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Meldung vom: | Verfasser/in: Angelika Schimmel
Rot wird nicht Grün und infrarotes Licht nicht pl?tzlich sichtbar, wenn man es durch einen Lichtleiter schickt. Denn Licht ?ndert seine Wellenl?nge nicht einfach so. Es sei denn, der Mensch greift zu einem Trick. Den hat ein internationales Forschungsteam jetzt erstmals in optischen Fasern effektiv anwenden k?nnen. Ihm ist es als erstem gelungen, optische Fasern so zu funktionalisieren, dass sie unsichtbares Infrarot-Licht in rotes Licht verwandeln. Ihre Spezialfasern k?nnten künftig als Miniatur-Lichtkonverter nutzbar sein. Die Erfindung ist durch die Zusammenarbeit von vier Arbeitsgruppen des Sonderforschungsbereiches NOA der Universit?t Jena mit Partnern am Fraunhofer IOF, Leibniz IPHT sowie an den Universit?ten in Sydney und Adelaide (Australien) gelungen. Ihre Forschungsergebnisse konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Forschungsabteilung ?Photonics in 2D-Materials“ von Dr. Falk Eilenberger, Institut für Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universit?t, jetzt bei ?Nature Photonics“ publizieren. Hauptautor ist Doktorand Quyet Ngo.
Computer, Handys oder Superrechenzentren werden immer leistungsf?higer. Unvorstellbare Datenmengen werden dabei verarbeitet und in immer kürzerer Zeit um die Welt transportiert. Negativer Effekt: Auch der Energieverbrauch der Chips, die dafür n?tige Rechenleistungen vollbringen, w?chst ins Unermessliche. Im Pandemiejahr 2020 haben allein die Rechenzentren in Deutschland 16 Milliarden Kilowattstunden Energie verbraucht, hat das Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit gGmbH ermittelt. ?Das Problem dabei ist, dass Chips mit g?ngigen Halbleiter-Materialien beinahe 50 Prozent der Energie nur für die Bewegung von Informationen mittels Elektronen verbrauchen. Wenn wir einen energiesparen?deren Datentransport als mit Elektronen finden, k?nnte ein Handy-Akku l?nger halten, bis er wieder aufgeladen werden müsste“, beschreibt Dr. Falk Eilenberger, Leiter der Forschungsgruppe ?Photonics in 2D-Materials“ am Institut für Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena, einen Vorteil, den wohl alle Handy-User gern nutzen würden; ganz zu schweigen von den Millionen Kilowattstunden, die in Rechenzentren und Servern eingespart werden k?nnten, über die Cloud-Computing und Videostreaming funktionieren.
Neue Aufgaben für das Werkzeug Licht
Auch deshalb sind die Forschenden um Falk Eilenberger auf der Suche nach Alternativen für die energiefressenden Elektronen. Sie setzen dabei auf Photonen als Medium – auch für den Datentransport – und auf Lichtleiter aus Glas. Allerdings sind einfache Lichtleitfasern dafür nicht geeignet. Sie müssen speziell konstruiert und ?aufgerüstet“ werden, um neue Funktionen übernehmen zu k?nnen. Das Team im Forschungsbereich von Eilenberger, allen voran Doktorand Quyet Ngo, nutzt dafür sogenannte 2D-Materialien – Stof?fe, die nur aus einer Lage von Atomen bestehen.
?Unsere Idee war, mit Hilfe dieser neuen Materialien die Eigenschaften des Lichts zu ver?ndern“, erkl?rt er – zum Beispiel seine Wellenl?nge und damit seine Farbe. ?Normalerweise ?ndert Licht seine Farbe nicht“, erg?nzt Falk Eilenberger. ?Au?er, viel Licht tritt in Wechselwirkung mit besonderen Materialien, etwa bestimmten Kristallen“. Doch jene seien schwer zu handhaben. ?
Für das Jenaer Team sind 2D-Materialien die bessere Alternative. ?Im konkreten Fall haben wir mit einem sehr alten Material experimentiert, mit Molybd?n-Disulfat“, berichtet Quyet Ngo. Dies werde schon lange als Schmiermittel in Motor?len verwendet. In Jena wurde ein Weg gefunden, diesem Material eine neue Hightech-Aufgabe zu übertragen: Licht zu ver?ndern.
Hightech-Material wachsen lassen
Dafür mussten die Forschenden allerdings auch die Lichtleitfasern modifizieren. Dabei griffen sie auf besonders geformte Fasern zurück, die vom Team um Prof. Dr. Markus Schmidt am Jenaer IPHT und Prof. Dr. Heike Heidepriem-Ebendorff an der Universit?t Adelaide entwickelt wurden. ?Diese Fasern sind wie ein hohles ?C“ geformt, wodurch das Licht nicht mittig, sondern mehr an der Oberfl?che geführt wird“, erkl?rt Ngo. Das erleichtere die Reaktion der Lichtteilchen mit dem 2D-Material. Jenes wird in der Jenaer Versuchsanordnung übrigens nicht separat erzeugt und in einem komplizierten Verfahren auf die Glasfaser aufgebracht, sondern w?chst direkt in deren Vertiefung – wie in einer Petrischale. ?
Der Reaktor, in dem das bei etwa 700 Grad Celsius passiert, steht im Institut für Physikalische Chemie der Jenaer Universit?t. ?Hier konnten wir auf die Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Andrey Turchanin zurückgreifen, der die Technologie entwickelt hat, mit der die neuartigen 2D-Materialien effektiv und gro?fl?chig gezüchtet werden k?nnen“, sagt Falk Eilenberger. ?Erst durch die Kombination der speziellen Fasern aus dem IPHT mit dem 2D-Material aus dem Institut für Physikalische Chemie und den technischen L?sungen aus der Arbeitsgruppe vom Kollegen Eilenberger war letztlich das jetzt vorliegende Ergebnis m?glich“, erg?nzt Andrey Turchanin. Au?erdem habe man sich auf Forschungsergebnisse der Universit?ten in Sydney und Adelaide stützen k?nnen. Insgesamt h?tten 15 Leute aus sechs Institutionen an dem Thema zusammen?gearbeitet.
?In den Glasfasern, die eine hauchdünne Schicht Molybd?n-Disulfat tragen, ist es uns gelungen, infrarotes Licht in rotes Licht umzuwandeln. Wir schicken das Licht mit einer Wellenl?nge von 1240 Nanometern durch die Faser und es kommt am Ende mit 620 Nanometern heraus“, erkl?rt Ngo. Damit sind die Jenaer Forschenden die ersten weltweit, denen es gelungen ist, optische Fasern dergestalt zu funktionalisieren, dass sie in Zukunft beispielsweise als nichtlineare Lichtkonverter nutzbar sein k?nnen.
Neues Verfahren soll auch Lasertechnik neue Chancen er?ffnen
Licht derart ver?ndern zu k?nnen, er?ffne beispielsweise in der Lasertechnik neue M?glichkeiten – gerade in Jena, wo Laser ein gro?es Thema seien, ist Falk Eilenberger überzeugt. ?Ich denke, unsere Technologie wird hier im Werkzeugkasten der optischen Fasern noch vielf?ltig Anwendung finden.“ Die Vorteile l?gen auf der Hand: Die Technologie funktioniere bei Raumtemperatur, das Material sei chemisch robust, gut zu verarbeiten und biete interessante Eigenschaften. Denkbar sei, es in mehreren Schichten auf den Fasern wachsen zu lassen oder es weiter zu modifizieren, um mehr Interaktionen mit dem Licht zu erreichen. Quyet Ngo, der die aktuellen Forschungsergebnisse in seiner Doktorarbeit ausführlich beschreiben wird, will künftig die Nutzung des neuen Materials in der Sensortechnik ausloten.
Und was die anfangs erw?hnte Problematik der Energiefresser-Chips angeht, sind Eilenberger und Ngo optimistisch: ?Was auf Glas w?chst, w?chst auch auf Silicium“. Dass demn?chst Photonen statt Elektronen zum digitalen Datentransfer eingesetzt werden k?nnen, ist für sie keine Utopie.
Original-Publikation:
Gia Quyet Ngo et al.: In-fibre second-harmonic generation with embedded two-dimensional materials, Nature Photonics?1 September 2022, DOI: 10.1038/s41566-022-01067-y. URL:?https://www.nature.com/articles/s41566-022-01067-yExterner Link