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Meldung vom: | Verfasser/in: Lavinia Meier-Ewert
Neuromorphe Chips, die Informationen verarbeiten wie das menschliche Gehirn: Dieses Ziel verfolgt die Physikerin Heidemarie Krüger (geb. Schmidt) mit ihrem Dresdner Start-up ?Techifab“. Die Forscherin von der der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena und vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien entwickelt eine Technologie, die Informationen direkt am Entstehungsort verarbeitet und speichert – ohne energieintensive Datenübertragung zwischen Prozessor und Speicher. Gemeinsam mit ihrem Team entwickelt Krüger Memristor-basierte Bauteile, die neue Ma?st?be in Sachen Energieeffizienz und Rechenleistung setzen sollen. Diese echtzeittaugliche und Ressourcen-effiziente Technologie k?nnte etwa selbstfahrende Autos und Industrieanlagen unterstützen. ?Unser Ziel ist es, das Gehirn als Vorbild zu nutzen, um eine Technologie zu schaffen, die mit minimalem Energieverbrauch komplexe Entscheidungen logisch nachvollziehbar trifft“, sagt Heidemarie Krüger.
Das Herzstück: Memristoren mit Ged?chtnis und Lernf?higkeit
Der neuromorphe Chip basiert auf Memristoren – Bauelementen, die ?hnlich wie Synapsen im Gehirn arbeiten. Sie speichern nicht nur Informationen, sondern k?nnen diese gleichzeitig verarbeiten. W?hrend konventionelle Computer die Daten permanent zwischen Speicher und Prozessor austauschen, arbeitet diese Technologie lokal. Dies reduziert Energieverluste erheblich und erm?glicht eine schnelle, dezentrale Datenanalyse.
?Ein wesentlicher Unterschied ist die F?higkeit der Memristoren, kontinuierliche Zwischenzust?nde zu verarbeiten – also nicht nur ?0‘ und ?1‘, sondern auch Werte dazwischen“, erkl?rt Krüger. Diese flexible Datenverarbeitung er?ffnet neue M?glichkeiten für Algorithmen, die neuronale Netzwerke nachbilden. Anwendungen reichen von der vorausschauenden Maschinenwartung bis hin zu Echtzeitanalysen in sicherheitskritischen Bereichen wie dem autonomen Fahren.
Von der Entdeckung im Labor zur industriellen Anwendung
Der Weg zu dieser Entwicklung begann mit einer zuf?lligen Entdeckung im Labor im Jahr 2011: W?hrend einer Materialanalyse beobachtete Krügers Team eine charakteristische ?Schleifen“-Kurve – ein Hinweis auf das Verhalten eines Memristors mit hysteretischer Memristanz. Diese Eigenschaft erm?glicht es dem Bauteil, sich an frühere Rechenoperationen zu ?erinnern“ und so komplexe Berechnungen direkt auszuführen.?
Das führte zur Idee, künstliche Synapsen aus einer Materialkombination aus Bismut und Eisenoxid zu entwickeln. Um aus den künstlichen Synapsen einen funktionsf?higen Chip zu entwickeln, wurde das Start-up von der Bundesagentur für Sprunginnovationen mit einem zweistelligen Millionenbetrag gef?rdert. ?Wir konnten zeigen, dass diese künstlichen Synapsen selbst komplexe Rechenaufgaben wie Matrixmultiplikationen effizient bew?ltigen k?nnen“, berichtet Krüger. Diese Rechenoperationen bilden beispielsweise die Grundlage beim Training vieler KI-Anwendungen und Bildverarbeitungsalgorithmen. Im Januar 2025 berichtet das Nachrichtenmagazin ?Der Spiegel“ darüber, wie Krügers Technologie neue Ma?st?be im Bereich energieeffizienter Datenverarbeitung setzen k?nnte.
Technologie mit Potenzial für Edge-Computing?
Die Architektur der Memristoren erlaubt es, Daten direkt an der Quelle zu verarbeiten – eine Schlüsselkomponente für das sogenannte Edge-Computing, bei dem Daten nicht an zentrale Cloud-Systeme übertragen werden müssen. ?Das bedeutet mehr Sicherheit und Unabh?ngigkeit, da sensible Daten lokal bleiben“, betont Krüger. Gerade in der industriellen Sensorik k?nnte dies ein gro?er Vorteil sein, um beispielsweise erste Anzeichen von Verschlei? zu erfassen und Ausf?lle zu vermeiden.
In ersten Pilotprojekten testet Krügers Team die Technologie gemeinsam mit der TU Bergakademie Freiberg bereits unter realen Bedingungen. Dabei hat sich gezeigt, dass der neuromorphe Chip sogar kleinste Ver?nderungen zuverl?ssig erkennen und Verschlei?muster pr?zise prognostizieren kann.
Ein nachhaltiger Weg zu KI-Systemen mit h?herer Energieeffizienz
W?hrend klassische Prozessoren immer mehr Transistoren ben?tigen, um die wachsende Datenflut zu bew?ltigen, st??t das traditionelle Chipdesign an physikalische und energetische Grenzen. Neuromorphe Ans?tze kombinieren Speicher- und Recheneinheit, was den Energiebedarf senkt und das Potenzial für KI-Systeme erheblich erweitert.
?Unser Ziel ist es, nicht nur Datens?tze zu analysieren, sondern auch zu lernen, Muster zu erkennen und flexibel auf neue Situationen zu reagieren – ohne eine st?ndige Verbindung zu externen Rechenzentren“, erkl?rt Krüger. Damit k?nnte die Technologie in Zukunft dazu beitragen, Rechenzentren energieeffizienter zu gestalten und KI-Anwendungen mit deutlich weniger Ressourcenbedarf zu entwickeln.
Krügers aktueller Prototyp verfügt über 32 Memristoren. In der n?chsten Entwicklungsstufe sollen es über 200 werden, um komplexe neuronale Netze abzubilden und neue Anwendungen in autonomen Systemen zu erm?glichen.
Original-Publikationen:?
Y. Shuai, S. Zhou, D. Bürger, M. Helm, H. Schmidt: Nonvolatile bipolar resistive switching in Au/BiFeO3/Pt, J. Appl. Phys. 109, 124117 (2011), Appl. Phys. 109, 124117 (2011),?https://doi.org/10.1063/1.3601113Externer Link??
H. Schmidt: Prospects for memristors with hysteretic memristance as so-far missing core hardware element for transfer-less data computing and storage, J. Appl. Phys. 135, 200902 (2024),?https://doi.org/10.1063/5.0206891Externer Link