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Meldung vom: | Verfasser/in: Christine Coester
Der kleine Fuchs (Aglais urticae) ist ein Beispiel einer Insektenart, die früher lokal sehr h?ufig vorkam und deren Anzahl zurückgegangen ist.
Foto: U. DreiuckerDer Rückgang der Insekten ist auf Verluste bei lokal h?ufigeren Arten zurückzuführen. Das zeigt eine neue Studie, die in "Nature" ver?ffentlicht wurde. Geleitet von Forschenden des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversit?tsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv), der Martin-Luther-Universit?t Halle-Wittenberg (MLU) und der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena, stellt die Meta-Analyse von 923 Standorten weltweit zwei wichtige Tendenzen fest: 1) h?ufige Arten mit vielen Individuen (hohe Abundanzen) sind st?rker zurückgegangen als seltene Arten, und 2) die Zunahmen mancher Insektenarten waren zu gering, um früher beobachtete H?ufigkeiten zu erreichen. Dies erkl?rt wahrscheinlich die verbreitete Feststellung, dass es heute weniger Insekten gibt als vor zehn, zwanzig oder drei?ig Jahren.
iDiv-Forscherinnen und Forscher haben die langfristigen Tendenzen bei landlebenden Insekten wie K?fern, Motten und Heuschrecken analysiert und festgestellt, dass Verluste bei den früher am h?ufigsten vorkommenden Arten am st?rksten zum Rückgang der lokalen Insekten beigetragen haben. H?ufige Insektenarten sind die Arten, die lokal am zahlreichsten vorkommen – welche Arten das konkret sind, ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Die Ergebnisse dieser Studie stellen die Behauptung infrage, dass Ver?nderungen in der Artenvielfalt von Insekten vom Rückgang seltener Arten dominiert werden.?
Die Studie folgt den alarmierenden 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐 über den Verlust von Insekten, denen zufolge Forschende einen dramatischen Rückgang der Gesamtzahl der Insekten in vielen Teilen der Welt feststellen. Jedoch ist wenig über die allgemeinen und langfristigen Tendenzen bei lokal seltenen und h?ufigen Arten bekannt. ?Es war offensichtlich, dass dies untersucht werden musste“, sagt Roel van Klink, Hauptautor der Studie und Wissenschaftler bei iDiv und an der MLU. ?Wir wollten wissen, ob sich die Beobachtungen über den Rückgang der Gesamth?ufigkeit von Insekten bei h?ufigen und seltenen Arten unterscheiden und wie sich dies auf die Vielfalt in der Insektengemeinschaft insgesamt auswirkt”.
H?ufige Arten verlieren am meisten
Das Forschungsteam wollte die Entwicklung der Insektenzahlen besser verstehen und griff dafür auf 106 Studien zurück. Es trug Daten über Insektengemeinschaften zusammen, die über einen Zeitraum von 9 bis 64 Jahren in 106 Studien gesammelt worden waren. Dazu geh?rt zum Beispiel eine niederl?ndische Studie über Laufk?fer, die seit 1959 l?uft.
Mit dieser Datenbank best?tigten die Forscherinnen und Forscher, dass trotz Abweichungen bei den Daten die Zahl der Landinsekten insgesamt um 1,5 % pro Jahr zurückgeht. Um diese Entwicklung besser zu verstehen, verglichen sie die Tendenzen verschieden h?ufiger Arten und stellten fest, dass die Arten, die zu Beginn der Zeitreihen am h?ufigsten vorkamen, im Durchschnitt am st?rksten von einem Rückgang betroffen waren – etwa 8 % pro Jahr, w?hrend seltenere Arten weniger stark zurückgingen.
Dabei wurden die Verluste der zuvor dominierenden Arten nicht durch die Zunahme anderer Arten ausgeglichen, was weitreichende Folgen hat: Arten, die im ?berfluss vorhanden sind, sind eine Hauptnahrungsquelle für V?gel und andere insektenfressende Tiere und erfüllen somit eine lebenswichtige Funktion im ?kosystem. ?Die Nahrungsnetze müssten sich als Reaktion auf den Rückgang der am h?ufigsten vorkommenden Arten bereits erheblich ver?ndert haben“, erkl?rt van Klink. ?Diese Arten sind für alle m?glichen anderen Organismen und für das Funktionieren des ?kosystems ?u?erst wichtig“.
Gewinner und Verlierer
Die Analyse zeigt deutlich, dass die früher h?ufig vorkommenden Insektenarten im Vergleich zu den weniger h?ufigen Arten durchweg die meisten Individuen verlieren. Aber auch weniger h?ufige und seltene Arten erleiden Verluste, was zu einem Rückgang der Zahl der lokalen Arten führt. Die Studie zeigt einen leichten Rückgang der Gesamtzahl der Arten um knapp 0,3 % pro Jahr. Dies deutet darauf hin, dass neben den h?ufigen Arten auch einige seltene Arten Verluste erleiden und teilweise lokal aussterben.
An der Spitze stehen die neu eingewanderten Arten, die es geschafft haben, sich erfolgreich als Teil der lokalen Gemeinschaft zu etablieren. Die meisten dieser Neuzug?nge bleiben lokal selten und ersetzen andere, zuvor seltene Insekten, hin und wieder werden sie aber auch sehr h?ufig. Der invasive Asiatische Marienk?fer (Harmonia axyridis), der inzwischen in Europa, Amerika und Südafrika verbreitet ist, ist ein solches Beispiel.
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Nach Ansicht der Autorinnen und Autoren ist weitere Forschung n?tig, um die Ursachen für diese Trends zu beleuchten. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Rückg?nge im Zusammenhang mit den vom Menschen verursachten Ver?nderungen stehen, wie dem Klimawandel und der Urbanisierung – zwei Hauptursachen, die für den Verlust der biologischen Vielfalt verantwortlich sind. ?Insekten scheinen st?rker davon betroffen zu sein als viele andere Arten, dass Menschen den Planeten immer mehr dominieren“, erkl?rt iDiv- und MLU-Professor Jonathan Chase, Letztautor der Studie. ?Andere Studien, einschlie?lich derjenigen, an denen unser Team mitgearbeitet hat, haben bei vielen anderen Tier- und Pflanzengruppen keine derartigen Rückg?nge auf lokaler Ebene festgestellt“.
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Die Ergebnisse der Studie sind zwar eindrücklich, doch sind diese Tendenzen stark von den Daten über Insektengemeinschaften in Europa und Nordamerika beeinflusst. Sie sollten daher nicht als globales Ph?nomen interpretiert werden. Chase fügt hinzu: ?Die von uns beobachteten Muster k?nnten ein Best-Case-Szenario für die Quantifizierung der tats?chlichen Auswirkungen des Menschen auf Insekten sein“, und verweist auf den in Wissenschaftskreisen sogenannten Rettungsboot-Effekt. ?Diese Rückg?nge wurden in Langzeitstudien in Gebieten beobachtet, die weitgehend intakt geblieben sind, und nicht in Gebieten, in denen es zu einer massiven Umwandlung von Naturgebieten in vom Menschen gepr?gte Landschaften gekommen ist, wie zum Bespiel bei Einkaufszentren und auf Parkpl?tzen“.
Original-Publikation:
Roel van Klink, Diana E. Bowler, Konstantin B. Gongalsky, Minghua Shen, Scott R. Swengel, Jonathan M. Chase (2023): Disproportionate declines of formerly abundant species underlie insect loss. Nature, DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-023-06861-4Externer Link