
- Veranstaltung
- Wissenstransfer & Innovation
Meldung vom: | Verfasser/in: Angelika Schimmel
Zinnwald, Goldwasserthal, Silberstrasse und erst recht Erzgebirge – diese Orts- oder Flurnamen geben einen eindeutigen Hinweis auf die Sch?tze, die das Land im südlichen Sachsen birgt. Folgt man als Tourist der 275 Kilometer langen S?chsisch-B?hmischen Silberstra?e von Zwickau bis Dresden, so kann man in mehr als 30 Besucherbergwerken tiefe Einblicke in die tausendj?hrige Geschichte des Erzbergbaus in der Region bekommen und wird sicher über die Vielfalt der Bodensch?tze staunen.?
Auf kurzem Weg k?nnen Interessierte jedoch auch in Jena, in der Mineralogischen Sammlung der Friedrich-Schiller-Universit?t, der Spur der Edelmetalle, Gesteine und Minerale im Erzgebirge vom frühen Mittelalter bis heute und sogar bis ins Morgen folgen. ?Von Agricola bis in die Zukunft“ ist die Sonderschau betitelt, die am Montag, dem 27. Mai 2024, um 18 Uhr er?ffnet wird.
Erinnerung an den Vater der Geowissenschaften?
Der Exkurs startet mit Georgius Agricola, der als Georg Bauer 1494 in Glauchau geboren wurde. Nach Studien der alten Sprachen, der Medizin, Physik und Chemie in Leipzig, Bologna und Padua und seiner Rückkehr nach Chemnitz besch?ftigte sich Agricola ausgiebig mit den Mineralien, Erzen und geologischen Besonderheiten seiner s?chsisch-b?hmischen Heimat. ?Manchen gilt Agricola als ?Vater der Mineralogie‘, aber ich würde sagen, er war viel mehr der Begründer der Geowissenschaften“, sagt Dr. Birgit Kreher-Hartmann, Kustodin der neuen Sonderschau.?
Denn Agricola habe sich nicht nur mit Mineralien, Erden, Edelsteinen und metallischen Schlacken, ihrer Entstehung, ihrer Eigenschaften und Vorkommen besch?ftigt, sondern er verfasste auch grundlegende Abhandlungen über die Bergbaukunde und die Erzverarbeitung. In den zehn Büchern seines Hauptwerkes ?De natura fossilium“ fasste Agricola 1546 seine eigenen Beobachtungen und Erkenntnisse sowie das mineralogische und geologische Wissen der damaligen Zeit umfassend zusammen. ?Agricola war nicht nur ein typischer Universalgelehrter der Renaissance, er arbeitete mit systematischem, wissenschaftlichem Ansatz und muss auch eine sehr gute Beobachtungsgabe gehabt haben: Er machte sich anhand der Verwendung von Quecksilber bei der Goldgewinnung auch erste Gedanken über die Folgen für die Umwelt“, erkl?rt Kreher-Hartmann. Neben Agricola lernen die Besucher und Besucherinnen der Schau auch Abraham Gottlob Werner n?her kennen, jenen Wissenschaftler, der die Geognosie als Wissenschaft von der physischen und mineralogischen Beschaffenheit der Erde entwickelte und der Mineralogie als eigenst?ndiges Fachgebiet an der Bergakademie Freiberg etablierte. Bei Werner in Freiberg studierten im 18. Jahrhundert viele sp?ter berühmte Wissenschaftler, unter anderem Alexander von Humboldt. ??
S?chsische Lagerst?tten und ihre Sch?tze
Die Geologie Sachsens ist sehr vielf?ltig, die s?chsische Erde birgt Sch?tze von Basalt und Baryt über Lithium, Nickel, Serpentin und Silber bis zu Uran, Wolfram und Zinn. Schon im 11. Jahrhundert ist der erste Silberabbau im Freiberger Revier verbürgt, über Jahrhunderte sicherte der Silberbergbau den Menschen in der Region Einkommen und Wohlstand. Nicht von ungef?hr erhielt die Montanregion Erzgebirge/Kru?noho?í 2019 den Welterbe-Status von der UNESCO zuerkannt.?
Silber spielt heute, genau wie Zinn aus Geyer oder Altenberg, Nickel aus Sankt Egidien und Uranerz aus dem K?nigsteiner Revier keine Rolle mehr im s?chsischen Bergbau. Neuerdings w?chst jedoch das Interesse an Bodensch?tzen aus dem Erzgebirge wieder, wie die Gewinnung von Baryt bei Oberwiesental oder der geplante Abbau von Lithium bei Zinnwald beweisen. Eine gro?e aktuelle geologische Karte Sachsens gibt in der Ausstellung den Interessierten einen guten ?berblick.?
Sowohl die historischen als auch die aktuellen Fundst?tten werden in der Sonderschau in einzelnen Vitrinen vorgestellt – rund 150 Exponate aus der eigenen Sammlung, aber auch Leihgaben aus dem Lagerst?tten-Fundus der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Berlin zeigen den Reichtum der geologischen Schatzkammer Sachsens. Erstmals ?ffentlich zu sehen sind Stücke aus der Privatsammlung Burggraf, die der Mineralogischen Sammlung Jena als Dauerleihgabe vermacht wurden. Das Spektrum reicht von wenige Gramm leichten Mineralien bis zu viele Kilo schweren Brocken. Dabei sind Anschauungsstücke aus den Lagerst?tten im zentralen Erzgebirge, etwa Schwerspate aus Niederschlag, genauso zu bestaunen wie Gesteinsproben aus dem Granulit-Gebirge n?rdlich von Chemnitz.?
?Da die Geologie nicht an Grenzen halt macht, schauen wir auch auf Lagerst?tten im Umfeld, pr?sentieren Vulkanite mit farbenfrohen Achatdrusen und zarte, weingelbe Topaskristalle vom Schneckenstein im Vogtland“, erz?hlt Kreher-Hartmann. Auch wenn sie einen weniger spektakul?ren Eindruck machen als Achatdrusen oder Topase, so sind die kaum einen Zentimeter kleinen schwarzen Drahtspiralen auf Galenit aus dem Freiberger Revier für die Jenaer Mineralogin ?wahre Schmuckstücke“. Denn hierbei handelt es sich um sogenannte Silberlocken, die auf Bleiglanz ?wachsen“, im Gegensatz zu ihrem metallisch gl?nzenden Tr?germaterial jedoch von stumpfer Schw?rze sind, weil sie sofort oxidieren. ? ??
Zinnwaldit – ein Stoff mit gro?er Zukunft?
?Ein gro?es Thema sind die Zinnlagerst?tten bei Geyer, Zinnwald und Altenberg, wir pr?sentieren diverse Fundstücke von dort“, berichtet die Kustodin. ?Zinn entstand infolge hydrothermaler Aktivit?ten in Granitgestein, wobei durch Wasser bestimmte Elemente abgebaut und andere angelagert werden. Wir stellen sogenannte vergreiste Granite mit winzigen dunklen Zinn-Einsprenglingen vor, ebenso Gesteine mit m?chtigen Erzadern“, erkl?rt die Mineralogin.?
In jenem Teil der Ausstellung wird auch auf das jüngste Kapitel s?chsischer Bergbaugeschichte verwiesen, den Abbau von Lithium. Weltweit sind Geologinnen und Geologen auf der Suche nach abbauf?higen Lagerst?tten mit wertvollen Spurenmetallen wie Lithium. ?Als solche wurden die Vorkommen von Lithium-Glimmer im s?chsisch-b?hmischen Erzgebirge bei Zinnwald/Cínovec ausgemacht, die als zweitgr??te Lagerst?tte Europas gelten.“ Der Abbau ist noch in der Planungsphase, doch die stattlichen Brocken des silbrig gl?nzenden Glimmers in der Jenaer Mineralogie-Schau lassen ahnen, dass Zinnwaldit eine gro?e Bedeutung für die technische Umsetzung der E-Mobilit?t nicht nur in Deutschland haben kann.?
Verkieseltes Holz (Auschnitt) wird auch in der Sonderausstellung gezeigt.
Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)?ffnungszeiten:
Die Sonderausstellung ?Von Agricola bis in die Zukunft“ wird am 27. Mai 2024, um 18 Uhr in der Mineralogischen Sammlung der Jenaer Universit?t, Sellierstra?e 6, er?ffnet.
Zu besichtigen ist sie bis 20. November zu den ?ffnungszeiten montags und donnerstags 13-17 Uhr, sonntags nach Vorankündigung 13-17 Uhr, auch in den Sommer- und Herbstferien.
Führungen sind geplant, unter anderem zur Jenaer Museumsnacht am 31. Mai 2024.?
