kann, nichts muss“ beantworten. Was genau sinnvoll und machbar ist, h?ngt vom jeweiligen Fach und der Fachkultur ab. Dabei geht es nicht prim?r um die Frage, ob Lehre digital und/oder in Pr?senz stattfindet, sondern darum, für jedes Fach und jedes Modul das ideale Format zu finden, die vorhandenen Studierenden m?glichst gut auszubilden und zu f?rdern und m?glichst viele weitere Studierende zu attrahieren.?

Daher sind Erprobungsm?glichkeiten und individuelle Erfahrungen der Lehrenden so wichtig. Aus meinen eigenen Erfahrungen und denjenigen an der gesamten wirtschaftswissenschaftlichen Fakult?t m?chte ich auf einige ?Lessons learned“ eingehen; diese sind vermutlich nicht vollends in andere Fachbereiche zu übertragen, k?nnen aber vielleicht ein paar Ansatzpunkte liefern:

  • Es hat sich gezeigt, dass man die Gestaltung und Darbietung der Lehrinhalte auf das gew?hlte Lehrformat anpassen sollte. Dies klingt wie eine Binsenweisheit. Aber es steckt die Beobachtung dahinter, dass sich mit vielen Lehrformaten gute Lernergebnisse erzielen lassen, wenn man deren Besonderheiten berücksichtigt. Sich beispielsweise in den leeren H?rsaal zu stellen und die wie üblich gehaltene Vorlesung auf Video zu bannen und diese 90-Minuten-Videos den Studierenden zum w?chentlichen Konsum anzubieten, ist eine einfache M?glichkeit, die in der Not der ersten Corona-Semester oft als einzige M?glichkeit gesehen wurde. Sie nutzt aber nur sehr eingeschr?nkt die Vorteile der digitalen Darbietung des Lehrstoffs. Hier ist eine andere Art der Darbietung und eine st?rkere Modularisierung in einzelne, abgegrenzte Lerneinheiten mit begleitenden Online-Tests sowie Rückkopplungsrunden (z.B. Foren, Fragestunden, Diskussionsrunden) sicherlich sinnvoller. Aber sind das nicht auch Anregungen für die ?klassische“ Pr?senz-Vorlesung?
  • Man sollte in die Produktion von Videos einiges an Mühe stecken. Qualitativ hochwertige und modularisierte Videos mit den aktiv referierenden Dozenten und Dozentinnen im Bild werden von den Studierenden sehr gesch?tzt (und sind wiederverwendbar). Warum sonst haben ?Nachhilfe-Youtuber“ und Anbieter von MOOCs einen solchen Zulauf, dass wir aufpassen müssen, nicht einfach durch virtuelle Online-Universit?ten ersetzt zu werden? Mit den mittlerweile verfügbaren Instrumenten des Multi-Media-Zentrums (Open Cast + Moodle) ist das technisch kein so gro?es Problem mehr. Meines Erachtens sollte man auch das Risiko eingehen, Videos zu den in Pr?senz abgedeckten Lehrinhalten zus?tzlich anzubieten. Dies hat in unseren Modulen nicht nur zur erwartbar h?heren Zufriedenheit der Studierenden, sondern auch zu besseren Prüfungsleistungen geführt, da Videos w?hrend der Prüfungsvorbereitung noch einmal angeschaut werden konnten.
  • Periodisch durchgeführte Online-Tests, die das Erlernte abfragen und zu weitergehendem Nachdenken anregen, oder verpflichtende ?bungsserien strukturieren das Lernen und geben den Studierenden eine bessere Einsch?tzung zu ihrem eigenen Wissensstand. Eine Bewertung dieser studentischen Leistungen und eine M?glichkeit zum Erwerb von Punkten für die Klausur (o.?.) steigern die Attraktivit?t und Akzeptanz dieser Instrumente und führen zu kontinuierlicherem Lernen w?hrend des Semesters.
  • Online-Prüfungen erlauben es in organisatorischer Hinsicht besser als Pr?senz-Prüfungen, Modulprüfungen in vorlesungsbegleitende Teilprüfungen aufzuteilen. Dies bewirkt deutlich erkennbar, dass die Studierenden w?hrend des Semesters st?ndig ?am Ball bleiben“ statt den gesamten Modulstoff am Semesterende im Sinne des Bulimie-Lernens ins Kurzzeitged?chtnis zu füttern. Die Prüfungsergebnisse sind besser geworden und obwohl der Aufwand für die Studierenden eher h?her war, wird von vielen darauf gedrungen, die Teilprüfungen künftig beizubehalten.
  • Gerade in Masterprogrammen erscheint es mir in heutiger Zeit unverzichtbar, M?glichkeiten für externe Studienanf?nger oder solche aus unterschiedlichen eigenen Bachelorstudieng?ngen zu schaffen, fehlende Vorkenntnisse effizient erlangen bzw. wesentliche Inhalte auffrischen zu k?nnen. E-Learning-Module und insbesondere geeignet zugeschnittene Videos und Online-Tests scheinen mir ideale Instrumente auch für diesen Zweck zu sein. Ich stelle mir ein modulares System von Lerneinheiten (für einzelne Module oder den gesamten Studiengang) vor, aus dem Studierende, aber auch Studieninteressierte flexibel w?hlen k?nnen. In begrenztem Umfang ECTS-Punkte dafür anzubieten, würde m.E. die Attraktivit?t unserer Studienprogramme steigern und die Frustration der Lehrenden wegen fehlender Vorkenntnisse reduzieren.
  • Als Servicefunktion erscheint es wichtig, eine Lernplattform wie Moodle durchg?ngig zu nutzen und deren viele nützliche Elemente zur digitalen Organisation und Durchführung der Lehre einzusetzen. Die Nutzung von Moodle hat durch die Pandemie glücklicherweise stark zugenommen, die Verfügbarmachung von Lehrmaterialien wird zunehmend professionalisiert und standardisiert. Dies haben sich unsere Studierenden schon lange gewünscht.
  • Videokonferenzen oder Livestreams halte ich pers?nlich nicht für einen vollwertigen Ersatz für Pr?senzlehre. Zum einen kennen alle Lehrenden den frustrierenden Blick auf viele schwarze Kacheln, zum anderen haben sie erleben müssen, wie anstrengend und aufw?ndig es ist, eine Veranstaltung mit Diskursm?glichkeiten zu gestalten, die einer Pr?senzveranstaltung halbwegs entspricht. Ohne Hilfe von technischem Unterstützungspersonal bzw. dafür abgestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist dies kaum m?glich. Besonders schwierig wird es in einer hybriden Umgebung, wenn man zwei Teilnehmergruppen, anwesenden und online zugeschalteten Studierenden, gerecht werden muss.?
  • In kleinerer Runde k?nnen Videokonferenzen jedoch sehr gute Dienste tun und sogar effizienter als Pr?senztreffen sein (Frage- und Sprechstunden, Treffen mit Projektgruppen, Beratung bei schriftlichen Arbeiten, Routine-Sitzungen usw.). Auch lassen sich Praxisvortr?ge oder -fallstudien durch entfallende Reisen aufwandsarm in Lehrveranstaltungen integrieren, wodurch die Schwelle zur notwendigen Praxisn?he sinkt.
  • Reine Screencasts (Folien mit Audio-Spur) sind relativ einfach zu erstellen, aber nicht immer ein geeignetes und hinreichend motivierendes Format. In Befragungen berichten viele unserer Studierenden von der beim stundenlangen Anh?ren von Screencasts eintretenden Ermüdung und Demotivation. Echte Videos, bei denen die Lehrenden zu sehen sind und lebhaft dozieren, werden in Umfragen deutlich bevorzugt, zumal Lehrende hierbei zumindest in Ans?tzen als ein Gegenüber der Studierenden agieren k?nnen.

Soweit zu einigen Erkenntnissen, die ich aus den vergangenen Corona-Semestern ziehe –? dass es hierzu auch andere berechtigte Einsch?tzungen gibt, ist mir bewusst. Zu Ihrer Frage, ob bereits eine Selektion überlegener Lehrformate stattfindet, kann ich nicht viel sagen. Zu unübersichtlich ist die Situation und zu unterschiedlich sind die Erfordernisse der verschiedenen F?cher und Studieng?nge. Ich kann aber sagen, dass meine Mitarbeiter/innen und ich wild entschlossen sind, künftig eine Mischung aus Pr?senzlehre und zus?tzlichen E-Learning-Elementen wie Videos (jeweils kurz und zu abgegrenzten Teilfragen und damit dynamisch zusammenstellbar) und Online-Tests bzw. vorlesungsbegleitenden Teilprüfungen anzubieten.

An welchen Stellen sehen Sie die Gefahr, dass die erreichten Entwicklungen nach Abklingen der Pandemie verschwinden, statt nachhaltig zu wirken? Was kann dagegen getan werden?

Ich sehe erhebliche Gefahren dafür, dass Erreichtes im allseits erschallenden Ruf nach schneller Rückkehr zur gewohnten Pr?senzlehre wieder verloren geht. Das w?re sehr schade, da ich überzeugt bin, dass gro?e Chancen mit diesem einmaligen Feldexperiment verbunden sind. Damit dies nicht geschieht, w?ren meines Erachtens folgende Aspekte zu beachten; hier ist vor allem auch die Politik gefragt:

  • Die Lehrverpflichtungsverordnung sollte endlich den tats?chlichen Aufwand der Lehre berücksichtigen und das Deputat nicht weiterhin v?llig undifferenziert über in Pr?senz abgehaltene Lehrveranstaltungsstunden abrechnen. Dieses veraltete System f?rdert eine unambitionierte und unaufw?ndige Lehre und ist der Lehrqualit?t in demotivierender Weise abtr?glich. Innovative Konzepte machen viel mehr Aufwand, bringen aber nicht mehr Deputatsstunden als die recycelte Vorlesung vom letzten Jahr.
  • M?chte man digitale oder hybride Lehre f?rdern, muss beachtet werden, dass gute digitale Lehre h?ufig sehr viel aufw?ndiger ist als reine Pr?senzlehre, was viele Lehrende in den letzten Semestern deutlich bemerkt haben. Dies gilt in noch gr??erem Ma?e für hybride Lehre. Daher sollte digitale Lehre der Pr?senzlehre in der Lehrverpflichtungsverordnung unter Berücksichtigung des damit jeweils verbundenen Aufwands gleichgestellt werden (so sollte etwa auch die 25%-Beschr?nkung der Anrechenbarkeit digitaler Lehre entfallen).
  • Wenn man davon ausgeht, man k?nne mit dem bestehenden Personalschlüssel eine den aktuellen Erfordernissen (teils schwache, heterogen vorgebildete Studienanf?nger, hohe Anforderungen der Praxis an Selbstst?ndigkeit und Flexibilit?t der Absolventen und Absolventinnen, Konkurrenz zu politisch stark gef?rderten Fachhochschulen und dualen Hochschulen sowie zu international agierenden virtuellen Universit?tsverbünden) angepasste universit?re Lehre entwickeln, wird dies der Realit?t nicht gerecht und werden viele gute Ideen und Initiativen im Keim erstickt. Wenn man von Massenveranstaltungen zu hochwertigerer und den aktuellen Erfordernissen entsprechender Lehre in kleineren Gruppen gelangen m?chte, muss man auch akzeptieren, dass mehr Personal ben?tigt wird.
  • Die technischen Gegebenheiten für Videoaufzeichnungen und Videokonferenzen sollten fl?chendeckend in alle Lehrr?ume ausgerollt werden. Die Technik sollte dringend auch nach der Pandemie auf dem neuesten Stand gehalten werden. Ebenso sind weiterhin Personalmittel z.B. für technisches Unterstützungspersonal n?tig. Daher sind verstetigte Digitalmittel erforderlich. Ich fürchte jedoch, dass die Mittel nach Ende der Pandemie nicht mehr im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen werden.
  • Meiner Meinung nach wird ein Zurück zur gewohnten Pr?senzlehre kaum mehr ohne Attraktivit?tsverlust der Lehrangebote und Studieng?nge m?glich sein. Die Pandemie war nach meiner festen ?berzeugung kein Intermezzo, sondern ein Strukturbruch. Wie schon eingangs ausgeführt, sind ohnehin notwendige Ver?nderungen lediglich schneller angesto?en worden. Allerdings sind auch die Erwartungen der Studierenden an die universit?re Lehre gewachsen (z.B. aus der Ferne studieren oder die Zeit freier einteilen zu k?nnen). Hier werden wir in Konkurrenz zu gro?en Universit?ten und virtuellen Ausbildungsverbünden treten müssen, die über mehr Mittel verfügen als wir. Daher kommen der Motivation und unterstützenden Begleitung unserer Lehrenden gro?e Bedeutung zu. Auch wenn durch die Akademie für Lehrentwicklung, LehreLernen und andere Initiativen bereits viele, wirklich gute Ansatzpunkte für die zukünftige universit?re Lehre sichtbar geworden und Unterstützungsangebote geschaffen worden sind, halte ich es für notwendig, die Entwicklung der Lehre seitens der Universit?t noch st?rker zu f?rdern und zentraler auf die Agenda zu setzen. Gute und innovative Lehre muss sich lohnen.

Wie wirkt sich Ihrer Meinung nach die sich ver?ndernde Struktur in Studium und Lehre auf die Gestaltung der Studieng?nge, der Curricula der Zukunft, aus?

Wie zuvor bereits mehrfach angesprochen, erwarte ich erhebliche Ver?nderungen in der universit?ren Lehre und halte diese auch für notwendig. Dies sollte bei der Gestaltung/Ver?nderung der Studieng?nge berücksichtigt werden. Ich m?chte drei Thesen aufstellen:

  • Um den Erfordernissen der Arbeitsm?rkte und der Heterogenit?t der Studierenden besser Rechnung zu tragen, sollten Studieng?nge flexibler und in Teilen interdisziplin?rer gestaltet sein. Neben dem notwendigen fachlichen Grundgerüst sollten mehr Wahlm?glichkeiten geschaffen werden, um der zunehmenden Ausdifferenzierung und Flexibilisierung von Berufsbildern auf den Arbeitsm?rkten Rechnung zu tragen.
  • Wenigstens einige dafür geeignete Master-Studieng?nge sollten hybrid studierbar sein. Dies bedeutet, dass Studierende zumindest zeitweise nicht vor Ort sein müssen, aber auch vollst?ndig in Pr?senz studieren k?nnen. Dafür müssen zwar Pr?senz- und Online-Lehre gleichzeitig und gleichwertig angeboten werden, aber es ist zu erwarten, dass wir mehr und ambitioniertere Studienanf?nger attrahieren k?nnen. Dabei geht es nicht um eine Transformation hin zur Fernuniversit?t, sondern es sollte der Tendenz Rechnung getragen werden, dass viele Bachelor-Absolvierende ein Master-Studium nicht als zwingende Voraussetzung für Ihr berufliches Fortkommen, sondern als Erg?nzung sehen. Auch k?nnen ggf. einige Standortnachteile Jenas (z.B. keine Headquarters von Gro?unternehmen) durch eine Hybridisierung von Studieng?ngen ausgeglichen werden.
  • Die Curricula sollten weniger auf die Vermittlung von Faktenwissen und mehr auf die Entwicklung von Abstraktions- und Probleml?sungsverm?gen ausgerichtet sein. Bei der Gestaltung von Open Book- oder gar Open Web-Prüfungen erkennt man sehr schnell, wie leicht heutzutage Faktenwissen verfügbar ist und entsprechende Fragen gar nicht mehr gestellt werden k?nnen. Abfragen von auswendig zu lernenden ?Bullet Points“ sollte endgültig der Vergangenheit angeh?ren. Die wichtigste universit?re Ressource ist das Analysieren, Verknüpfen und Ableiten. Dies sollte – auch in Bachelorstudieng?ngen – mehr im Mittelpunkt stehen, wobei wir wieder bei den kleineren Gruppengr??en und dem projektbasierenden Studium sind.

Was würden Sie sich für die Lehre der Zukunft wünschen?

Ich wünsche mir grunds?tzlich wieder einen deutlich h?heren Stellenwert der Lehre innerhalb der Universit?ten. Bei Berufungsverfahren sollten gute und engagierte Lehrleistungen mindestens genauso wertgesch?tzt werden wie Publikationsleistungen oder Leistungen bei der Drittmittelakquise. Die Realit?t sieht jedoch h?ufig genug anders aus.

In einem System, das vor allem von der intrinsischen Motivation seiner Mitglieder lebt, ist die Wertsch?tzung der Lehre der beste Hebel zur Verbesserung der Lehre. Wenn sich gute und herausragende Lehrleistungen wieder mehr lohnen, wird die Lehrsituation automatisch besser. Denn am Ende aller ?berlegungen zu Lehrformen und -formaten sind es doch immer die Qualifikation, Motivation und der Einsatz der Lehrenden, welche über die Qualit?t und den Erfolg der Lehre entscheiden.