
- Forschung
Meldung vom: | Verfasser/in: Ute Sch?nfelder
Die Fortpflanzung der Insektenordnung der F?cherflügler ist nichts für schwache Nerven: Um die Eizellen seiner Partnerin zu befruchten, verletzt das F?cherflügler-M?nnchen den ?Hals“ des Weibchens mit seinem hakenf?rmigen Penis und injiziert ihm die Samen direkt ins K?rperinnere. Diese sogenannte traumatische Begattung ist für die Weibchen riskant. So kann die Verletzung zum Verlust von K?rperflüssigkeit führen und eindringende Keime k?nnen Infektionen ausl?sen.
Doch die Weibchen der F?cherflügler-Arten Stylops ovinae und Xenos vesparum haben sich im Laufe der Evolution an das rabiate Vorgehen ihrer Partner morphologisch gut angepasst. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam, das an den Universit?ten Jena, Kiel, Freiburg sowie am Karlsruher Institut für Technologie t?tig ist und das darüber aktuell im Open-Access-Fachmagazin ?PeerJ“ berichtet.
Ein ganzes Leben versteckt im Hinterleib anderer Insekten
F?cherflügler sind weltweit verbreitet. Dass sie trotzdem fast niemand kennt, liegt wahrscheinlich nicht daran, dass sie, wie viele andere Insekten, mit nur wenigen Millimetern eher klein und unscheinbar sind. Entscheidend neben der extremen Kurzlebigkeit der M?nnchen von nur wenigen Stunden ist wohl, dass ?die Weibchen der allermeisten F?cherflügler-Arten ihr ganzes Leben als Parasiten gut versteckt im Hinterleib anderer Insekten verbringen“, erl?utert PD Dr. Hans Pohl von der Universit?t Jena.
So lebt Stylops ovinae in der Weidensandbiene (Andrena vaga) und Xenos vesparum in Feldwespen (Arten der Gattung Polistes). Nur der etwa stecknadelkopfgro?e Vorderleib schaut aus dem Wirt heraus. ?Um sich überhaupt fortpflanzen zu k?nnen, müssen sich die Parasiten also etwas einfallen lassen“, so der Insekten-Experte und Leiter des Autorenteams der vorliegenden Publikation. Da die übliche Begattungsregion am weiblichen Hinterleib für das M?nnchen nicht zug?nglich ist, bleibt nur der vordere K?rperteil des Weibchens, um das Sperma zu injizieren.
Wie das Team nun herausgefunden hat, sind die Weibchen der beiden untersuchten Arten ihren m?nnlichen Artgenossen jedoch nicht schutzlos bei der traumatischen Begattung ausgeliefert. ?Wir konnten zeigen, dass die Au?enhülle der Weibchen von Stylops ovinae und Xenos vesparum an einer bestimmten K?rperstelle zwischen Kopf und Rumpf deutlich verdickt ist. In dieser Region sticht das M?nnchen mit seinem Penis in das Weibchen“, erl?utert Doktorand Kenny Jandausch, der Erstautor der Studie.
Die gesamte Hülle enth?lt viel Resilin, ein Eiwei?molekül, das die Au?enhaut besonders elastisch macht. Da die Haut an der Einstichstelle jedoch dicker ist als an anderen Stellen, ist die Verletzung dort für das F?cherflügler-Weibchen weniger gef?hrlich, da dadurch ein sehr effizienter Wundverschluss erfolgen kann. ?Im Gegensatz zu Xenos vesparum bildet diese Stelle bei Stylops ovinae eine Art Tasche, in die das M?nnchen mit seinem Penis eindringt“, so Jandausch.
Breites Methodenspektrum enthüllt Begattungsmechanismus
Doch wie locken die Weibchen die M?nnchen nun genau an? Zum einen erst einmal ganz klassisch: ?Unbegattete Weibchen senden Duftstoffe aus, die M?nnchen aus der Umgebung anziehen“, sagt Hans Pohl. Das konnten die Insektenforscher direkt in der Jenaer Natur beobachten. Mit einem kleinen K?fig paarungsbereiter F?cherflügler-Damen lockten die Forscher F?cherflügler-M?nnchen an und nahmen sie mit ins heimische Labor. Dort brachten sie M?nnchen und Weibchen in Petrischalen und unter Mikroskop-Beobachtung zusammen
?Hier stellte sich zum einen heraus, dass die Weibchen von Stylops ovinae nicht nur M?nnchen ihrer eigenen Art anlockten, sondern auch M?nnchen von zwei weiteren Stylops-Arten. Zum anderen wurde beobachtet, dass die M?nnchen der beiden anderen Arten trotz heftiger Bemühungen ihren Penis nicht in die Begattungstasche des Weibchens einführen k?nnen“, berichtet Kenny Jandausch. Dank computertomographischer Aufnahmen konnten die Forscher die morphologische Passf?higkeit von Penis und Begattungstasche abbilden und in ein dreidimensionales Computermodell überführen.
?Dabei fanden wir heraus, dass tats?chlich nur artgleiche M?nnchen überhaupt in der Lage sind, sich mit den Weibchen zu paaren“, bilanziert Dr. Pohl. ?Unsere Hypothese ist, dass die Begattungstasche eine pr?zygotische Barriere darstellt, die Paarungen zwischen unterschiedlichen Arten noch vor der Befruchtung verhindert.“ Bislang gingen die Forschenden davon aus, dass die ausgesendeten Duftstoffe der weiblichen F?cherflügler nur M?nnchen derselben Art anlocken.
Eine schlechte Nachricht gibt es für die F?cherflügler-Weibchen am Ende aber doch: Nachdem das Sperma die tausenden Eizellen in ihrem K?rper befruchtet hat, entwickeln sich ebenso viele winzige Larven, die wenige Wochen sp?ter lebend zur Welt kommen – ein Ereignis, das die Mutter selbst nicht überlebt.
Doktorand Kenny Jandausch mit einem Versuchsaufbau für F?cherflügler.
Foto: Jürgen Scheere (Universit?t Jena)Original-Publikation:
Jandausch K. et al.: Have female twisted-wing parasites (Insecta: Strepsiptera) evolved tolerance traits as response to traumatic penetration? PeerJ?10:e13655, DOI: 10.7717/peerj.13655