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Meldung vom: | Verfasser/in: Lavinia Meier-Ewert
Multimodales nichtlineares Bild des gleichen Gewebeschnitts wie oben. In diesem Bild wurden drei spezielle Techniken kombiniert – Coherent anti-Stokes Raman scattering/CARS (rot), Two-photon excited fluorescence microscopy/TPEF (grün) und Second harmonic generation microscopy/SHG (blau) – um eine detaillierte Analyse des Gewebes zu erm?glichen. Diese Kombination erlaubt es, sowohl die Struktur als auch die chemischen Eigenschaften der Probe sichtbar zu machen.
Foto: UKJKrebsoperationen k?nnten durch eine neue Technologie aus Jena zukünftig sicherer werden: Ein interdisziplin?res Forschungsteam hat ein neuartiges Endoskop entwickelt, das Tumorgewebe pr?zise erkennen und gezielt entfernen kann – in Echtzeit w?hrend der Operation. Die Verbindung modernster Laser- und Bildgebungsverfahren mit künstlicher Intelligenz er?ffnet neue M?glichkeiten, die Belastung für Patientinnen und Patienten zu reduzieren. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden im Dezember 2024 in der Fachzeitschrift "Science Advances" ver?ffentlicht.
Die vollst?ndige Entfernung eines Tumors, ohne gesundes Gewebe zu besch?digen, ist eine der gr??ten Herausforderungen in der Krebschirurgie. Bisherige Methoden wie Gewebeentnahmen w?hrend der Operation liefern erst nachtr?glich Klarheit über den Behandlungserfolg. An der der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena, dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT), dem Universit?tsklinikum Jena (UKJ) und der Jenaer Firma Grintech hat ein Team eine L?sung entwickelt: Ein Endoskop, das mit Licht und künstlicher Intelligenz arbeitet, erkennt Tumorgrenzen pr?zise – ohne den Einsatz von Farbstoffen.
?Unsere Technologie kombiniert unterschiedliche optische Bildgebungsmethoden im Rahmen eines multimodalen Ansatzes, um die chemischen und strukturellen Eigenschaften von Gewebe in Echtzeit zu analysieren“, erkl?rt Prof. Dr. Jürgen Popp, Direktor des Instituts für Physikalische Chemie der Universit?t Jena und wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-IPHT, der mit seinem Team seit über einem Jahrzehnt an der Technologie forscht. ?Das erm?glicht es, Tumorgrenzen mit hoher Pr?zision zu identifizieren.“ Die Bildauswertung erfolgt durch Künstliche Intelligenz, die relevante Informationen blitzschnell aufbereitet und den Operierenden zur Verfügung stellt. ?Damit k?nnen Chirurginnen und Chirurgen noch w?hrend des Eingriffs fundierte Entscheidungen treffen“, erg?nzt Matteo Calvarese, Erstautor der Studie und Doktorand am Leibniz-IPHT.
Kombination aus Diagnose und Therapie
Das Besondere an der neuen Technologie: Diagnose und Therapie werden in einem Ger?t vereint. Ein integrierter Femtosekundenlaser tr?gt krankes Gewebe pr?zise ab, ohne umliegendes, gesundes Gewebe zu sch?digen. ?Das Prinzip ?erkennen und behandeln‘ ist ein gro?er Fortschritt, weil es Operationen sicherer macht und die Heilungschancen verbessert“, betont Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde am Universit?tsklinikum Jena und Mitautor der Studie. ?Für uns als Chirurgen bedeutet das, Tumore effektiver entfernen und gleichzeitig gesundes Gewebe besser schonen zu k?nnen. Damit k?nnte die Zahl von Folgeoperationen und die Belastung für die Patientinnen und Patienten erheblich reduziert werden.“
In pr?klinischen Tests mit Gewebeproben von 15 Patientinnen und Patienten wurde dieses Prinzip bereits erfolgreich erprobt. Die Technologie erzielte eine Erkennungsgenauigkeit von 96 Prozent und konnte Tumorgewebe mit einer bisher unerreichten Pr?zision entfernen.
Optische Pr?zisionstechnik aus Jena
Ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung der Technologie stammt von der Jenaer Firma Grintech, die hochpr?zise miniaturisierte optische Komponenten für das Endomikroskop entwickelte und diese zu einem gesamten Applikatorsystem montierte. Dieses erm?glicht die detaillierte Darstellung von Gewebestrukturen und deren chemischer Zusammensetzung mit gleicher Qualit?t wie gro?e Labormikroskope. ?Unsere Optiksysteme liefern die Genauigkeit, die für die erfolgreiche Anwendung dieser Technologie für endoskopische Untersuchungen unverzichtbar ist“, erkl?rt Dr. Bernhard Messerschmidt, Gesch?ftsführer von Grintech. ?Der enge Austausch zwischen Industrie, Klinik und Forschung hier in Jena hat diese Innovation erst m?glich gemacht.“
Von der Forschung in die Klinik
Die Entwicklung der Technologie ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gef?rderten Projekts TheraOptik. Aktuell befindet sich die Technologie in der pr?klinischen Testphase. Der n?chste Schritt ist eine klinische Studie mit einer gr??eren Patientengruppe. ?Unser Ziel ist es, dass dieses lichtbasierte Verfahren in einigen Jahren standardm??ig in der Krebschirurgie eingesetzt werden kann“, sagt Prof. Popp. Langfristig k?nnte die Technologie auch in anderen Bereichen wie der Dermatologie oder Neurochirurgie zum Einsatz kommen.
Original-Publikation:
Matteo Calvarese et al: Endomicroscopic AI-Guided Morphochemical Imaging and fs Laser Ablation for Selective Tumor Identification and Selective Tissue Removal. Sci. Adv. 10, eado9721 (2024). DOI: 10.1126/sciadv.ado9721Externer Link
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