
- Forschung
Meldung vom: | Verfasser/in: Ronja Münch
Der krankheitserregende Pilz Aspergillus fumigatus entgeht seiner Vernichtung in Oberfl?chenzellen der menschlichen Lunge, indem er ein menschliches Protein bindet. Dadurch nistet er sich in abgegrenzten Bereichen – den Phagosomen – in den Lungenzellen ein. So verhindert der Pilz, dass Zellprozesse in Gang gesetzt werden, die ihn abt?ten würden. Forschende des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) haben damit einen m?glichen neuen Angriffspunkt gegen die Pilzinfektion entdeckt.
Aspergillus fumigatus ist ein Schimmelpilz, der weltweit in der Umwelt vorkommt. Für Menschen mit einem geschw?chten Immunsystem kann er zu einer ernsten Gefahr werden: Laut Sch?tzungen erkranken jedes Jahr mehr als 300.000 Menschen weltweit an einer Invasiven Aspergillose, also einer Infektion mit einem Schimmelpilz der Gattung Aspergillus. 40 bis 90 Prozent der Patienten versterben daran.
Forschende am Leibniz-HKI haben nun entdeckt, dass Pilzsporen die Oberfl?chenzellen der Lunge davon abhalten k?nnen, sie zu t?ten. ?Die sogenannten Epithelzellen unserer Lunge sind die wichtigste Barriere gegen Pilzsporen und andere potentielle Pathogene aus der Luft“, erkl?rt Axel Brakhage, Direktor des Leibniz-HKI und Professor an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena. Sie halten einen Gro?teil der Sporen ab, die wir tagt?glich einatmen.
Anders als Immunzellen sind Lungenepithelzellen zwar nicht auf das T?ten von Krankheitserregern spezialisiert, aber trotzdem dazu in der Lage: Die Zellen umschlie?en Fremdk?rper und bilden damit ein sogenanntes Phagosom, ein von einer Membran umschlossenes Kompartiment innerhalb der Zelle. Anschlie?end wird eine Vielzahl von Zellprozessen in Gang gesetzt, bei denen das Phagosom reift und die Eindringlinge schlie?lich mit stark reaktiven Substanzen zersetzt werden.
Dass Pilzsporen diesen Mechanismus umdirigieren k?nnen, entdeckten die Forschenden, als sie sich deren Oberfl?chenstrukturen genauer ansahen. ?Wir wollten wissen, welche der pilzlichen Oberfl?chenproteine an menschliche Zellen binden und somit an der Infektion beteiligt sein k?nnten“, erkl?rt Leijei Jia, Erstautor der Studie.
Dabei fanden sie ein menschliches Protein – p11 – das offenbar von einem pilzlichen Protein gebunden wird. ?Wenn wir das Pilzprotein ausschalten, das an p11 bindet, finden wir die Pilzsporen in den ?reifen‘ Phagosomen, das hei?t sie werden zersetzt. Wenn wir das menschliche p11 ausschalten, ebenso“, sagt Jia. ?Wenn das Pilzprotein und p11 jedoch intakt sind, bleiben die Phagosomen ?unreif‘.“ Dann umschlie?en die Epithelzellen der Lunge zwar die Pilzsporen, vernichten sie aber nicht. Das konnten Jia und seine Kolleginnen und Kollegen am Leibniz-HKI auch unter dem Mikroskop beobachten: In den unreifen Phagosomen keimten die Sporen und bildeten Pilzf?den, sogenannte Hyphen. Manche der Sporen wurden auch wieder aus der Zelle heraus oder in eine Nachbarzelle transportiert, sodass der Pilz sich verbreiten kann.
Pilzsporen k?nnen nicht nur Lungenzellen ver?ndern
Die Experimente konnten die Forschenden anschlie?end auch mit Immunzellen best?tigen. Das hei?t, die Pilzsporen k?nnen nicht nur Phagosomen in den Lungenzellen umdirigieren, sondern auch in verschiedenen Immunzellen.
Die klinische Bedeutung ihrer Entdeckung untersuchte das Team aus Jena gemeinsam mit Medizinerinnen und Medizinern aus Portugal, die DNA-Daten von Empf?ngern und Spendern einer Stammzelltransplantation lieferten. ?Nach Transplantationen sind Patienten besonders anf?llig für Pilzinfektionen, weil das Immunsystem heruntergefahren wird“, erkl?rt Axel Brakhage. Gut ein Viertel der etwa 500 Empf?nger von Stammzelltransplantationen entwickelte in den Monaten nach der Transplantation eine lebensbedrohende Invasive Aspergillose.
Auf dem p11-Gen der transplantierten Stammzellen fanden die Forschenden tats?chlich einen kleinen Unterschied. ?Patienten mit einer bestimmten Mutation hatten in der Stichprobe eine geringere Wahrscheinlichkeit, an Invasiver Aspergillose zu erkranken. Dieses Ergebnis hilft, die st?rker gef?hrdeten Patienten besonders intensiv zu beobachten“, so Jia. Sowohl das Pilzprotein, das an p11 bindet, als auch das menschliche Protein selbst k?nnten zudem m?gliche Angriffspunkte für eine Therapie der Pilzinfektion sein.
Die Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unter anderem im Rahmen des Exzellenzclusters Balance of the Microverse und der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und PolyTarget gef?rdert. Weitere Unterstützung erhielt die Arbeit durch die Leibniz-Gemeinschaft, die Funda??o para a Ciência e a Tecnologia, durch die EU im Rahmen von Horizon 2020, durch die ?la Caixa“-Stiftung und durch das Gilead Research Scholars Program.
Original-Publikation:?
Jia LJ, Rafiq M, Radosa L, Hortschansky P, Cunha C, Cseresnyés Z, Krüger T, Schmidt F, Heinekamp T, Stra?burger M, L?ffler B, Doenst T, Lacerda JF, Campos A, Figge MT, Carvalho A, Kniemeyer O, Brakhage AA (2023).?Aspergillus fumigatus hijacks human p11 to redirect fungal-containing phagosomes to non-degradative pathway. Cell Host & Microbe, doi: 10.1016/j.chom.2023.02.002Externer Link

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