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Meldung vom: | Verfasser/in: Sebastian Hollstein
Metabolite sind Moleküle, die als Zwischen- oder Endprodukte beim Stoffwechsel eines Organismus entstehen. Besonders in Pilzen und Pflanzen zeichnen sie sich durch eine enorme strukturelle Vielfalt aus, was ein erhebliches Potenzial für die Entdeckung neuer Wirkstoffe bietet. Die Suche nach geeigneten Wirkstoffen unter tausenden Metaboliten einer einzelnen Spezies kann jedoch viele Jahre dauern. Um diesen Prozess zu beschleunigen, entwickelt Prof. Dr. Sebastian B?cker von der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena Methoden der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens, um vorherzusagen, ob ein unbekanntes kleines Molekül bioaktive Eigenschaften aufweist. Das Forschungsvorhaben ?BindingShadows“ wird vom Europ?ischen Forschungsrat (European Research Council) mit einem ?ERC Advanced Grant“ gef?rdert. Der Jenaer Bioinformatiker erh?lt für die kommenden fünf Jahre rund drei Millionen Euro, von denen 500.000 Euro für neue Rechentechnik vorgesehen sind.
?Ich gratuliere Professor Sebastian B?cker sehr herzlich zur Auszeichnung mit einem ERC Advanced Grant“, sagt Prof. Dr. Thomas Pertsch, Vizepr?sident für Forschung und Innovation der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena. ?Dieser bedeutende Erfolg steht exemplarisch für die wissenschaftliche Exzellenz der Universit?t Jena. Er zeigt, wie international sichtbare Spitzenforschung in der Bioinformatik dazu beitragen kann, mit Hilfe Künstlicher Intelligenz neue bioaktive Moleküle zu identifizieren – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu zukünftigen Wirkstoffen.“
Um in einer Probe enthaltene Metabolite zu identifizieren, werden sie meist mittels Massenspektrometrie analysiert. Tandem-Massenspektrometrie fragmentiert ein Molekül in seine Bestandteile, aus deren Massen sich dann Informationen zur Molekülstruktur ableiten lassen. Durch Vergleichsspektren lassen sich so einzelne Moleküle strukturell aufkl?ren. ?Mit unserer neuen Methode zielen wir allerdings gar nicht darauf ab, die Metabolite eindeutig zu identifizieren. Viele der Strukturen sind der Menschheit noch v?llig unbekannt“, erkl?rt Sebastian B?cker. ?Uns interessiert, ob sie Bioaktivit?t aufweisen und beispielsweise Bakterien oder Pilze t?ten oder vielleicht sogar Krebszellen bek?mpfen k?nnen. Wir filtern also Strukturen heraus, bei denen es sich lohnt, sie genauer unter die Lupe zu nehmen.“?
Neue Darstellungsform von Molekülstrukturen
Das Team von Prof. B?cker wird dazu auch Spektren einer neuentwickelten Fragmentierungsmethode analysieren, um mehr Information über das Molekül zu erhalten. ?Zun?chst wollen wir aber eine neue Repr?sentation – also eine neue Darstellungsform – von Molekülstrukturen finden, die mehr Informationen enth?lt und die für Machine-Learning-Modelle verst?ndlich ist“, erkl?rt der Bioinformatiker der Universit?t Jena. ?Das kombinieren wir mit dem molekularen Fingerabdruck, den wir mit Hilfe der von uns vor zehn Jahren entwickelten Molekül-Suchmaschine CSI:FingerID vorhersagen.“ All diese Informationen erm?glichen schlie?lich eine Vorhersage verschiedener Bioaktivit?ten. Das geschieht im Prinzip ?hnlich zur Vorhersage von Stoffklassen von kleinen Molekülen; die resultierende Methode CANOPUS konnten Sebastian B?cker und sein Team 2021 im renommierten Fachjournal ?Nature Biotechnology“ publizieren.
Neue Wirkstoffe und neue zellul?re Ziele
Zum einen will das Team der Universit?t Jena mit der neuen KI-basierten Methode existierende Spektren-Datenbanken kleiner Moleküle durchsuchen, vielversprechende Metabolite entdecken und für weitere Analysen empfehlen. Hier schlummern die Daten von tausenden unentdeckter kleiner Moleküle und warten auf ihre Analyse. Zum anderen wollen die Jenaer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das neue Werkzeug auf der eigenen, bereits etablierten SIRIUS-Plattform zur Verfügung stellen, so dass Nutzerinnen und Nutzer weltweit Informationen zu Bioaktivit?ten schnell und unkompliziert aus ihren Spektren ableiten k?nnen. SIRIUS und verwandte Methoden werden von tausenden Forscherinnen und Forschern weltweit genutzt, und die Server der Gruppe haben bereits mehr als eine Milliarde Anfragen zur Annotation kleiner Moleküle bearbeitet. ?Die Suche nach neuen Wirkstoffen kann so enorm erweitert und beschleunigt werden“, sagt Sebastian B?cker. ?Prozesse, die im Labor Monate in Anspruch nehmen, lassen sich auf wenige Minuten reduzieren. Unsere Methoden werden dabei helfen, sehr viele interessante, bisher unbekannte Moleküle zu entdecken – und mit etwas Glück sind ein oder mehrere Medikamente der Zukunft mit dabei.“?
ERC Advanced Grants
Der ERC Advanced Grant stellt die h?chstdotierte europ?ische Forschungsf?rderung für Einzelpersonen und zugleich die wichtigste europ?ische Auszeichnung für herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dar. Vergeben wird der ERC Advanced Grant an etablierte, aktive Forschende mit einer herausragenden wissenschaftlichen Leistungsbilanz. Bei der Begutachtung ihrer Leistung sind die zehn Jahre vor der Antragstellung ma?geblich.?