
Meldung vom: | Verfasser/in: Sebastian Hollstein
Doktorand Till Deilmann betrachtet durch eine Lupe Moose im Botanischen Garten.
Foto: Nicole Nerger/Universit?t JenaOb auf Waldb?den, in Mooren, in den Fugen des Stra?enpflasters oder sogar in so unwirtlichen Gegenden wie der Antarktis – Moose wachsen nahezu überall. Doch so allgegenw?rtig diese Pflanzen auf der Erde sind, in der derzeitigen Forschungslandschaft muss man lange nach ihnen suchen. Wissenschaftliche Untersuchungen von Moosen sind h?chstens ein Nischenthema. Eine Gruppe junger Biologinnen und Biologen will das nun ?ndern: Auf Initiative des Doktoranden Till Deilmann von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena fordert sie in einem Beitrag im aktuellen Forschungsmagazin ?Basic and Applied Ecology“ mehr Aufmerksamkeit für die vernachl?ssigte Pflanzengruppe.?
Mit mehr als 20.000 Arten stellen Moose die zweitgr??te Gruppe aller Landpflanzen dar. Sie sind weit verbreitet und auf allen Kontinenten zu Hause. Für die entsprechenden ?kosysteme übernehmen sie dabei eine Reihe wichtiger Funktionen: ?Sie sind ein elementarer Bestandteil des N?hrstoffzyklus sowie des Wasserkreislaufs, regulieren die Temperatur des Bodens und haben so enormen Einfluss auf die dort lebenden Mikroben, deren Lebensbedingungen und das gesamte ?kosystem“, erkl?rt Till Deilmann. ?Zudem dienen sie als CO2-Speicher.“?
Trotz dieser Schlüsselrolle ?werden Moose in der ?kologischen Forschung oft übersehen und sind unterrepr?sentiert", schreiben die sechs Forschenden aus D?nemark, Deutschland und Schottland. ?Als Nachwuchswissenschaftler, die eine auf Moose ausgerichtete Forschungsarbeit betreiben, wollen wir uns dafür einsetzen, das Profil dieser wichtigen Gruppe zu sch?rfen, indem wir die zu überwindenden Hindernisse, aber auch m?gliche L?sungen aufzeigen, wie wir sie als ?kologische Gemeinschaft überwinden k?nnen.“?
Ohne Moos nix los
Die Adressaten des Aufrufs sind vielf?ltig. ?Zum einen wollen wir Forschungseinrichtungen dafür sensibilisieren, Moose st?rker in den Fokus der Forschung zu rücken, entsprechende Projekte zu unterstützen, Netzwerke zu initiieren sowie mehr Daten zu erheben und zur Verfügung zu stellen. Es gilt beispielsweise, viel st?rker der Frage nachzugehen, wie Moose auf Umweltver?nderungen reagieren und welche Folgen das für ihre Funktion im ?kosystem und damit letztlich für das ?kosystem selbst hat“, sagt der Jenaer Wissenschaftler, der sich im Rahmen seiner Dissertation im Jenaer Sonderforschungs?bereich ?AquaDiva“ intensiv mit Moosen besch?ftigt. Diese Gew?chse seien zwar sehr tolerante ?berlebenskünstler, die unter extremen Bedingungen leben k?nnen, doch sie seien auch sehr abh?ngig von ihrer unmittelbaren Umgebung. So nehmen sie etwa – anders als andere Pflanzen – Wasser und N?hrstoffe haupts?chlich direkt durch Diffusion über die Bl?tter auf. Wenn sich etwas ?ndert, dann wirkt sich das also unmittelbar aus. Diese Eigenschaften machen sie zu guten Bioindikatoren, da sich an ihnen Schwermetall?kontamination, Luftverschmutzung oder Ver?nderungen des Klimas schnell ablesen lassen.?
Weil solche Forschungsarbeiten finanziell abgesichert sein müssen, fordern die jungen Biologinnen und Biologen von den F?rderinstitutionen mehr Aufmerksamkeit für dieses Forschungsgebiet, beispielsweise durch zielgerichtete Ausschreibungen. Au?erdem sollten Forschungsjournale Ergebnisse zu Moosen mehr Platz einr?umen.?
Moose in die Schulbücher!
Mehr Forschungsinteresse kann schlie?lich dazu führen, dass auch die breite ?ffentlichkeit die Bedeutung der Moose st?rker wahrnimmt – so ein weiterer Wunsch der Gruppe. ?Obwohl sie so allgegenw?rtig sind, finden sich Informationen über Moose zum Beispiel kaum in aktuellen Schulbüchern“, sagt Till Deilmann. Auch für Medien, Museen oder andere Einrichtungen, die für Wissensvermittlung stehen, k?nnte die ?u?erst vielf?ltige und einflussreiche Pflanzengruppe ein spannendes Thema sein – nicht zuletzt, da es auch hier gilt, die Artenvielfalt zu bewahren.?
Deutschlandweit einzige Professur zu Moosen in Jena
Jena geht übrigens mit gutem Beispiel voran: In Kürze wird das Senckenberg Institut für Pflanzenvielfalt die neue Professur für die Evolution und ?kologie der Moose besetzen – die deutschlandweit einzige Professur, die sich konkret dieser Pflanzengruppe widmen wird. Dadurch k?nnten beispielsweise die Herbarbelege, von denen es im Jenaer Herbarium Haussknecht sehr viele gibt, wieder st?rker in den Fokus der aktuellen Forschung rücken, erwartet Till Deilmann. ?Dank ihnen k?nnen wir beispielsweise die Entwicklung einzelner Moos-Arten über einen l?ngeren Zeitraum nachverfolgen.“ Die Digitalisierung dieser Sammlungsbest?nde stellt solche wertvollen Daten zudem der internationalen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung. Und auch die ?ffentlichkeit profitiert davon: Fl?ssen die Informationen der digitalen Belege in Bestimmungs-Apps, k?nnten Nutzerinnen und Nutzer Moose identifizieren und so die Vielfalt der unscheinbaren aber umso faszinierenderen Pflanzen ganz neu entdecken.?
Original-Publikation:
T. J. Deilmann, D. M. Christiansen, M. García Criado, T. M?ller, M. Schüle, A. T?uber: ?Early Career Researchers advocate for raising the profile of bryophyte ecological research“, Basic and Applied Ecology, 2024: DOI: https://doi.org/10.1016/j.baae.2024.11.001Externer Link