
- Forschung
Meldung vom: | Verfasser/in: Sebastian Hollstein
Pr?historiker der Universit?ten Jena und Neuch?tel (Schweiz) haben altsteinzeitliche Tierknochenfunde, die in den 1970er Jahren in der N?he des thüringischen Saalfeld ausgegraben wurden, erneut ausgewertet. Die neu gewonnenen Erkenntnisse unterstützen die These, dass in dieser Zeit die Menschen nicht in gr??eren Camps lebten, von denen aus Jagdexpeditionen starteten und wieder dorthin zurückkehrten, sondern dass sie in kleinen mobilen Gruppen umherzogen und dabei den Spuren der n?chsten Beute folgten.?
Im Thüringer Schiefergebirge, südlich von Saalfeld, liegt auf etwa 400 Meter H?he die sogenannte Teufelsbrücke. Was heute wie ein Felsentor erscheint, sind eigentlich die Ruinen einer H?hle. In ihrem Umfeld gruben Arch?ologen zwischen 1970 und 1972 altsteinzeitliche Funde aus. Sie stammen aus dem sogenannten Magdalénien – einer Kultur, die vor etwa 20.000 Jahren begann und rund 6.000 Jahre dauerte. Nun haben Pr?historiker der Universit?ten in Jena und Neuch?tel diese Knochen, die im Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege in Weimar aufbewahrt werden, erneut bearbeitet. ?In der Arch?ologie ist es üblich, ?ltere Funde immer wieder neu auszuwerten“, erkl?rt der Pr?historiker Prof. Dr. Clemens Pasda von der Universit?t Jena. ?Da sich Forschungsmethoden über die Zeit ?ndern und beispielsweise neue technische Verfahren zus?tzliche Untersuchungsm?glichkeiten bieten, gewinnen wir aus ihnen heute neue Informationen.“?
Erstmals Murmeltiere in Thüringen nachgewiesen
In diesem Fall hatten die früheren Arch?ologen in der Grabungspublikation 2.000 bestimmbare Knochen registriert – Clemens Pasda und sein Kollege Werner Müller fanden nun heraus, dass sich die rund 140 Kilogramm Knochenmaterial auf insgesamt rund 11.500 einzelne Knochen verteilen. Allein das erweitert den Blick auf die Fundstelle in der Teufelsbrücke enorm. Durch die Radiokarbondatierung von 20 Stücken fanden sie heraus, dass sich die J?gergruppen nur in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum vor etwa 15.000 bis 16.000 Jahren in der Teufelsbrücke aufhielten. Damit geh?rt der Ort europaweit zu den am besten zeitlich fixierbaren Fundstellen des Magdalénien.
Die Bandbreite der identifizierten Tierarten ist gro?: Klassische Beutetiere für diese Zeit, wie Hasen, Schneehühner, Steinb?cke und Rentiere, sind ebenso vertreten wie ?berreste von Mammut und Wollnashorn, deren Vorkommen in Thüringen zu dieser Zeit die Forschenden überrascht haben. Auch Knochen von Fleischfressern wie H?hlenl?we, Luchs und Vielfra? repr?sentieren unter den Funden die Fauna der damaligen Zeit. ?Zudem ist erstmalig für Mittel- und Ostdeutschland das Murmeltier nachgewiesen“, erg?nzt Clemens Pasda. ?Jedoch handelt es sich hierbei um Schneidez?hne, die – ebenso wie aufgefundene abgeschnittene Rentierz?hne – als Schmuckelemente dienten und von den damaligen Besitzern auch aus anderen Regionen mitgebracht worden sein k?nnten.“?
Pferdefleisch am h?ufigsten auf dem Speiseplan
Der deutlich überwiegende Anteil der Knochen – etwa 80 Prozent – stammt allerdings, wie bei vielen anderen Fundst?tten aus dieser Zeit auch, von Pferden. Mindestens 66, vermutlich aber rund 200 Tiere sind insgesamt in dieser Zeit rund um diesen Ort get?tet worden. Die meisten waren im Alter zwischen zwei und zehn Jahren, es sind aber auch Spuren ?lterer Pferde und wenige Monate alter Fohlen darunter. Vermutlich ist dies das Ergebnis einzelner Jagdereignisse, bei denen die J?ger in der Umgebung jeweils ganze Herden angriffen, dabei ein bis drei Tiere erlegten und ihre Jagdbeute dann vollst?ndig in einem kleinen Lager in der Teufelsbrücke einbrachten.
?Hier nutzten und konsumierten sie das gesamte Pferd, vom Fell und Fleisch bis zum Knochenmark“, informiert Clemens Pasda. ?Wie Schnittspuren auf den Knochen belegen, nutzten sie sogar das Horn der Hufe. Dies geschah vermutlich an Feuerstellen, an denen sie die durch die arch?ologischen Funde belegten Jagdwaffen wieder instand setzten, zum Schneiden geeignete Klingen aus Feuerstein herstellten, N?hnadeln mit ?hr aus Knochen herausschnitten, Mammutelfenbein bearbeiteten und Tierfiguren auf Steine gravierten.“
Mobile Kleinstgruppen statt gro?e Camps
Die neu ausgewerteten Funde legen nahe, dass die Menschen, die in dieser Zeit durch Thüringen zogen, anders lebten, als bisher angenommen. ?Hierzulande gehen die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass im Magdalénien die Menschen bereits scheinbar sesshaft in gro?en zentralen Camps lebten. Von dort aus sollen sie einzelne Jagdexpeditionen gestartet haben und danach auch wieder dorthin zurückgekehrt sein, damit die gr??ere Gemeinschaft die Beute verwerten konnte“, erkl?rt der Pr?historiker von der Universit?t Jena. Schweizer Kolleginnen und Kollegen hingegen zeichnen seit einigen Jahren ein ganz anderes Bild: Anhand einiger gut erhaltener Fundpl?tze in der Schweiz gehen sie davon aus, dass eher hochmobile Kleinstgruppen umherzogen, einige ihrer Mitglieder auf die Jagd gingen und die Beute dann von der gesamten Gruppe direkt in der N?he des T?tungsplatzes verarbeitet wurde.?
?Das würde unseren Blick auf das Magdelénien ver?ndern“, sagt Clemens Pasda. ?Bisher vermutete man, dass sich das Zusammenleben in dieser Zeit von einfach zu komplex entwickelte, also von einzelnen kleinen Gruppen hin zu gr??eren Verb?nden. M?glicher?weise hat sich das aber gar nicht so stark ver?ndert.“ Die Funde in der Teufelsbrücke schreibt der Jenaer Experte ebenfalls einer solchen Kleinstgruppe zu, die hier regelm??ig auf der Jagd Station machte, ihre Beute verarbeitete und dann weiterzog.?
Die Untersuchungen fanden im Rahmen eines Projekts statt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gef?rdert wird.
Original-Publikation:
W. Müller und C. Pasda: More on the Magdalenian in Thuringia – A re-investigation of the faunal remains from Teufelsbrücke, in: Quart?r – 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐es Jahrbuch zur Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit, 2023 (ver?ffentlicht November 2024)
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