
- Forschung
Meldung vom: | Verfasser/in: Axel Burchardt
Etwa 25.000-mal im Jahr werden Menschen in Deutschland künstliche Herzklappen eingesetzt, weil die natürlichen Herzklappen – etwa durch eine Infektion – gesch?digt sind. Die mechanischen Herzklappen bestehen u. a. aus Titanoxid und halten viele Jahre. Weil Blut dazu neigt, im 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐 mit diesen Materialoberfl?chen zu gerinnen, besteht jedoch die Gefahr, dass sich auf der Oberfl?che der mechanischen Herzklappen Blutgerinnsel bilden. Das kann lebensbedrohlich werden, wenn sich diese Blutgerinnsel von den Materialien l?sen. Deshalb nehmen die meisten Menschen mit mechanischen Herzklappen ein Leben lang Medikamente, die die Blutgerinnung reduzieren.
Einen vielversprechenden Ansatz, die Blutgerinnung auf dem Herzklappen-material Titan wesentlich zu reduzieren, hat jetzt ein internationales Forschungsteam entwickelt. Die Ergebnisse des Teams von den Universit?ten Jena, Leipzig und Illinois Urbana-Champaign (USA) unter Leitung des Jenaer Materialwissenschaftlers Professor Klaus D. Jandt sind jetzt in der Fachzeitschrift Advanced Healthcare Materials ver?ffentlicht worden. Das Journal würdigt die Bedeutung und das Potenzial dieser Entdeckung auch dadurch, dass sie auf dem Titel der aktuellen Ausgabe abgebildet ist.?
Aktivit?t der Blutpl?ttchen ver?ndert sich je nach Materialbeschichtung
Die Forschenden lie?en auf Titanoxid mit kristallografisch verschieden orientierten Oberfl?chen das Blutprotein Fibrinogen abscheiden. Anschlie?end wurden die so beschichteten Materialoberfl?chen Blutpl?ttchen (Thrombozyten) ausgesetzt, deren Aktivit?t zusammen mit Fibrinogen eine entscheidende Rolle bei der Bildung von Blutgerinnseln spielt. Dabei zeigten sich auf den verschieden orientierten Materialoberfl?chen deutliche Unterschiede der Aktivit?t von Blutpl?ttchen. ?W?hrend auf sogenannten (001)-Titanoxid-Oberfl?chen die Blutpl?ttchen sehr aktiv sind und damit die Blutgerinnung f?rdern, haben wir den gegenteiligen Effekt auf (110)-Oberfl?chen gefunden“, sagt die Jenaer Doktorandin Maja Struczynská. ?Die Ursache hierfür liegt in dem unterschiedlichen Verhalten von Fibrinogen auf den Materialoberfl?chen“.
?Der Mechanismus für diesen Effekt ist physikalischer Natur,“ sagt Prof. Jandt und erg?nzt für die Fachleute: ?Fibrinogen nimmt eine bestimmte Faltung auf der hydrophoberen (110)-Fl?che mit niedriger Oberfl?chenenergie an, was wiederum die Zug?nglichkeit der von Blutpl?ttchen erkannten prim?ren Aminos?uresequenzen einschr?nkt und somit ihre Anhaftung minimiert.“ Jandt sieht ein enormes Potenzial darin, diese Materialien bei Herzklappen anzuwenden – dies verringere das Risiko der Blutgerinnselbildung und der damit verbundenen Komplikationen und schone so die Betroffenen.
Die kristallografische Ausrichtung und damit die Anordnung der Oberfl?chenatome bestimmen die Oberfl?chenenergie und die Benetzbarkeit des Materials und steuern die zellul?re Reaktion auf blutberührende Biomaterialien. Die Abbildung, die auch das Cover der Fachzeitschrift schmückt, zeigt eine von der kristallografischen Orientierung abh?ngige Fibrinogenkonformation auf der TiO2-Oberfl?che (Titan- und Sauerstoffatome als blaue und gelbe Kugeln markiert) und ihre Auswirkungen auf die Thrombozytenadh?sion und -aktivierung. Der unterschiedliche Aktivierungszustand zeigt sich in der Morphologie der Blutpl?ttchen (nicht aktiv: scheibenf?rmige und aktiv: gespreizte Zellen). Das unterschiedliche Verhalten der Thrombozyten deutet auf die M?glichkeit hin, das Thromboserisiko auf Implantaten zu minimieren, indem man die entsprechende kristallographische Ausrichtung der Materialoberfl?che anpasst.
Abbildung: Maja StruczynskaOriginal-Publikation:
Maja Struczynska, Izabela Firkowska-Boden, Nathan Levandovsky, Reinhard Henschler, Nour Kassir, and Klaus D. Jandt: How Crystallographic Orientation-Induced Fibrinogen Conformation Affects Platelet Adhesion and Activation onTiO2, Advanced Healthcare Materials 2023, DOI: 10.1002/adhm.20220250