Neuberufene 2017
-
Miriam Agler-Rosenbaum
Agler Rosenbaum
Foto: Jan-Peter Kasper (Universit?t Jena)Auf dem Flur vor Miriam Agler-Rosenbaums Büro riecht es noch nach frischer Farbe, in ihrem Büro stehen gro?e Kartons. Die Bauarbeiten in der obersten Etage des Biotechnikums sind in ihren letzten Zügen, die Handwerker verpassen den renovierten R?umen den letzten Feinschliff. Vom Bürofenster aus ist eine weitere Baustelle zu sehen. Zwei marode Laborh?user werden abgerissen, bald entsteht an ihrer Stelle das neue Biotech Center des Leibniz-HKI. Die 38-j?hrige Professorin wirkt inmitten des Chaos der Baustellen wie ein Gegenpol: klar und strukturiert.
Vor über einem Jahr kam der Ruf der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena und Miriam Agler-Rosenbaum übernahm zeitgleich auch die Leitung des Biotechnikums am Leibniz-HKI. "Da stand ich pl?tzlich vor der Aufgabe, ein ganzes Haus zu managen", erz?hlt sie. Doch die zweifache Mutter vermittelt unweigerlich den Eindruck, dass sie solchen Herausforderungen nicht nur unerschrocken gegenübertritt, sondern sie vielmehr aktiv herbeiführt: "Ich habe schon immer die Augen offen gehalten und nicht erst kurz vor knapp überlegt, wie es weitergeht", sagt sie.
Das verdeutlicht auch ein Blick in ihre Vergangenheit: Nach ihrem Biochemie-Studium an der Universit?t Greifswald bekam Agler-Rosenbaum noch w?hrend ihrer Promotion eine Postdocstelle an der Washington University in St. Louis (USA) angeboten. "Da hatte ich noch ein halbes Jahr, um meine Promotion zu Ende zu bringen. Das war nicht viel Zeit. Aber diese einmalige Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen", sagt sie. Trotz der Entfernung zu ihrer Heimat arbeitete sie weitere Jahre an der Cornell University im Bundestaat New York. Schlie?lich ging es von ?bersee wieder zurück in heimischere Gefilde – wenn auch noch weit entfernt von ihrer Heimat – nach Aachen. Dort war sie bis 2017 Juniorprofessorin für Mikrobiologie von definierten Mischkulturen. "An der Uni in Aachen liegt der Schwerpunkt eher auf den Ingenieurwissenschaften. Daher war der Wechsel nach Jena sehr interessant. Hier spielt Mikrobiologie eine ganz gro?e Rolle, so dass man sich hier wissenschaftlich viel besser entfalten kann", sagt Agler-Rosenbaum.
Auch in der Wissenschaft bewegt sie sich gerne auf weitgehend unbekanntem Terrain. In ihrem Haus – wie Agler-Rosenbaum das Biotechnikum h?ufig nennt – findet sie gute Bedingungen vor. "In meinem Forschungsfeld entdecke ich beinahe jeden Tag etwas Neues. Es ist sehr abwechslungsreich und genau das fasziniert mich an Mikroorganismen", schw?rmt Agler-Rosenbaum. Den Fokus legt sie dabei auf bioelektrochemische Systeme und definierte mikrobielle Mischkulturen. "Ich untersuche also zum einen, wie Mikroorganismen mit Hilfe von elektrischem Strom chemische Stoffe herstellen. Andere wiederum k?nnen wir zur Stromerzeugung nutzen – was als umweltvertr?gliche Energiequelle der Zukunft interessant ist", erkl?rt sie. Zum anderen untersuche sie mikrobielle Mischkulturen. Das Zusammenspiel mehrerer Mikrobenarten berge gro?e Chancen, neue Substanzen zu entdecken, die auch für den Menschen nutzbar sein k?nnen. Mit diesem anspruchsvollen biotechnologischen Ansatz weicht Agler-Rosenbaum von der üblichen Forschung an Reinkulturen – nur eine Spezies, die kultiviert und erforscht wird – ab. Damit übernimmt sie auch im neuen Exzellenzcluster "Balance of the Microverse" der Universit?t Jena eine Vorreiterrolle.
Neben ihren eigenen Themen ist sie als Leiterin des Biotechnikums darauf bedacht, biotechnologische Prozesse zu optimieren, um m?glichst gro?e Mengen an Wirkstoffen aus den Mikroorganismen zu gewinnen. Diese werden zun?chst erforscht und dienen sp?ter bestenfalls der Herstellung von Medikamenten. Zudem tr?gt sie die Verantwortung für ein gro?es, hochqualifiziertes Team von wissenschaftlichem und technischem Personal. Gemeinsam mit ihrem Team bearbeitet sie mehrere Industrieprojekte und baut neue Kooperationen auf, durch die neben dem Erkenntnisgewinn auch der Wissenstransfer in die Praxis gew?hrleitet wird.
"Nicht nur beruflich war der Weg nach Jena die richtige Entscheidung", sagt Agler-Rosenbaum. Sie genie?e die Energie und die Bewegung, die in Jena zu spüren sei. Auch die N?he zu ihrem Elternhaus sieht sie als gro?en Vorteil: "Wir k?nnen am Wochenende einfach spontan zu meinen Eltern fahren. Die freuen sich natürlich immer, ihre Enkelkinder zu sehen."
-
Valeska Bopp-Filimonov
Prof. Dr. Bopp-Filimonov
Foto: FSUDenomination: Romanistik
mit Schwerpunkt Rum?nistikzuvor: Studienstiftung des deutschen Volkes
-
Wiebke Brose
Wiebke Brose
Foto: FSU"Es ist viel Bewegung im Sozialrecht und es hat gro?e Bedeutung für unsere Gesellschaft", nennt Prof. Dr. Wiebke Brose, LL.M. von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena zwei Gründe, warum sie dieses Rechtsgebiet so begeistert. Aber der neuen Lehrstuhlinhaberin für Bürgerliches Recht und Sozialrecht ist auch bewusst, "dass die Regeln so komplex sind, dass viele Leistungen nicht mehr ankommen, weil es kaum jemand versteht. Und das schürt Unzufriedenheit". Die Gesetze und Regelungen zu "übersetzen" und ein besseres Verst?ndnis zu erreichen, dem widmet sich die 42-j?hrige gebürtige Emsdettenerin in Forschung und Lehre. Dabei macht es die Politik der Juristin nicht einfach, unterliegt doch kaum ein anderes Rechtsgebiet so raschen ?nderungen. Denn, nennt Prof. Brose ein Beispiel, die permanenten Reformen des Elterngeldes resultieren auch daraus, dass die jeweils herrschende Politik damit ihr Familienbild rechtlich steuern will. Ihre Aufgabe als Rechtswissenschaftlerin sieht die Neu-Jenaerin darin, "diese rechtlichen Ver?nderungen kritisch-objektiv zu betrachten".
Dialogorientierte und praxisnahe LehreDafür sei sie gerne an die Friedrich-Schiller-Universit?t gewechselt, sagt Brose, da hier das Sozialrecht noch ein eigenst?ndiges Fachgebiet ist und die Rechtswissenschaftliche Fakult?t mit einer guten Infrastruktur, inklusive Bibliothek aufwarten k?nne. Zuvor war sie an der Universit?t Duisburg-Essen in der Bildungswissenschaftlichen Fakult?t t?tig, wo sie v. a. P?dagogen und Erziehungswissenschaftlern das Sozialrecht nahegebracht hat. Dies hat besonders ihre Art der Lehre beeinflusst, die dialogorientierter und noch praxisn?her wurde – wovon jetzt die Jenaer Studierenden profitieren.
Wiebke Brose hat Rechtswissenschaft in K?ln und an der Sorbonne in Paris studiert und mit der Maitrise en droit/LL.M. abgeschlossen. Diesen grenzüberschreitenden Aspekt hat sie auch in ihrer Dissertation "Der pr?ventive Kündigungsschutz bei betriebsbedingten Kündigungen – Vergleich von Entwicklung und Stellenwert im deutschen und franz?sischen Kündigungsrecht" verfolgt. Dabei wurde ihr u. a. sehr deutlich, dass für Arbeitgeber in Frankreich Kündigungen noch teurer sind als in Deutschland. Die 2014 in K?ln fertiggestellte Habilitation untersucht "Die Haftung für Verkehrspflichtverletzungen und unternehmerische T?tigkeit – die Auswirkung von Pflichtdelegationen im Unternehmen".
In Jena will Prof. Brose v. a. im Sozialrecht weiter forschen. Dabei geh?ren Suchterkrankungen ebenso zu ihren Spezialthemen wie das Recht behinderter Menschen auf Arbeit, Elterngeld, Sozialversicherungsrecht und die Frage des Anpassungsbedarfs der Sozialversicherung an die ver?nderte Arbeitswelt. Auch das jüngst reformierte Mutterschutzgesetz, das nun ebenfalls auf Studentinnen Anwendung findet, geh?rt zu ihren Schwerpunkten. "Mutterschutz ist spannend, weil es ein modernes Thema ist", begeistert sich die Mutter eines achtj?hrigen Sohns. Und viele Studentinnen werden ihr vielleicht einmal dankbar sein, wenn gekl?rt werden kann, wie ihre Zeit im Mutterschutz bei der Rente mitberechnet wird – allerdings wird sich die frankophile Wissenschaftlerin dieser Frage forschend und nicht in Einzelberatungen widmen, weist sie auf die Grenzen des M?glichen hin. (AB)
-
Liuchun Deng
Denomination: Strukturwandel und Produktivit?t
zuvor: Johns Hopkins University (USA)
-
Carola Dietze
Denomination: Neuere Geschichte
zuvor: Universit?t Gie?en
-
Christian Eggeling
Christian Eggeling
Foto: FSUZu Lebzeiten von Ernst Abbe machten die besten k?uflichen Mikroskope mit sichtbarem Licht bereits Strukturen knapp unter 200 Nanometer sichtbar. Diese bemerkenswerte Leistung ist in der Gegenwart dank technischem Fortschritt und dem Einsatz von scannenden Verfahren noch weiter verbessert worden. Heutzutage erm?glichen es moderne Mikroskopsysteme, in Zellkerne oder -membranen hineinzusehen und die dort ablaufenden Prozesse am einzelnen Molekül zu beobachten.
M?glich wurde dieser Fortschritt durch technische Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, an denen Prof. Dr. Christian Eggeling seit Mitte der 1990er Jahre Anteil hat. Den neuen Professor für hochaufgel?ste Mikroskopie (Superresolution Microscopy) berief die Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (FSU) gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT). Der Wissenschaftler hat sich der Fluoreszenzmikroskopie verschrieben - eine Methode mit der es m?glich ist, r?umliche und zeitliche Mechanismen auf molekularer Ebene zu untersuchen.?
Mit h?chster Genauigkeit molekulare Interaktionen darstellenMit der Verbesserung der Detektion von Einzelmolekülen hat sich der in Soltau aufgewachsene Eggeling nach einem Physikstudium in Hamburg und G?ttingen bereits in seiner Promotion besch?ftigt, die er im Jahr 2000 am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie und der Uni G?ttingen beendet hat. Was folgte, war mehr als ein ?Ausflug“ in die Wirtschaft. Beim Pharma- und Biotech-Unternehmen Evotec in Hamburg entwickelte er unterschiedliche Anwendungen für die Fluoreszenzmikroskopie und lernte dort nicht nur Projekt-orientiertes Arbeiten, sondern ?verlor auch die Berührungs?ngste zu Biologie und Medizin“. Dies kam dem sportlichen Wissenschaftler zugute, als er 2003 zu Prof. Dr. Stefan Hell, der 2014 den Nobelpreis für Chemie erhielt, zurück ans G?ttinger MPI kam und dort hochaufl?sende Fluoreszenzmikroskopietechniken mitentwickelte. ?Wir haben gezeigt, dass es funktioniert, mit h?chster Genauigkeit molekulare Interaktionen darzustellen“, fasst Prof. Eggeling die produktiven neun Jahre zusammen.
Seine Expertise brachte ihm einen Ruf an die Universit?t Oxford ein, auf eine Professur für Molekulare Immunologie verbunden mit der Leitung des dortigen Wolfson Imaging Centre. Neben der Weiterentwicklung der Mikroskopietechniken hat er diese dort auch verst?rkt in die Medizin überführt. Wichtig sei es, ?zuzuh?ren, was die Partner brauchen und intensiv miteinander zu reden“, sagt der 47-J?hrige. ?Wir müssen lernen, was wir noch verbessern k?nnen. Und dafür ist das Gespr?ch mit den Anwendern extrem wichtig“, so Eggeling, der auch an 13 Patenten beteiligt ist.
Eine personifizierte Brücke
Dieses Credo will der verheiratete Vater zweier Kinder auch in Jena leben. Dass er aus Oxford an die Saale wechselte, h?ngt vor allem mit Jena zusammen: ?Für mich steht Jena für optische Mikroskopie“, sagt er l?chelnd und freut sich, jetzt auch r?umlich in der Tradition Abbes arbeiten zu k?nnen. Dass er nach Jena gewechselt ist, ist auch dem gemeinsamen Einsatz der Leitungen von Universit?t, Leibniz-IPHT, Physikalisch-Astronomischer Fakult?t sowie der Medizinischen Fakult?t zu verdanken, betont Prof. Eggeling.
Und Eggeling baut hier nicht nur die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft, Abbe und Schiller, Universit?t und Leibniz-IPHT bzw. au?eruniversit?ren Forschungseinrichtungen, Wissenschaft und Wirtschaft, Deutschland und England, sondern auch zwischen Physik und den Lebenswissenschaften. Denn an FSU und Leibniz-IPHT ist er direkt in der Physik angesiedelt, doch seine Forschungen haben vor allem ?die Optimierung der Mikroskopietechniken für die Life Sciences“ zum Ziel. Zudem will er die Methodik zu einem Diagnostiktool weiterentwickeln, um z. B. noch einfachere Untersuchungen von Rezeptoren und Membranen zu erm?glichen. Dass er damit in Jena offene Türen einrennt, habe er bereits vor seiner Rufannahme gemerkt. Die Sprecher vieler Sonderforschungsbereiche aus Medizin und Naturwissenschaften h?tten rasch mit ihm das Gespr?ch gesucht und deutlich gemacht, dass er gebraucht werde - ein weiterer Grund für die Rufannahme. Jetzt ist Christian Eggeling vor Ort, wenngleich er auch weiterhin regelm??ig in Oxford forschen wird, um Brücken zu bauen zwischen den Disziplinen. Und solche ?Brücken spannen“ will der Neu-Jenaer auch in der Lehre: In die Physik m?chte er mehr Biophysik bringen und bei den Studierenden ein ?Feuer entfachen“ für die benachbarten Disziplinen. (AB)
-
J?rg Ganzenmüller
J?rg Ganzenmüller
Foto: Norman Hera"Mich interessiert, auf welche Weise politische Ereignisse oder Umbrüche auf den Menschen wirken", sagt Prof. Dr. J?rg Ganzenmüller von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (FSU). Alltagsgeschichte, die Interaktion zwischen Menschen, interessiert den neuen Professor für Europ?ischen Diktaturenvergleich. Er versteht Menschen als Akteure, deren Handeln die Strukturen und Ereignisse verdeutlichen, wenn er über Krieg, Diktaturen, Gewalt und Ideologien, aber auch über Erinnerungskultur und Sportgeschichte forscht.
Dies hat der heute 47-j?hrige gebürtige Augsburger, der in Freiburg/Brsg. Geschichte und Politikwissenschaften studiert hat, bereits in seiner Dissertation über die deutsche Belagerung Leningrads im Zweiten Weltkrieg deutlich gemacht. Er belegte, dass es kein Ziel der deutschen Wehrmacht war, die sowjetische Stadt einzunehmen, sondern sie dem Erdboden gleichzumachen. Für diese Einordung der Belagerung in den deutschen Vernichtungskrieg wurde er zu seiner ?berraschung stark von russischen Historikern kritisiert – da er seine Schlussfolgerungen durch zahlreiche Quellen untermauern konnte, hielt Ganzenmüller die Kritik gut aus, lernte dabei allerdings viel über die Unterschiede in der europ?ischen Erinnerung an das 20. Jahrhundert.
Stiftung und Wissenschaft enger verknüpfenDas kam dem kulturinteressierten Wissenschaftler, der 2004 als Postdoc an die Uni Jena wechselte, immer wieder zugute. Zuletzt besonders 2014, als er als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Ettersberg berufen wurde, nachdem er zuvor F?rderstipendiat am Historischen Kolleg in München und nach seiner Habilitation 2010 in Osteurop?ischer Geschichte auch Lehrstuhlvertreter in Jena war. Als Vorstandsvorsitzender ist es sein "Ziel, Stiftung und Universit?t enger zu verzahnen" und die Forschung "als gleichberechtigte S?ule der Stiftungsarbeit auszubauen". In seiner neuen Doppelfunktion kann er dies ideal umsetzen. ?berdies will er die Stiftung Ettersberg mit der Gedenkst?tte Andreasstra?e in Erfurt enger mit den "big playern" der Zeitgeschichte in Thüringen – der Gedenkst?tte Buchenwald, dem "Imre Kertész Kolleg Jena" und dem "Jena Center. Geschichte des 20 Jahrhunderts" – verknüpfen.
Sportgeschichte als politische Sonde"Das 20. Jahrhundert wirkt bis heute nach", betont Prof. Ganzenmüller und macht deutlich, dass er – trotz seines Schwerpunkts im letzten Jahrhundert – auch gerne über aktuelle Fragen diskutiert. So steht für den fu?ballbegeisterten Wissenschaftler beispielsweise fest, dass die Vergabe der Fu?ball-Weltmeisterschaft nach Katar "einen handfesten politischen Nutzen" für den Wüsten-Staat hat. Sportgeschichte ist für ihn eine Sonde, um allgemein-politische Fragen zu stellen und zu untersuchen.
Seine Erkenntnisse beruhen auf einem fundierten Quellenstudium, das er auch seinen Studierenden an der Friedrich-Schiller-Universit?t n?herbringen will. Am wertvollsten ist ihm aber, "dass sie selbstst?ndiges Denken lernen" – auch hier ist ihm der einzelne Mensch sehr wichtig.
-
Carsten Hoffmann
Carsten Hoffmann
Foto: UKJDer Chemiker und Pharmakologe Prof. Dr. Carsten Hoffmann hat seit diesem Sommersemester die Professur für Molekulare Zellbiologie am Universit?tsklinikum Jena inne und leitet das gleichnamige Institut im Centrum für Molekulare Biomedizin der Friedrich-Schiller-Universit?t am Beutenberg. Zur Erforschung der Signalprozesse in der Zelle untersucht er die Funktion von? Rezeptoren und Proteinen mit modernster Bildgebung.
Signalprozesse in der Zelle in Echtzeit abbildenErst durch trickreiche Serienfotografien lie? sich vor 150 Jahren best?tigen, dass Pferde beim Galoppieren alle vier Beine gleichzeitig vom Boden l?sen - mit diesem Vergleich beschreibt Prof. Dr. Carsten Hoffmann seinen Ansatz, die Signalprozesse in der Zelle in Echtzeit abzubilden, um sie zu verstehen. "Mit modernsten Bildsensoren, ausgefeilter Auslesetechnik und spezifischen Markierungstechniken k?nnen wir eine zeitliche Aufl?sung im Millisekundenbereich erreichen und quasi beim Schalten von Rezeptoren und Binden von Proteinen zuschauen", so der 50-j?hrige Chemiker, seit diesem Sommersemester Professor für Molekulare Zellbiologie am Universit?tsklinikum Jena und Direktor des gleichnamigen Instituts.
Dabei konzentriert sich das Interesse auf die Funktion sogenannter G-Protein-gekoppelter Rezeptoren, einer gro?en Familie von Membranproteinen, die an einer Vielzahl von Reizverarbeitungsprozessen beteiligt und Andockstelle für 30 % der pharmazeutischen Wirkstoffe ist. Hoffmann: "Wir studieren die Effekte potenzieller Arzneimittel an diesen Proteinen und verfolgen nachgeschaltete Signalketten im Detail. Diese Signalwege sind nicht linear, sondern hochgradig vernetzt." Die Knotenpunkte dieses Netzwerkes bilden Proteine, die mehrere Funktionen übernehmen k?nnen. So konnte Carsten Hoffman mit seiner Würzburger Arbeitsgruppe zeigen, dass ein bestimmtes Protein nicht nur die Aktivit?t der betrachteten Membranrezeptoren reguliert, sondern dabei selbst aktiviert wird und als Signalstoff fungiert, was es auch als Angriffsort für pharmazeutische Substanzen interessant macht.
Nach seinem Chemiestudium in Bremen wurde Carsten Hoffmann im Bereich der Bioorganischen Chemie der Universit?t Bremen promoviert und forschte anschlie?end mit einem? John Fogarty Stipendium in der Molecular Recognition Section des National Institutes of Heath in den USA.? Er hielt sich vielfach als Gastwissenschaftler in Frankreich und den USA auf und leitete eine Arbeitsgruppe am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universit?t Würzburg, wo er sich habilitierte und seit 2012 eine Professur für Mikroskopie der Signaltransduktion am Rudolf-Virchow-Zentrum innehatte.
?ber seine? Mitarbeit im Sonderforschungsbereich ReceptorLight hat Prof. Hoffmann schon sehr gute 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐e zu Jenaer Wissenschaftlern, "und das Institut ist als Abteilung des Zentrums für Molekulare Biomedizin der Universit?t bestens etabliert, das erleichtert mir den Start immens." Das erm?glicht ihm auch, langsam in die Koordination des Masterstudienganges Molekulare Medizin hineinzuwachsen, die in seinem Institut liegt. An Erfahrung in der Studierendenausbildung mangelt es dem ehemaligen Lehrkoordinator am Würzburger Institut nicht, der auch in der forschungsorientierten Linie des Medizinstudiums mitarbeiten m?chte. "Unser Engagement in den Lehrveranstaltungen ist der kürzeste Weg, den wissenschaftlichen Nachwuchs für unsere Forschungsthemen zu interessieren und für die Mitarbeit in unseren Laboren zu gewinnen", so Prof. Hoffmann nicht uneigennützig. (vdG)
-
Steve Hoffmann
Steve Hoffmann
Foto: FSUDie wachsende Bedeutung von Hochdurchsatz-Methoden in der Molekularbiologie erfordert auch den Ausbau statistischer und mathematischer Methoden zur Analyse der Forschungsergebnisse. Die Vielzahl an Ansatzpunkten für die Datenanalyse bei gleichzeitig geringer Anzahl der Proben macht es notwendig, sich auf Methoden des maschinellen Lernens und statistische Verfahren zur Interpretation von Daten zu stützen. Mit Steve Hoffmann konnte das FLI einen ausgewiesenen Experten auf diesem Gebiet gewinnen. Er hat zun?chst in Marburg und G?ttingen Medizin studiert und begann 2001 parallel mit einem Informatikstudium, das er nach Abschluss der medizinischen Prüfungen in Hamburg mit der Spezialisierung auf Bioinformatik fortführte. Die Promotion in Medizin erfolgte 2007, in Bioinformatik 2014. In den Jahren 2007 bis 2009 forschte er als wissenschaftlicher Assistent an der Universit?t Leipzig. Dort übernahm er 2009 die Leitung der Juniorgruppe "Transcriptome Bioinformatics" am Interdisziplin?ren Zentrum für Bioinformatik und dem Forschungszentrum für Zivilisationskrankheiten der Uni Leipzig, in dem er auch als gew?hlter Vertreter der Nachwuchswissenschaftler agierte. Seit Oktober 2017 ist er nun als Leiter der Forschungsgruppe "Bioinformatik für Alterungsprozesse" am FLI sowie als Professor für Computational Biology an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena t?tig. (PM)
-
Jutta Hübner
Jutta Hübner
Foto: privat?ber die H?lfte der Krebspatienten versucht neben der vom Arzt verordneten Strahlen- oder Chemotherapie auch pflanzliche Stoffe, Nahrungserg?nzung oder Naturheilmittel, die in bunten Zeitschriften angepriesen oder in Online-Erfahrungsberichten positiv bewertet werden. Bei den Brustkrebspatientinnen liegt dieser Anteil noch weit h?her. "Für die Wirksamkeit der erg?nzenden Mittel oder Methoden gibt es nur minimale Nachweise, und oft erf?hrt der behandelnde Arzt nichts von dieser Selbstbehandlung", nennt Prof. Dr. Jutta Hübner gleich zwei zentrale Probleme dabei.? Die Internistin hat seit diesem Jahr die Professur für Integrative Onkologie am Universit?tsklinikum Jena inne, die die Deutsche Krebshilfe als Stiftungsprofessur an der Klinik für Innere Medizin II eingerichtet hat und für fünf Jahre f?rdert und die direkt an das Universit?tstumorzentrum angebunden ist.
Vor allem in der Onkologie, aber auch bei anderen chronischen vielschichtigen Krankheitsbildern ist der Bedarf an erg?nzenden oder alternativen Behandlungsm?glichkeiten sehr gro? -? vor allem, wenn man k?rperliche Aktivit?t, Psychoonkologie oder Selbsthilfegruppenarbeit mit dazu z?hlt. "Und die komplement?re Medizin hat durchaus das Potenzial, den Patienten zu helfen", so Hübner. Als Beispiele z?hlt sie Ingwer gegen die ?belkeit bei Chemotherapie auf oder Yoga und leichten Sport zur Abmilderung des Ersch?pfungszustandes Fatigue. Neben qualitativ hochwertigen Studien fehlt es vor allem an fundierten Informationen über komplement?re Behandlungsm?glichkeiten, sowohl bei den Patienten, als auch bei den ?rzten.
M?glichkeiten und Risiken komplement?rer MedizinHier will Prof. Hübner, die zuvor eine Informationsdatenbank der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe aufgebaut hat, mit einem niederschwelligen Angebot ansetzen. In regelm??igen Vortr?gen für Krebspatienten, Angeh?rige und Interessenten wird sie am Uniklinikum Jena über die M?glichkeiten und Risiken komplement?rer Medizin informieren. In der Patientenversorgung führt sie die Arbeit der Ambulanz für Naturheilkunde und Integrative Onkologie an der Klinik für Innere Medizin II fort und plant, einen Konsildienst für station?re Patienten des Klinikums zu etablieren.
Neben der Versorgungsforschung zum Informationsbedarf von Patienten zur komplement?ren und alternativen Medizin und zur Arzt-Patienten-Kommunikation, die gerade in der Onkologie auch zentrale medizinethische und -?komische Aspekte berührt, liegt der wissenschaftliche Schwerpunkt von Jutta Hübner in der evidenzbasierten Untersuchung komplement?rer Medizin. "Gute Studienkonzepte in der Komplement?rmedizin sind sehr aufwendig, dazu sind Netzwerke notwendig und eine Forschungskultur, zu deren Etablierung ich beitragen m?chte", so Jutta Hübner.?
Zukunftsperspektive der integrativen OnkologieNach dem Medizinstudium in Düsseldorf absolvierte Jutta Hübner die Facharztausbildung in Innerer Medizin in Remscheid. Sie spezialisierte sich für die H?matologie und internistische Onkologie und erwarb Zusatzqualifikationen in der Chirotherapie, Palliativmedizin, Naturheilkunde und Psychoonkologie. Nach klinischen Leitungspositionen in Bad Soden-Salmünster, Kassel und am Universit?tsklinikum Frankfurt/Main arbeitete sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft und habilitierte sich an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena zum Stand und der Zukunftsperspektive der integrativen Onkologie.
"Die integrative Onkologie steht auf dem Boden der wissenschaftlichen, evidenzbasierten Medizin und stellt den Patienten mit seiner Perspektive und seinen Lebenszielen in den Vordergrund", betont Hübner. Mit diesem Fokus vermittelt die Professorin ihr Fach auch den Medizinstudierenden und jungen Assistenz?rzten in ihrer Ambulanz. (vdG)
-
Anna Kipp
Anna Kipp
Foto: FSUWenn es um ihre Forschungsergebnisse zu Zusammenh?ngen zwischen Ern?hrung und Krankheit geht, setzt Prof. Dr. Anna Patricia Kipp jedes Wort mit Bedacht. Denn die neue Professorin für Molekulare Ern?hrungsphysiologie der Universit?t Jena will zu gro?e Hoffnungen auf eine rasche Pr?vention oder gar Heilung von (Darm)Krebs vermeiden. Schlie?lich ist das, was sie macht, vor allem Grundlagenforschung. Daher spreche sie keine Empfehlungen zu einer Selen-Zugabe in die Nahrung aus, "da noch ganz viele Erkenntnisse fehlen". ?berzeugt ist die 36-J?hrige allerdings schon davon, dass es einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Selen und dem Schutz vor Darmkrebs gibt - und erforscht den Zusammenhang, um die fehlenden Erkenntnisse zu gewinnen.
Selen galt früher ausschlie?lich als toxische Substanz, ist aber auch ein essenzielles Spurenelement, das in der Tierern?hrung und als Nahrungserg?nzungsmittel eingesetzt wird. Mit Selen kennt sich Prof. Kipp aus, hat sie doch den gr??ten Teil ihres bisherigen Forscherlebens diesem Element, genauer den bislang rund 25 bekannten Selenoproteinen, gewidmet. "Nur von der H?lfte dieser Proteine ist bislang die genaue Funktion bekannt", weist die gebürtige Frankfurterin, die bereits früh ein Faible für Naturwissenschaften und Laborarbeit entwickelt hat, auf das bestehende Forschungsfeld hin.
Selen-Unterversorgung aktiviert Signalweg im DarmW?hrend ihres Studiums der ?kotrophologie an der Uni Bonn hat Anna Kipp die genregulatorische Funktion von Vitamin E untersucht. Doch bereits in ihrer Dissertation, die sie 2009 in Potsdam abschloss, untersuchte sie Signalwege im Darm, die bei einer Unterversorgung mit Selen aktiviert wurden. "Man h?tte", sagt sie und betont den Konjunktiv, "aus den Ergebnissen ableiten k?nnen, dass Selen Darmkrebs verhindern kann". Doch dazu mussten weitere Untersuchungen gemacht werden. Damit besch?ftigte sie sich w?hrend der Arbeiten zu ihrer Habilitation, die sie 2015 am Deutschen Institut für Ern?hrungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke beendete. Dort untersuchte Kipp u. a. den Einfluss von Selen und unterschiedlichen Selenoproteinen an verschiedenen Darmkrebsmodellen. "Letztlich bleiben es Modelle, die ihre Grenzen haben", betont Kipp, die auch Forschungsaufenthalte in Schweden, den Niederlanden und Italien absolviert hat. Andererseits ist sie überzeugt, dass einzelne Selenoproteine bei ganz bestimmten Darmkrebsstadien hilfreich sein k?nnen - aber vereinfachend zu sagen, Selen hilft bei Darmkrebs, sei eben nicht m?glich.
Dialogorientierte Lehre mit aktuellen BeispielenMit den physiologischen Funktionen und den molekularen Mechanismen von Selen will sich Prof. Kipp, die bereits nach Jena umgezogen ist, auch an der Friedrich-Schiller-Universit?t weiterhin besch?ftigen. Sobald ihr Labor fertig eingerichtet ist, will sie zudem die Interaktion zwischen Selen und anderen Spurenelementen sowie sekund?ren Pflanzeninhaltsstoffen erforschen und die Jenaer Studierenden rasch an ihren neuesten Erkenntnissen teilhaben lassen. In der Lehre setze sie auf Dialogorientierung mit aktuellen Beispielen, sagt die musische Wissenschaftlerin, die als einzige Professorin mit einer ?kotrophologieausbildung am Institut für Ern?hrungswissenschaften sicher auch eine Vorbildfunktion haben wird. (AB)
-
Kathrin Leuze
Kathrin Leuze
Foto: FSU"Prepare your daughter for working life - give her less pocket money than your son". Ein Poster mit dieser plakativen Aufschrift h?ngt im Büro von Prof. Dr. Kathrin Leuze in der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena - und spitzt zugleich eines ihrer Forschungsgebiete zu. Dass Frauen schlechter bezahlt werden als M?nner, ist l?ngst Gegenstand gesellschaftlicher Debatten und politischer Ma?nahmen. Die neu berufene Professorin für Methoden der empirischen Sozialforschung und Sozialstrukturanalyse der Universit?t Jena hat darüber hinaus festgestellt, dass oft bereits die geschlechtstypische Studienfach- und Berufswahl den Grundstein für eine schlechtere Bezahlung legt.?
Typische Frauenf?cher weniger wertProf. Leuze interessiert sich vor allem für die gro?en Geschlechterungleichheiten zwischen hochqualifizierten M?nnern und Frauen: W?hrend M?nner h?ufiger Ingenieurwesen, Mathematik oder Naturwissenschaften studieren, schreiben sich mehr Frauen z. B. in Geistes- und Sozialwissenschaften ein - "und w?hlen damit Berufsfelder, die potenziell schlechter bezahlt werden", erkl?rt die Neu-Jenaerin. "Frauen sind seit jeher für Haus und Familie verantwortlich und ergreifen bis heute oft Berufe, die aus dem Privaten kommen und mit Fürsorge, Pflege oder Erziehung zusammenh?ngen. Noch immer sind diese Jobs gesellschaftlich weniger wert und zudem gewerkschaftlich schlechter organisiert als typische M?nnerdom?nen", so die 41-J?hrige.
Arbeitsmarktertr?ge von Akademikerinnen und Akademikern besch?ftigen Leuze schon lange. Zum Beispiel sind ihr im Rahmen ihrer Dissertation an der Universit?t Bremen, in der sie den Berufsstart in Deutschland und Gro?britannien miteinander verglich, enorme L?nderunterschiede aufgefallen. "Der Arbeitsmarkteinstieg von Hochschulabsolventinnen und -absolventen ist hierzulande wesentlich leichter aufgrund der klaren Strukturiertheit des Arbeitsmarkts, was z. B. typische Ausbildungs- und Akademikerberufe angeht, und die vergleichsweise geringe Zahl an Studierten", benennt sie ein Ergebnis. Dass Frauen der Einstieg in beiden L?ndern nichtsdestotrotz schwerer f?llt, zeigt die Studie ebenfalls auf.
Abkehr von Rollenvorbildern ist soziologisch spannendIhrer Promotion, inklusive Forschungsaufenthalt an der britischen University of Stirling, folgte die Mitarbeit am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in einem Projekt zur Untersuchung der Geldverwaltung und -verteilung in Partnerschaften. Anschlie?end lehrte die Bildungssoziologin, die gebürtig aus dem bayrischen Mühldorf am Inn stammt, an der Freien Universit?t Berlin und der Universit?t Hannover.
An der Friedrich-Schiller-Universit?t angekommen, will sie künftig vor allem weiter zu Ursachen und Auswirkungen von innerpartnerschaftlichen Ungleichheiten forschen. "Normativ gesehen müssten beide Partner die gleichen Rechte und Pflichten haben. Aber sogar wenn beide berufst?tig sind, arbeiten die M?nner in der Regel mehr und Frauen kümmern sich zum gro?en Teil um das Private, den Haushalt, Kinder - selbst wenn sie mehr verdienen als ihre Partner." Kathrin Leuze, selbst verheiratet und Mutter zweier kleiner Kinder, m?chte insbesondere die Bedingungen einer gelungenen ausgeglichenen Verteilung von Erwerbs-, Haushalts- und Fürsorgearbeit in Partnerschaften genauer untersuchen.
Interessant sei zudem, dass T?chter beruflich oft ihren Müttern nacheifern, w?hrend Jungen in eine ?hnliche Richtung wie die V?ter gehen. Auch hier wird sich Leuze den Beweggründen der soziologisch spannenden Ausnahme von der Regel widmen: den M?dchen, die eben doch ausbrechen und entgegen der Norm Naturwissenschaften oder Technik studieren.
In der Lehre ist ihr vor allem wichtig, schon früh inhaltliche Anwendungsbezüge bei der empirischen Methodenausbildung herzustellen. "Sonst fragen sich Soziologiestudierende schnell, warum sie das eigentlich machen", wei? sie aus eigener Erfahrung. Die Verbindung des methodischen Handwerkszeugs mit soziologisch relevanten Themen würde dagegen schnell verdeutlichen, um welch spannendes Forschungsfeld es sich handelt: "Im Grunde kann aus allem eine soziologische Fragestellung werden", sagt Prof. Leuze. Daher sei es zentral, dass die Studierenden ein Gefühl für die Soziologie bekommen und lernen, eigene Forschungsfragen zu entwickeln. (jd)
-
Sophie Marshall
Denomination: Germanistische Medi?vistik
zuvor: Universit?t Stuttgart
-
Michaela Riediger
Michaela Riediger
Foto: FSUViele Eltern hoffen, dass mit dem Ende der Pubert?t die Entwicklung ihrer Spr?sslinge abgeschlossen ist - und sie hoffen natürlich auf ein ruhigeres Leben. Die Pubert?t ist eine Phase gro?er Ver?nderungen, aber die "Entwicklung h?rt nicht mit Erreichen des Erwachsenenalters auf, sondern umfasst den gesamten Lebenslauf von der Konzeption bis zum Tod", betont Prof. Dr. Michaela Riediger von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena. Die neu berufene Professorin für Entwicklungspsychologie vertritt diese Lebensspannenperspektive in Lehre und Forschung und so untersucht sie in ihren Studien sowohl Kinder als auch Jugendliche und Erwachsene unterschiedlicher Altersgruppen. Auch die Frage, wie sich Prozesse der sogenannten Selbstregulation entwickeln - also zum Beispiel kontrollieren zu k?nnen, wann man welche Emotionen wie erlebt und ausdrückt - geh?rt zu Riedigers zentralen Forschungsthemen.
Altern ist mehr als VerlustEines ihrer Forschungsergebnisse zeigt beispielsweise, dass die landl?ufige Vorstellung, Alter und Altern sei vorrangig von Abbau und Verlust gekennzeichnet, zu vereinfachend ist. Viele ?ltere Menschen berichten etwa von einem durchschnittlich besseren Wohlbefinden im Alltag als dies jüngere Personen tun. Eine Abnahme im Wohlbefinden tritt bei vielen ?lteren Personen oft erst kurz vor dem Lebensende ein.
Die gebürtige Berlinerin hat sich bereits im Studium an der Humboldt-Universit?t für die Entwicklungspsychologie interessiert. Für ihre Dissertation am Berliner Max-Planck-Institut (MPI) für Bildungsforschung und der Freien Universit?t Berlin untersuchte sie, wie gut Erwachsene in verschiedenem Alter geplante Lebensstil?nderungen - hier regelm??ige sportliche Bet?tigung - langfristig tats?chlich umsetzen k?nnen, und welche Rolle die sonstigen Lebensziele der Personen in diesem Zusammenhang spielten. "?ltere Menschen berichteten durchschnittlich weniger über Zielkonflikte als jüngere Menschen. Gleichzeitig sahen sie die geplante Lebensstil?nderung eher als hilfreich für ihre anderen Ziele an. Dies trug dazu bei, dass ?ltere Teilnehmer l?ngerfristig auch erfolgreicher ihren Lebensstil ?nderten und insgesamt zufriedener waren", fasst die Psychologin die Ergebnisse zusammen. Habilitiert hat sich Michaela Riediger an der Universit?t Zürich und war danach als Leiterin der Forschungsgruppe "Affekt im Lebensverlauf" am MPI für Bildungsforschung t?tig. Als Heisenberg-Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft leitete sie sp?ter das Kooperationsprojekt "Sozioemotionale Entwicklung und Gesundheit im Lebensverlauf".
"In unserer Forschung ist es uns besonders wichtig, l?ngsschnittliche Studien durchzuführen, um Entwicklungsprozesse abbilden zu k?nnen, und Ph?nomene zu untersuchen, die im Lebensalltag relevant sind", erkl?rt Riediger. "Dazu wenden wir unter anderem Methoden an, die es erlauben, Erleben und Verhalten von Studienteilnehmern im Moment ihres Auftretens in den natürlichen Lebenskontexten zu messen." Ein Beispiel ist die Methode des sogenannten "Experience Sampling". Hierzu nutzt Riedigers Arbeitsgruppe unter anderem Handys als Erhebungsinstrumente: "Die Teilnehmer tragen die Telefone mit sich, w?hrend sie ihrem normalen Alltag nachgehen. Ab und zu werden darüber Fragen zu momentanen Erfahrungen und Verhaltensweisen gesandt oder Aufgaben, die zu bearbeiten sind." So konnte beispielsweise herausgefunden werden, dass die durchschnittliche altersbezogene Abnahme in der Ged?chtnisleistung, die in typischen Laborsituationen h?ufig stark ausgepr?gt ist, deutlich geringer ausf?llt, wenn die Messung in natürlichen Lebenskontexten erfolgt.?
Sehr gute entwicklungspsychologische Anknüpfungspunkte in Jena
In der Lehre m?chte Prof. Riediger eine ausgewogene Mischung an Theorie, Empirie und praktischem Anwendungsbezug vermitteln. Dass sich ihre Studierenden aktiv und selbstst?ndig mit den Inhalten auseinandersetzen, ist ihr ebenso wichtig, wie den aktuellsten Stand der internationalen Forschung zu unterrichten. Vor allem Feedback-Prozesse mit und unter den Studierenden sowie Teamarbeit m?chte sie in ihren Seminaren etablieren.
Dem Ruf der Universit?t Jena ist Prof. Riediger vor allem deshalb gern gefolgt, weil sie hier sehr gute Anknüpfungspunkte für ihre Forschung vorfindet. "Gerade im Bereich Alter und Altern ist Jena sehr gut aufgestellt", findet die zweifache Mutter. "Hier kann ich mich inhaltlich und methodisch entfalten und meine Forschungsinteressen weiter verfolgen." (jd/AB)
-
Thorsten Sch?fer
Thorsten Sch?fer
Foto: FSUWinzige Teilchen und extrem lange Zeitr?ume faszinieren Prof. Dr. Thorsten Sch?fer gleicherma?en. Beide begleiten den neuen Lehrstuhlinhaber für Angewandte Geologie an der Universit?t Jena auf seinem Berufsweg.
Thorsten Sch?fer wurde 1998 über den Schadstofftransport an Kolloiden im Trinkwasser promoviert und die Nanopartikel haben ihn seitdem nicht wieder losgelassen. Seine Forschungsergebnisse flie?en zudem in die Suche nach einem geeigneten Endlagerstandort für hochradioaktive Abf?lle ein. Das Endlager soll den problematischen Abfall für eine Million Jahre von der Biosph?re isolieren.?
Umweltvertr?glichere Abbauverfahren für Rohstoffe
"Es gibt erstaunliche Wechselwirkungen an den Grenzfl?chen zwischen Mineralien und Wasser oder zwischen Wasser und lebenden Organismen", sagt Thorsten Sch?fer. Dort entstehen dynamische Systeme, deren Eigenschaften noch l?ngst nicht vollst?ndig erforscht sind. "Für maximale Sicherheit eines Endlagers müssen wir m?glichst viele Prozesse verstanden haben, die dort ablaufen", sagt Thorsten Sch?fer. Der 47-j?hrige gebürtige Wiesbadener sieht in diesem Feld noch jede Menge Forschungsbedarf. So sei es bei einem Endlager in Tonstein oder Kristallin nicht zu verhindern, dass früher oder sp?ter Wasser mit dem radioaktiven Abfall in Berührung kommt. Für diesen Fall werden die Barrierematerialien reagieren und dabei unter anderem auch neue Mineralphasen entstehen, die eine zus?tzliche Rückhaltung der radioaktiven Stoffe bewirken k?nnen. Ein weiteres Forschungsziel sind umweltvertr?glichere Abbauverfahren für Rohstoffe. Um das zu erreichen, müsse beispielsweise gekl?rt werden, wie die Lagerst?tten einst entstanden sind.
Thorsten Sch?fer hat in Mainz Geologie studiert, mit den Schwerpunkten Hydrogeologie und Geochemie. Nach seiner Promotion in Mainz wechselte er nach Karlsruhe ins Forschungszentrum "Technik und Umwelt". Im Jahr 2000/01 hatte Sch?fer die Chance, in die USA zu gehen. Er arbeitete für das Department of Energy am Brookhaven National Laboratory auf Long Island bei New York. Sein T?tigkeitsfeld war an der Synchrotron-Strahlenquelle NSLS zu Schadstoffmessungen mit einem R?ntgenmikroskop mit einer Ortsaufl?sung im Nanometerbereich. "Die Gruppe von Janos Kirz und Chris Jacobsen in den USA war weltweit führend", konstatiert Thorsten Sch?fer. Seine Messungen damals seien Neuland gewesen, inzwischen geh?ren die angewandten Verfahren zum Standard für Umweltproben. Nach dem USA-Aufenthalt führte Sch?fers Weg wieder nach Karlsruhe. Am Institut für Nukleare Entsorgung (INE) des neu entstandenen Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) übernahm er zun?chst die Gruppe zur Radionuklidmigration inklusive der Forschungsaktivit?ten in Untertagelaboren, sp?ter die komplette Abteilung Geochemie. Im Jahr 2008 folgte die Habilitation an der Freien Universit?t Berlin, das Thema waren Grenzfl?chenprozesse und Nanopartikel in der Natur. Seit 2014 hatte Thorsten Sch?fer eine Professur für Umweltgeologie inne.
Generationenübergreifend das ideale Endlager suchenLehrverpflichtungen nimmt Sch?fer, der verheiratet ist und drei Kinder hat, gern wahr: "Es macht immer wieder Spa?, mit jungen Menschen zu arbeiten." Zudem gebe es in der Geologie Themen, an denen generationenübergreifend gearbeitet werden muss. Die Endlager-Suche sei ja das beste Beispiel dafür: "Die Probleme, an denen wir arbeiten, haben wir nicht selbst verursacht und werden wir allein auch nicht l?sen."
An seiner neuen Stelle am Institut für Geowissenschaften habe ihn vor allem gereizt, auf renommierte Wissenschaftler zu treffen, von denen er einige bereits gut kennt. Au?erdem sei Jena instrumentell sehr gut ausgestattet, sagt Thorsten Sch?fer. Ob er allerdings in der Saalestadt viel Zeit für sein Hobby findet, das sei nicht gewiss: Sch?fer ist passionierter Rennradfahrer und war schon ?fter für Tage in den Alpen unterwegs: "Auf dem Rennrad bekommt man so herrlich den Kopf frei!" (sl)?
-
Heidemarie Schmidt
Heidemarie Schmidt
Foto: FSUHeidemarie Schmidt, die seit dem 1. September 2017 Professorin für Festk?rperphysik mit dem Schwerpunkt Quantendetektion am Institut für Festk?rperphysik (IFK) der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena ist, übernimmt die Leitung der Abteilung Quantendetektion am Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena (Leibniz-IPHT). Damit tritt sie die Nachfolge des bisherigen Abteilungsleiters Prof. Hans-Georg Meyer an. Die Forschungsgebiete der Physikerin umfassen Quantentechnologie, Biotechnologie und neue Materialsysteme für die Nanoelektronik.
Die Universit?t Jena und das Leibniz-IPHT beriefen Heidemarie Schmidt gem?? dem "Berliner Modell" gemeinsam zur Professorin und Abteilungsleiterin. An der Universit?t forscht die Wissenschaftlerin, die bisher eine Arbeitsgruppe an der Technischen Universit?t Chemnitz leitete, an neuen magnetisierbaren und elektrisch polarisierbaren Materialien für kleinste elektronische Bauelemente, die zukünftig die klassische Halbleiterelektronik abl?sen k?nnten. Am Leibniz-IPHT gibt sie mit ihrer Arbeit am Querschnitt von optischer Spektroskopie, Biologie und Quantentechnologie neue Forschungsimpulse für die lichtbasierten Gesundheitstechnologien sowie für hochempfindliche Sensoren und Detektoren.
Forschungsthemen am Leibniz-IPHT
In der Abteilung Quantendetektion untersucht Heidemarie Schmidt, auf wenige Nanometer genau, die Verschiebung elektrischer Ladungen in Biomaterialien wie Zellen, Gewebe oder Proteinen, indem sie die Materialien mit Licht einer bestimmten Wellenl?nge bestrahlt. Aus dieser Ladungsverschiebung kann sie Aussagen über die biochemischen Eigenschaften der biologischen Spezies ableiten. Die Messungen dienen der Aufkl?rung grundlegender biologischer Fragestellungen und erm?glichen Rückschlüsse auf m?gliche krankhafte Ver?nderungen beispielsweise von Zellen oder Gewebe.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Physikerin sind mikro- und nanostrukturierte Bauelemente für hochempfindliche Sensoren und Detektoren, die bereits seit 30 Jahren in der Abteilung Quantendetektion am Leibniz-IPHT erforscht und entwickelt werden. Sie messen berührungslos k?rpereigene W?rmestrahlung, kleinste ?nderungen des Magnetfelds oder die Temperatur auf der Oberfl?che von Kometen. Heidemarie Schmidt plant die erfolgreichen Forschungsarbeiten fortzusetzen und neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung an supraleitenden Festk?rper-Quantenmaterialien in praxisnahe Anwendungen wie die Quanteninformatik zu überführen. In Quantencomputern soll die Technologie zukünftig unter eine leistungsf?higere Leitung, Verarbeitung und Speicherung von Informationssignalen erm?glichen.?
Forschungsthemen an der Friedrich-Schiller-Universit?t
Als Professorin für Festk?perphysik mit dem Schwerpunkt Quantendetektion am IFK m?chte Heidemarie Schmidt optische Polarisationsmessungen zur Untersuchung neuer magnetisierbarer und elektrisch polarisierbarer Festk?rper-Mehrschichtsysteme etablieren. Sie bilden die Grundlage für Sensoren, die mit nanometergenauer Ortsaufl?sung ?nderungen des Magnetfeldes und des elektrischen Feldes nachweisen k?nnen.
Das Forschungsgebiet von Heidemarie Schmidt umfasst zudem Materialien, die sich als Tr?ger für die Charakterisierung einzelner Biomoleküle mittels hochaufgel?ster spektroskopischer Methoden eignen. Dafür erzeugen die Forscherinnen und Forscher Siliziumtr?ger mit einem vorgegebenen Ladungsmuster, an dem sich, dank der oberfl?chennahen, elektrostatischen Kr?fte, die biologischen Proben ausrichten k?nnen. In enger Zusammenarbeit mit dem Leibniz-IPHT m?chte Heidemarie Schmidt biologische Spezies an die Tr?ger binden und sie mittels ihrer optischen Polarisation auf m?gliche biochemische Ver?nderungen untersuchen.
In Jena sch?tzt Heidemarie Schmidt die vielf?ltigen Forschungsm?glichkeiten, die erstklassige Infrastruktur des Leibniz-IPHT im Bereich Mikro- und Nanotechnologie sowie die intensive Zusammenarbeit zwischen Universit?t, Forschungsinstituten und hier ans?ssigen Industriepartnern. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Leibniz-IPHT besitzen exzellentes wissenschaftliches Know-How auf dem Gebiet der Quantentechnologie und Biophotonik. Mit meinen Arbeiten kann ich auf diesen langj?hrigen Erfahrungsschatz aufbauen sowie neue Forschungsfelder erschlie?en und aktiv mitgestalten. Die Ergebnisse m?chten wir in anwendungsnahe Systeme und Verfahren umsetzen," fasst Schmidt zusammen. In ihrer Position als Professorin und Abteilungsleiterin freut sie sich besonders auf die Ausbildung der Studierenden und die Betreuung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.?
Zur Person
Heidemarie Schmidt studierte Physik an der Universit?t Leipzig, wo sie 1999 ihre Promotion über Bandstrukturen in ultradünnen Schichten von Halbleitern abschloss. Am Institut für Experimentelle Physik II der Universit?t Leipzig leitete sie im Zeitraum von 2003 bis 2007 die BMBF-Nachwuchsgruppe "Nano-Spintronik". Ab 2007 übernahm sie eine gleichnamige Nachwuchsgruppe am Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Schmidt erhielt im Jahr 2012 ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit dem sie die Leitung der Arbeitsgruppe "Nano-Spintronik" an der Technischen Universit?t Chemnitz (Fakult?t für Elektrotechnik und Informationstechnik) antrat. Mit dem ATTRACT-Preis der Fraunhofer-Gesellschaft baute sie 2016 die Arbeitsgruppe "BFO4ICT" am Fraunhofer-Institut ENAS in Chemnitz auf. Ihre Forschungsinteressen reichen von magnetischen Oxiden und Multiferroika über Memristoren bis hin zu Tr?gern für elektrisch polarisierbare Nano- und Mikromaterialien. Zu den von Heidemarie Schmidt untersuchten Materialien z?hlen Halbleiternanostrukturen, magnetische Halbleiter sowie Oxidnanostrukturen. (AS)?
-
Birgitta Schultze-Bernhardt
Prof. Dr. Birgitta Bernhardt
Foto: FSUViele chemische Prozesse sind so schnell, dass nur ihr ungef?hrer Ablauf bekannt ist. Zur Aufkl?rung dieser Prozesse hat nun ein Team an der Technischen Universit?t München (TUM) und der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (FSU) eine Methode mit einer Aufl?sung von Trillionstel-Sekunden entwickelt. Die neue Technik soll helfen, Prozesse wie die Photosynthese besser zu verstehen oder schnellere Computerchips zu entwickeln,
Ein wichtiger Teilschritt vieler chemischer Prozesse sind Ionisierungen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Photosynthese. Diese Reaktionen laufen extrem schnell ab. Sie dauern nur wenige Femto-, also Billiardstel-Sekunden oder sogar nur einige hundert Attosekunden (Trillionstel-Sekunden). Aufgrund dieser kurzen Zeitskala sind zwar Anfangs- und Endprodukte der Reaktionen bekannt, nicht jedoch die Reaktionswege und Zwischenprodukte.
Um solche ultraschnellen Prozesse verfolgen zu k?nnen, braucht die Wissenschaft daher eine Messtechnik, die noch schneller ist als der beobachtete Prozess selbst. Dies ist mit der sogenannten "Pump-Probe-Spektroskopie" m?glich.
Dabei wird die Probe von einem ersten Laserpuls angeregt und die Reaktion in Gang gesetzt. Ein zweiter, zeitversetzter Puls fragt dann den Zustand des Prozesses ab. Durch Wiederholungen der Reaktion mit unterschiedlichen Zeitverz?gerungen ergeben sich viele einzelne Momentaufnahmen, die dann zu einem "Video" zusammengesetzt werden.?
Mehr sehen mit dem ZweitenNun ist es Wissenschaftlern um Birgitta Bernhardt, ehemals Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Laser- und R?ntgenphysik der TU München und inzwischen Junior-Professorin an der Universit?t Jena, am Beispiel des Edelgases Krypton erstmals gelungen, zwei verschiedene Pump-Probe-Spektroskopietechniken zu kombinieren und so die ultraschnellen Ionisierungsprozesse in zuvor nicht m?glicher Genauigkeit sichtbar zu machen.
"Vor unserem Experiment konnte man entweder betrachten, welcher Anteil des anregenden Lichtes über die Zeit von der Probe absorbiert wird, oder messen, welche und wie viele Ionentypen dabei entstehen", erkl?rt Bernhardt. "Wir haben nun beide Techniken vereint und k?nnen auf diese Weise sehen, über welche genauen Schritte die Ionisierung abl?uft, wie lange diese Zwischenprodukte bestehen bleiben und was genau der anregende Laserpuls in der Probe tut."
Kontrolle ultraschneller ProzesseMit der Kombination der beiden Messtechniken k?nnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur ultraschnelle Ionisierungsprozesse aufzeichnen. Durch die Variation der Intensit?t des zweiten, abfragenden Laserpulses k?nnen sie erstmals auch die Ionisierungsdynamik gezielt kontrollieren und auf diese Weise beeinflussen.
"Diese Kontrolle ist ein sehr starkes Instrument", erkl?rt Bernhardt. "Wenn wir schnelle Ionisierungsprozesse genau nachvollziehen und sogar beeinflussen k?nnen, lernen wir viel Neues über lichtgesteuerte Prozesse wie die Photosynthese - gerade über jene ersten Momente, die diese komplexe Maschinerie in Gang setzen und die bislang kaum verstanden sind."
Ultraschnelle ComputerAuch für die Entwicklung neuer, schnellerer Computerchips, in denen die Ionisierung von Silizium eine wesentliche Rolle spielt, ist die von Bernhardt und ihren Kollegen entwickelte Technik interessant. Kann man Ionisierungszust?nde von Silizium innerhalb eines so kurzen Zeitfensters nicht nur abfragen, sondern auch kontrolliert setzen - wie es die ersten Experimente am Krypton nahelegen - k?nnten Wissenschaftler dies vielleicht einmal nutzen, um neuartige und noch schnellere Computertechnologien zu entwickeln.
-
Isabell Staude
Prof. Dr. Staude
Foto: FSUDenomination: Funktionelle Photonische Nanostrukturen
zuvor: Universit?t Jena
-
Christoph Steinbeck
Christoph Steinbeck
Foto: FSUVon Supercomputern tr?umen viele Wissenschaftler. Doch die Gro?ger?te sind wartungs- und bedienungsaufwendig und v. a. teuer. Prof. Dr. Christoph Steinbeck von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena l?st daher seinen immensen Rechenbedarf, indem er nur für die ben?tigte Zeit Rechenkapazit?t bei kommerziellen Anbietern einkauft: in deren Clouds - also in rechnerunabh?ngigen IT-Umgebungen. "Man kauft sich relativ billig Rechenleistung ein", erkl?rt der neue Professor für Analytische Chemie - Chemometrik/Chemoinformatik, und kann dort gro?e Datenmengen auch im Verbund bearbeiten. Dass es geht, beweist er gerade im Rahmen eines EU-Projekts mit 14 Partnern, bei dem Cloud-Computing für die Untersuchung gro?er medizinischer Datenmengen eingesetzt wird. Dort werden Plattform-unabh?ngige Arbeitsabl?ufe und "Toolkits" entwickelt, "die auch hinter Firewalls funktionieren", also dem Datenschutz gerecht werden, erl?utert Projekt-Sprecher Steinbeck.
Strukturaufkl?rung von Naturstoffen
Der 1966 in Neuwied geborene Christoph Steinbeck, der sich das Programmieren schon als Schüler autodidaktisch beigebracht hat, studierte Chemie in Bonn. In seiner Dissertation besch?ftigte er sich mit der Fragestellung, wie man aus spektroskopischen Daten von Naturstoffen bzw. deren Derivaten m?glichst effizient die Struktur des Stoffes ermitteln kann. Für diese kombinatorischen Puzzles setzte der Chemiker auf den Computer und es gelang ihm dabei, die Suchr?ume einzuschr?nken. Eine Identifizierung des Naturstoffs wurde einfacher.
Schon diese Forschungen, die er danach an der Tufts University in den USA vertiefte, führten Steinbeck von der analytischen Chemie Richtung Bio-Chemie und -Informatik. So kam er 1997 als Leiter einer Arbeitsgruppe an das Max-Planck-Institut für chemische ?kologie in Jena und habilitierte sich in Organischer Chemie an der Friedrich-Schiller-Universit?t zur Algorithmenentwicklung in der Bioinformatik. Dies baute er als Leiter einer Arbeitsgruppe zur Molekular-Informatik in K?ln weiter aus, bevor er 2008 nach England wechselte. Am European Bioinformatics Institute (EBI) in Hinxton bei Cambridge, einer Au?enstelle des Europ?ischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg, entwickelte er chemische Datenbanken für die Lebenswissenschaften. Er sei "Anh?nger von Open Source Software und frei verfügbaren Daten", betont Prof. Steinbeck. Und inzwischen sei ihm eine "breite Verwendung der Ergebnisse" sehr wichtig.
Stiftungsprofessur der Carl-Zeiss-Stiftung
Diese Anwendungsorientierung, seine interdisziplin?re Ausrichtung und sein Wunsch, "Professor an einer traditionsreichen Universit?t zu werden", lie?en ihn den Ruf auf die "Stiftungsprofessur der Carl-Zeiss-Stiftung", die die Stiftung in den n?chsten fünf Jahren mit über 1,2 Mio. Euro f?rdert, an der Jenaer Voll-Universit?t annehmen. Hier k?nne er endlich wieder auch lehren und die Grundlagen des eigenen Fachs wiedergeben, freut sich der musisch begabte Wissenschaftler. Die Studierenden will er motivieren, "über den Tellerrand des Fachs hinauszublicken".
Das macht auch Christoph Steinbeck nicht nur bei seiner interdisziplin?ren Forschung. Privat sch?tzt es der verheiratete Neu-Jenaer, der auf Yoga und Meditation zum Ausgleich des stressigen Arbeitstages setzt, handwerklich zu arbeiten und so hat er sich bereits eine kleine Holzwerkstatt eingerichtet - auch als Kontrapunkt zu seiner Arbeit am Rechner. (AB)?
-
Claudia Waskow
Der Erhalt von Stammzellen ist insbesondere in Geweben, die sich h?ufig und schnell regenerieren müssen, von essenzieller Bedeutung für die Organfunktion in Gesundheit und Krankheit. Blutstammzellen haben hier eine doppelte Funktion. Denn sie sind nicht nur für die st?ndige Bluterneuerung, sondern auch für die Bildung unseres Immunsystems zust?ndig. H?ufen sie im Alter Sch?den an und verlieren sie ihre Funktionalit?t, so ist die Immunantwort des K?rpers gest?rt, was die Entstehung typischer Alterskrankheiten und eine generelle Anf?lligkeit für Infektionen im Alter bedingt. Auf diesem Forschungsgebiet - zwischen Stammzellforschung und Immunologie - ist Prof. Waskow eine international anerkannte Expertin. Sie studierte in Mainz und Glasgow Biologie mit den Schwerpunkten Immunologie, Biochemie, Genetik und Zoologie und wurde 2002 an der Universit?t Basel promoviert. Ihre Forschungsstationen führten sie danach von Ulm über New York bis nach Dresden, wo sie 2008 zun?chst die Leitung der Gruppe "Regeneration in der H?matopoese" am DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien der TU Dresden (CRTD) und ab 2014 eine Professur für Immunologie übernahm. Neben der Leitung der Forschungsgruppe "Regeneration in der H?matopoese und Immunologie des Alterns" am FLI wird Waskow im Rahmen des ProExzellenz-Projekts "RegenerAging" eine Professur für Immunologie des Alterns an der FSU übernehmen. (PM)
-
Andrea Wittig
Andrea Wittig
Foto: J. LaackmannDie Behandlung von Patienten vom S?ugling bis zum Greis, mit gut- und b?sartigen Erkrankungen vom Hirn bis zur Ferse, in Zusammenarbeit mit fast allen anderen medizinischen Fachrichtungen und im Team mit Naturwissenschaftlern, medizinisch-technischen Assistenten und Pflegespezialisten - Andrea Wittig fallen sofort viele Gründe ein, warum sie sich für die Strahlentherapie entschieden hat. Die 46-j?hrige Medizinerin ist seit 1. Juli Professorin für Strahlentherapie an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena und Direktorin der Klink für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universit?tsklinikums Jena (UKJ). Die Behandlung mit ionisierender Strahlung ist eine der S?ulen in der Krebstherapie, entsprechend ist ein Gro?teil der Patienten der Klinik wegen Tumoren oder Metastasen in Behandlung. Aber auch gutartige entzündliche Erkrankungen, wie zum Beispiel ein Fersensporn, werden bestrahlt.
"Die Pr?zision und die Spezifit?t der Therapie werden st?ndig weiterentwickelt, mit dem Ziel einer effektiven Behandlung der Zielstrukturen und der bestm?glichen Schonung der umliegenden Gewebe und Organe", so Prof. Wittig. Die Strahlenmedizinerin und die Wissenschaftler in ihrer Klinik beteiligen sich sowohl mit strahlenbiologischen Fragestellungen als auch mit methodisch-technischen Projekten an dieser Entwicklung. Als Beispiel nennt Wittig Karzinome im Rachenraum: "Deren Tumorbiologie unterscheidet sich je nachdem, ob sie durch Gifte wie Tabak und Alkohol oder durch eine Virusinfektion verursacht werden. Das führt zu einem unterschiedlichen Ansprechen der Radiochemotherapie, die entsprechend individuell angepasst werden sollte."
Kombination von Bestrahlungszyklen und Immuntherapien testen
Die Wissenschaftler arbeiten auch an Algorithmen, die in unmittelbarer Kombination mit bildgebenden Verfahren die Anpassung der Strahlung in Intensit?t und Bestrahlungsgebiet erm?glichen. So k?nnen zum Beispiel Atembewegungen berücksichtigt werden oder die schon erreichte Verkleinerung des Tumors durch Strahlentherapie in deren Verlauf, die sog. adaptive Strahlentherapie. "In der klinischen Forschung entwickeln und überprüfen wir Hochpr?zisionstechniken und beteiligen wir uns u. a. an Studien, die die Kombination von Bestrahlungszyklen mit den in den vergangenen Jahren entwickelten? Immuntherapien testen", so Prof. Wittig.
Andrea Wittig studierte Humanmedizin an der Universit?t Essen, wo sie auch promoviert wurde und sich zu einer speziellen Form der Partikelstrahlentherapie habilitierte. Nach der Anerkennung als Fach?rztin für Strahlentherapie in Deutschland und in den Niederlanden arbeitete sie als Ober?rztin am Universit?tsklinikum Essen und wechselte danach an die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie in Marburg/Gie?en, wo sie zur Professorin für Radioonkologie an der Philipps-Universit?t in Marburg berufen wurde und zuletzt die Standortleitung in Gie?en innehatte.
Grundlagenforschung und Klinik verbinden
In ihrer bisherigen Karriere ist es Prof. Wittig immer gelungen, Grundlagenforschung und Klinik zu verbinden und dabei in internationalen Forschungsverbünden zu arbeiten. Noch w?hrend des Studiums arbeitete sie in einem eigenen wissenschaftlichen Projekt für ein Semester in den USA am Brookhaven National Laboratory, sp?ter war sie im Rahmen von Forschungsprojekten u. a. der Europ?ischen Union t?tig.
Das Ankommen am Jenaer Klinikum wird schnell gehen, ist sich Prof. Wittig sicher, ist die Strahlentherapie doch ein zentraler Partner im Universit?tstumorzentrum und die Zusammenarbeit mit den anderen Kliniken sehr eng, auch wenn die Strahlenklinik noch in der Bachstra?e beheimatet ist. Sie wird in den Neubauabschnitt in Lobeda einziehen, der am Ort der ehemaligen Klinik für Innere Medizin errichtet werden wird. Andrea Wittig: "Die Klinik für den Umzug neu zu strukturieren und die R?umlichkeiten und die technische Ausstattung in Lobeda mitzugestalten, ist eine gro?e aber sehr reizvolle Aufgabe."
Ebenso reizvoll ist es für die neue Professorin, ihr Fach den Studierenden nahezubringen. "Die Strahlentherapie ist im Studium unterrepr?sentiert, sichtbar wird sie eigentlich erst im Praktischen Jahr." Deshalb freut sich Wittig, dass ihre Klinik als eine der ersten das PJplus-Programm des Uniklinikums etabliert hat und die Studierenden im letzten Studienjahr in einer gut strukturierten Ausbildung die Vielfalt der Strahlentherapie kennenlernen k?nnen. (vdG)?
-
Maik Wolters
Maik Wolters
Foto: Jürgen ScheereDer deutschen Wirtschaft geht es derzeit sehr gut - davon ist Prof. Dr. Maik Wolters von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (FSU) überzeugt. "Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Die Weltwirtschaft befindet sich im Aufschwung und davon profitieren wir auch hierzulande", erkl?rt der neu berufene Professor für Makro?konomik. Der Aufschwung sei bisher vor allem durch den Privatkonsum getrieben, denn aufgrund der guten Besch?ftigungslage, des gesunkenen ?lpreises und eines niedrigen Zinsniveaus bleibe Geld übrig, das für Konsumgüter ausgegeben werde.
"Die Eurokrise, speziell der Brexit und das kriselnde Italien, oder die amerikanische Politik unter Donald Trump bedeuten natürlich Risiken, durch die sich die aktuell gute Lage schnell ?ndern k?nnte", wei? der Wirtschaftswissenschaftler insbesondere durch seine T?tigkeit als Research Fellow am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, die er auch künftig fortsetzen wird. Zusammen mit Experten der führenden Wirtschaftsinstitute arbeitet er zweimal j?hrlich an der Gemeinschaftsdiagnose zur aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung für die Bundesregierung.
Walter Eucken auf der SpurUrsprünglich an der Universit?t Bielefeld mit BWL gestartet, habe Wolters in den Makro?konomik-Vorlesungen schnell gemerkt, dass sein Herz für die Volkswirtschaftslehre schlage. Einen ersten Abschluss machte der gebürtige Hannoveraner im Anschluss an ein Auslandssemester an der Business School in Rennes, Frankreich, bevor er für ein Masterstudium an die Universit?t Frankfurt ging. Praktika im hiesigen Bankensektor fand er zwar spannend, doch mehr noch faszinierte den heute 34-J?hrigen die Auseinandersetzung mit Forschungsfragen und makro?konomischen Modellen. Deshalb schlossen sich die Promotion über Konjunkturmodelle und Geldpolitik sowie die Post-Doc-Phase in Frankfurt, inklusive Forschungsaufenthalt an der amerikanischen Elite-Uni Stanford, nahtlos an. In den vergangenen fünf Jahren lehrte er an der Universit?t Kiel als Juniorprofessor für Makro?konomik. Besonders Finanzkrisen haben es dem Wirtschaftswissenschaftler angetan: "Krisen sind schlecht für die Welt, aber für die Volkswirtschaftslehre sehr interessant, da sie zum ?berdenken des aktuellen Forschungsstandes anregen."
Dem Ruf der FSU ist Maik Wolters gern gefolgt - nicht nur weil er nach der Goethe-Universit?t in Frankfurt nun an der nach dessen Freund Schiller benannten Uni t?tig ist. "Der gro?e inhaltliche Gestaltungsspielraum und die Verbindungen zu vielen nationalen sowie internationalen Partnern passen perfekt zu meiner Forschung", findet Wolters. Es fügt sich au?erdem gut ein, dass er hier auf den Spuren Walter Euckens wandelt, Begründer des Ordoliberalismus und Vordenker der sozialen Marktwirtschaft. Wie dieser h?lt auch Wolters es für unerl?sslich, dass der Staat der Wirtschaft einen klaren Ordnungsrahmen vorgibt - "zu viele Eingriffe ins Marktsystem sind jedoch problematisch, weil sie die freie Entfaltung innerhalb dieses Rahmens behindern", erl?utert Prof. Wolters.
?konomische Intuition entwickelnIn der Lehre ist es ihm wichtig, seine Begeisterung für die Makro?konomik an die Studierenden weiterzugeben. Dabei sollen sie zum einen methodische und statistische Kenntnisse erlernen, andererseits aber auch ?konomische Intuition entwickeln. Somit erhalten sie das Rüstzeug, um volkswirtschaftliche Modelle auf aktuelle Ereignisse anzuwenden und L?sungen für wirtschaftspolitische? Fragen zu entwickeln. Denn nicht auf den blo?en Konsum von Fakten komme es an, sondern darauf, eigenst?ndige Analysen durchführen zu k?nnen.
Bereits im Februar ist der junge Wissenschaftler mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn von der Ostsee in die Saalestadt gezogen. Sein Gro?vater stammt aus Jena und wurde hier an der Uni im Fach Chemie promoviert, Maik Wolters dagegen lernt Jena erst kennen: "Die bergige Landschaft ist toll und die N?he zum Thüringer Wald ist gro?artig. Uns gef?llt es hier wirklich gut." (jd)
-
Roland Zech
Roland Zech
Foto: FSUMit gewohnt gro?er Inszenierung verkündete US-Pr?sident Donald Trump Anfang Juni, dass die Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimavertrag aussteigen werden. Ihren Verpflichtungen, die Emissionen klimasch?dlicher Treibhausgase zu drosseln, wollen die Vereinigten Staaten nicht nachkommen, weil - so Trump - hohe Kosten für die amerikanische Wirtschaft damit verbunden seien. Stattdessen wolle er weiter auf fossile Energietr?ger wie ?l, Gas und Kohle setzen.
"Einen Schritt zurück in die Vergangenheit", nennt das Prof. Dr. Roland Zech von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (FSU). "Aber ein Zurück in die Zeit, in der Industriestaaten ungebremst Kohlendioxid in die Atmosph?re blasen, wird es dennoch nicht geben", ist sich der Geograph sicher, der in diesem Sommersemester den Lehrstuhl für Physische Geographie der Jenaer Uni übernommen hat. Denn ein Gutes habe die Ankündigung Trumps bewirkt: Die Weltgemeinschaft habe in seltener Einhelligkeit darauf reagiert und halte an ihren Klimazielen fest, die durch Treibhausgase verursachte Erderw?rmung auf maximal 1,5 °C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschr?nken.
In den Archiven des Weltklimas lesen?
Der Klimawandel ist eines der zentralen Forschungsthemen von Prof. Zech. Der 40-J?hrige, der von der Universit?t Bern an die FSU wechselte, hat dabei allerdings weitaus gr??ere Zeitr?ume im Blick als in den Debatten unserer Tage üblich. Er liest in den "Archiven" des Weltklimas und rekonstruiert dessen Verlauf viele zehntausende Jahre zurück. "Archive sind zum Beispiel Ablagerungen von früheren Vergletscherungen oder etwa Seesedimente und B?den, die sich in der Vergangenheit gebildet haben", erl?utert Zech. "Aus diesen lassen sich mithilfe moderner quantitativer Methoden die Prozesse, die zur Entstehung von Landschaften geführt haben, sehr genau bestimmen und damit auch Rückschlüsse auf das zur damaligen Zeit herrschende Klima ziehen."
Ein Beispiel: In seiner Diplomarbeit, mit der er 2003 sein Geo?kologie-Studium in Bayreuth abschloss, hat Roland Zech die Vergletscherungsgeschichte Zentralasiens untersucht. Mit der Methode der Oberfl?chenexpositionsdatierung hat er Gesteine aus dem Pamirgebirge in Tadschikistan analysiert und festgestellt, dass die letzte Eiszeit dort ihren H?hepunkt bereits vor etwa 60.000 Jahren erreicht hat. In Europa dagegen erreichten die Eismassen ihre maximale Ausdehnung erst vor etwa 20.000 Jahren. "Klimawandel", so betont der Forscher, "bedeutet nicht, dass sich die Ver?nderungen auf der ganzen Erde gleichm??ig vollziehen." Es gebe regional gro?e Unterschiede, insbesondere was die Verteilung der Niederschl?ge angeht.
Kosmische Strahlung l?sst Minerale altern
Nach dem Studium wechselte Zech an die Universit?t Bern, wo er 2006 mit einer Arbeit zur Vergletscherungsgeschichte der Anden in Südamerika promoviert wurde. Auch darin nutzte er vorwiegend die Oberfl?chenexpositionsdatierung. Dabei werden Radionuklide an Gesteinsoberfl?chen bestimmt, die durch den 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐 mit kosmischer Strahlung entstehen. Je l?nger Gestein kosmischer Strahlung ausgesetzt ist, also nicht von Gletschereis bedeckt, umso mehr reichert sich beispielsweise das Berylliumisotop 10Be an. In den Mineralen ticke eine "chemische Uhr", die man nur ablesen müsse, so der gebürtige Rosenheimer Zech. Es folgten 2008 bis 2010 Forschungsaufenthalte in Pittsburgh und an der Brown University in Rhode Island (USA). Anschlie?end wechselte Zech zurück in die Schweiz: zun?chst an die ETH Zürich und 2014 gef?rdert vom Schweizerischen Nationalfonds zur F?rderung der wissenschaftlichen Forschung als Professor an die Uni Bern. Von dort zog es den Vater zweier T?chter nun an die Saale.
Hier m?chte Zech auch die Studierenden st?rker an das Thema Klimawandel heranführen und bringt seine methodische Expertise derzeit unter anderem in die Neugestaltung des Studiengangs Geographie ein. "Durch die Analyse vergangener Klimaver?nderungen lassen sich Ans?tze zum Verst?ndnis und vielleicht auch zur besseren Bew?ltigung der aktuellen Situation finden", ist er überzeugt. Die Vergangenheit sei der Schlüssel zur Zukunft. Au?erdem m?chte er gerade die künftige Geographen-Generation für ihre Verantwortung sensibilisieren: "Wir sind diejenigen, die Themen wie Klimawandel und nachhaltige Lebensweise in die Gesellschaft tragen müssen." (US)