
Die Europ?ische Union f?rdert im Rahmen des Programms Horizont 2020 ?Europ?ische Hochschulen“ – Hochschulallianzen, die die St?rken und die Vielfalt europ?ischer Forschung und Lehre in neuen Strukturen – einem europ?ischen Campus – bündeln sollen. Ziel des Programms ist es, die Leistungsf?higkeit des europ?ischen Hochschulsystems zu st?rken, sowie gemeinsame Werte und eine europ?ische Identit?t bei der jungen Generation zu f?rdern, um das geeinte Europa zu st?rken. Auch die St?dte und die Regionen der beteiligten Universit?ten sollen in die Allianzen eingebunden werden. Wir fragten den Pr?sidenten der Universit?t Jena, Prof. Dr. Walter Rosenthal, nach den Herausforderungen und Chancen des EU-Programms.
Prof. Rosenthal, die Corona-Krise hat in vielen L?ndern zu einer Rückbesinnung auf nationalstaatliche Alleing?nge geführt. K?nnen sich die Universit?ten diesem Trend entziehen oder sogar dagegenstellen?
Universit?ten haben schon um ihrer selbst willen die Pflicht sich dem entgegenzustellen. Wissenschaft lebt vom Austausch und ist nur als Bestandteil des weltweiten Wissensflusses in der Lage, Antworten auf globale Fragen zu finden. Krankheiten wie Corona aber auch die Klimakrise sind beispielhafte globale Herausforderungen, die nur durch gemeinsame Forschung und den Austausch von Wissen bew?ltigt werden k?nnen.
Die Universit?t Jena setzt in Forschung und Lehre stark auf internationale Kooperationen. Sie hat ihr weltumspannendes Netzwerk mit renommierten Forschungsinstituten und Universit?ten wie der TU Delft, Berkeley oder der Hebrew University in den vergangenen Jahren nochmal massiv ausgebaut. Das EU-Programm der Europ?ischen Universit?ten baut nun auf der europ?ischen Zusammenarbeit auf und m?chte sie gezielt f?rdern.
Die Vision eines ?europ?ischen Campus“ wird beschworen. Welche Schritte sind notwendig, damit er keine Vision bleibt?
Nach wie vor hemmen l?nderspezifische rechtliche Regelungen und Ausgestaltungen der Bildungslandschaft den freien Austausch von Studierenden, Lehrenden und Forschenden. Im Rahmen der Europ?ischen Universit?ten sollen Modelle entwickelt werden, die die vorhandenen Hemmnisse überwinden und diese dann auf ihre ?bertragbarkeit getestet werden.?
EC2U (European Campus of City-Universities) – so hei?t unsere Allianz – erm?glicht uns neue Modelle zum Beispiel bei gemeinsamen Studieng?ngen und Abschlüssen zu erproben. Eine Herausforderung besteht darin, die bestehende Vielfalt zu f?rdern und sichtbar zu machen und zugleich Prozesse zu vereinheitlichen.
Hier ist dann letztlich aber auch die Politik gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb der EU so zu gestalten, dass von einem gemeinsamen Campus ohne Grenzen geredet werden kann.
EC2U sieht eine Einbindung der St?dte und Regionen vor, die Universit?t Jena wird hier federführend ein Ma?nahmenpaket in der Allianz koordinieren. Wie kann diese Einbindung gelingen?
Unsere Themen sind geeignet die europ?ischen Partner zusammenzubringen, denn wir greifen ausgew?hlte Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung auf, die die St?dte bereits umtreiben: Gesundheit und Wohlergehen, hochwertige Bildung, nachhaltige St?dte und Gemeinden.
Wir haben übrigens bereits gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit St?dten. Unsere Universit?t hat gemeinsam mit der Stadt Jena 2016 die Poitiers Declaration unterzeichnet, in der eine Vielzahl von Unis und ihre St?dte bzw. Regionen sich zur Zusammenarbeit verpflichten, darunter die St?dte unserer Partner in der Allianz.
Als assoziierte Partner für unser EC2U-Konsortium haben wir bereits die Stadt Jena, Jena Wirtschaft, das Europ?ische Informationszentrum in Erfurt und natürlich unser Jenaer Erasmus Student Network, ein Zusammenschluss von Studierenden, gewinnen k?nnen.
Und welche Ma?nahmen werden aus Jena koordiniert?
Unter dem Titel ?Science with and for Society“ haben wir ein Ma?nahmenpaket entwickelt, das die Wissenschaftler, die Studierenden und die Bürger sowie Akteure aus Wirtschaft, Schulen, Politik etc. verbindet, deren Input aufnimmt, sie informiert, beteiligt und gemeinsame Projekte gestaltet.
Die Themen sind dabei sehr greifbar: In der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft wollen wir im europ?ischen Kontext den Berufseinstieg von Absolventen f?rdern und Gründungen unterstützen. Gemeinsam mit den Schulen schicken wir Lehramtskandidaten im Praxissemester in unsere europ?ischen Partnerst?dte. Bürgerinnen und Bürger kommen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Studierenden in Think Tanks zusammen, um gemeinsam forschend europ?ische Probleme zu l?sen. Ich habe jetzt nur ein paar der Ma?nahmen beispielhaft herausgegriffen.
Traditionell h?lt die Universit?t Jena viele Verbindungen mit ost- und südosteurop?ischen Hochschulen. Wie kann die Zusammenarbeit mit weiteren europ?ischen Partnern gestaltet werden?
Wir pflegen tats?chlich seit den 1960er Jahren viele Beziehungen zu Universit?ten in Ost- und Südosteuropa. Diese Partnerschaften sind solide und lebendig – wir sch?tzen die Zusammenarbeit sehr.
Die Europ?ische Universit?t fordert aber geografische Ausgewogenheit im Konsortium, damit die Vielfalt Europas abgebildet und eingebunden wird, damit mit komplement?rer Expertise von Standorten aus ganz Europa Forschungsfragen beantwortet werden k?nnen.
Wir bringen die Erfahrung der Zusammenarbeit mit Partnern aus aller Welt ein. Seit den 90er Jahren sind wir Teil der sogenannten COIMBRA Group, einem Netzwerk von 39 europ?ischen Universit?ten. Wir haben au?erdem mit 300 europ?ischen Hochschulen ein breites Spektrum an Erasmus Partnern und weltweit 200 bilaterale Partnerschaften in über 50 L?ndern. Mit den EC2U Partnern verbindet uns bereits eine vielf?ltige Zusammenarbeit.
Angenommen, die Ziele von Horizont 2020 werden erfolgreich umgesetzt. Welcher Mehrwert ist für die Studierenden zu erwarten, welcher Mehrwert für die Universit?t insgesamt?
Die Europ?ische Universit?t wird unsere St?rken international noch sichtbarer machen. ?Wir haben einmal nachgeschaut: in den vergangenen zehn Jahren sind bereits über 1.200 gemeinsame Publikationen mit den Konsortialpartnern, viele Arbeiten zu den UN-Nachhaltigkeitszielen eingeschlossen, erschienen. Dort setzen wir an und bauen die gemeinsame Forschung z. B. über virtuelle Institute aus. Darin stellen sich Teams von Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gemeinsam gesellschaftlichen Herausforderungen in einem multidisziplin?ren Ansatz.
Unser Angebot an attraktiven Studienangeboten wird mit komplement?ren Modulen im Ausland erg?nzt. Diese sind als Austausch oder mit Abschluss studierbar. Wir st?rken damit zum einen unser Profil als Studienstandort, zum anderen aber die interkulturelle Kompetenz der Studierenden. Die Auslandserfahrung, die durch Studium und Praktika bei den Partnern erworben wird, macht unsere Absolventen auf dem nationalen wie internationalen Arbeitsmarkt noch begehrter.
Und nicht zu vergessen: Europa rückt im Konsortium enger zusammen – als überzeugte ?Europ?ische Universit?t“ arbeiten wir gemeinsam an weiteren Verbesserungen und der Qualit?tssicherung im Rahmen der EU. Die europ?ische Identit?t und unsere gemeinsamen Werte dabei zu st?rken ist für uns bereits ein Wert an sich.