Neuberufene 2020
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Alexander Breuer
Denomination: Skalierbare daten- und rechenintensive Analysen
zuvor: Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (Kaiserslautern)
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Sina Coldewey
Sina Coldewey
Foto: Michael Szabó/UKJ?Das breite interdisziplin?re Spektrum macht den Reiz des Faches An?sthesiologie aus, das ich auch wissenschaftlich voranbringen m?chte“, sagt Prof. Dr. Dr. Sina Coldewey. Seit September hat die An?sthesistin, Intensivmedizinerin und Not?rztin die Professur für Klinische An?sthesiologie und Translationale Intensivmedizin am Universit?tsklinikum Jena (UKJ) inne. Als eine in ihrem Fachgebiet bestens ausgewiesene Wissenschaftlerin arbeitet sie bereits viele Jahre erfolgreich.
Sina Coldewey absolvierte ihr Studium und ihre klinische Ausbildung, begleitet von mehreren Auslandsaufenthalten, an der Medizinischen Hochschule Hannover, wo sie mit Auszeichnung in der Medizin promoviert wurde. Anschlie?end forschte sie mehrere Jahre an der Queen Mary University of London und erwarb hier den Doctor of Philosophy. Seit 2014 arbeitete sie zun?chst als Ober?rztin, seit 2017 als leitende Ober?rztin in der Klinik für An?sthesiologie und Intensivmedizin des UKJ und warb 2016 als Projektleiterin die Nachwuchsforschungsgruppe Translational Septomics am Jenaer Zentrum für Innovationskompetenz (ZIK) Septomics ein.
Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen Beeintr?chtigungen der Organfunktionen bei schweren Infektionserkrankungen wie Sepsis oder dem h?molytisch-ur?mischen Syndrom. Durch die k?rpereigene Abwehrreaktion gegen eine Infektion oder durch Bakteriengifte werden die Organe gesch?digt – bis hin zum Organversagen. Prof. Coldewey erforscht die molekularen Mechanismen dieser Organfunktionsst?rungen und ihre Bedeutung für die Langzeitprognose der Patienten. ?Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die unmittelbare Verbindung intensivmedizinischer klinischer Studien und experimenteller Untersuchungen im Labor“, betont sie.
Mit ihrer mittlerweile etwa 25-k?pfigen Nachwuchsforschungsgruppe am ZIK Septomics untersucht sie in einer umfangreichen klinischen Studie den akuten Verlauf und die Langzeitfolgen der Sepsis, insbesondere hinsichtlich der Herzfunktion. Hierbei werden die Patienten in der akuten Krankheitsphase bis ein Jahr nach ihrer Entlassung von der Intensivstation begleitet. Parallel hierzu arbeitet die Forschungsgruppe im Labor mit Modellsystemen für schwere Infektionserkrankungen, um die Organfunktionen bzw. die Funktionsst?rungen auf molekularer Ebene umfassend zu charakterisieren. Gleich zwei multizentrische Projekte will Prof. Coldewey zur Erforschung der COVID-19-Sepsis starten: Eine Therapiestudie, in der die Wirksamkeit und Sicherheit eines entzündungshemmenden Antik?rpers evaluiert werden soll, sowie eine Studie, in der die Rolle kardiologischer Ereignisse als Prognosefaktoren im Fokus steht.
Als Mitglied des Zentrums für Sepsis und Sepsisfolgen CSCC am UKJ und des ZIK SeptomicsExterner Link ist Sina Coldewey bestens in den Sepsis- und Infektionsschwerpunkt in Jena eingebunden - sowohl in Forschungsprojekte als auch in die Vorstandsarbeit. ?Wir freuen uns, dass sich Sina Coldewey trotz einer attraktiven Alternative für die Professur in Jena entschieden hat. Sie wird das wissenschaftliche Profil des Universit?tsklinikums weiter st?rken“, ist sich Prof. Dr. Michael Bauer, Sprecher des CSCC und Direktor der Klinik für An?sthesiologie und Intensivmedizin am UKJExterner Link, sicher. ?Als An?sthesistin mit langj?hriger Leitungserfahrung st?rkt sie zudem die neue Leitungsstruktur unserer Klinik, mit der wir noch besser für die stetig wachsenden Anforderungen in der Universit?tsmedizin gerüstet sind.“
In der Klinik übernimmt Prof. Coldewey die Leitung der Sektion An?sthesiologie, die über 50 ?rztinnen und ?rzte z?hlt. Damit verantwortet sie die gesamte an?sthesiologische Versorgung im UKJ, unter anderem in den 24 Operationss?len, in denen j?hrlich über 22.000 Narkosen durchgeführt und überwacht werden. Die Begeisterung für ihr facettenreiches Fachgebiet und die universit?re Medizin m?chte Sina Coldewey auch an den ?rztlichen Nachwuchs weitergeben – deshalb engagiert sie sich als Mentorin in der forschungsorientierten Linie des Jenaer Medizinstudiums, betreut zahlreiche Promovierende und Masterstudierende und organisiert Facharztweiterbildungen. Prof. Coldewey: ?Es ist eines meiner zentralen Anliegen, die Bedeutung von Forschungsergebnissen für die Klinik bereits im Studium praxisnah zu vermitteln und frühzeitig an wissenschaftliches Arbeiten heranzuführen. Für eine Vielzahl von Krankheiten werden wir nur mittels enger interdisziplin?rer Zusammenarbeit zwischen ?rzten und Naturwissenschaftlern eine Weiterentwicklung und Verbesserung von Pr?vention, Diagnose und Therapie erzielen k?nnen.“
(vdG)
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Lukas Eibensteiner
Lukas Eibensteiner
Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)Wer mehrere Fremdsprachen erlernt hat, kennt das Ph?nomen: In Grammatik und Wortschatz finden sich zahlreiche Parallelen zwischen den Sprachen. Schülerinnen und Schüler werfen dabei vielleicht das eine oder andere durcheinander; dennoch sind diese Parallelen wichtig, da sie in den meisten F?llen den Fremdsprachenerwerb erleichtern.
Dieser Wissenstransfer, also die Aktivierung des Vorwissens aus einer Sprache und dessen Transfer in eine neue Sprache, ist ein wichtiger Bestandteil der Mehrsprachigkeitsdidaktik. Der Juniorprofessor mit Tenure Track Dr. Lukas Eibensteiner hat dieses Gebiet zu seinem Forschungsschwerpunkt gemacht und erachtet es zugleich als seine Leidenschaft. Den Ruf an das Institut für Romanistik der Universit?t Jena nahm der gebürtige Linzer mit Freude an. ?Ich wusste, dass Professor Marcus Reinfried in Jena t?tig war. Er ist einer der gro?en Namen im Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik. Und hinzu kommt, dass die Universit?t Jena eine lange, bedeutende Geschichte hat und internationales Ansehen genie?t.“ Für ihn Gründe genug, seine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universit?t Mannheim zu verlassen und nach Jena zu ziehen, um dort zu lehren und zu forschen.
Bereits in der Schule und w?hrend seines Lehramtsstudiums in Wien für die F?cher Spanisch, Psychologie und Philosophie fielen Eibensteiner die Parallelen zwischen den von ihm gelernten Sprachen auf. Dies weckte sein Interesse an der Didaktik der Mehrsprachigkeit. Die für seine Forschung wohl wichtigste Parallele ist der sogenannte Aspekt. ?Aspekte erm?glichen es, eine Situation aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten“, erkl?rt Lukas Eibensteiner. ?Man kann etwas als abgeschlossen oder eben als nicht abgeschlossen betrachten.“ Genau wie im Englischen. Dort wird beispielsweise unterschieden zwischen Simple Past (?I sang a song“) und dem Past Progressive (?I was singing a song“). Diese ?hnlichkeiten hinsichtlich des Aspekts machte er zum Thema seiner Promotion an der Universit?t Mannheim. Es galt herauszufinden, wie hilfreich diese für das Erlernen einer neuen Sprache sind. Seine Untersuchungen ergaben: Haben Schülerinnen und Schüler bereits Vorkenntnisse in einer Fremdsprache, f?llt ihnen das Erlernen einer neuen Sprache leichter. Sie ziehen Parallelen und wenden ihr Vorwissen auf die neue Sprache an. Für die Zukunft plant Lukas Eibensteiner eine Eye-Tracking-Studie, um derartige Transfer-Ph?nomene noch genauer zu untersuchen. Darüber hinaus interessiert er sich für die Frage, wie man diese Transferleistungen nutzen kann, um die Herkunftssprachen der Lernenden in den Fremdsprachenunterricht zu integrieren. ?Man muss bedenken, dass die Schülerschaft immer heterogener wird, immer mehr haben einen Migrationshintergrund. Daher stelle ich mir beispielsweise die Frage, wie man etwaige sprachliche ?hnlichkeiten zwischen dem Türkischen und dem Franz?sischen gewinnbringend einsetzen kann.“
Wie k?nnen Lernende dabei unterstützt werden, ihre Vorkenntnisse zu transferieren? Wie k?nnen Lehrende diesen Transfer aktivieren? Diese Fragen besch?ftigen den ?sterreicher weiterhin. ?Im Unterricht sollten Sprachvergleiche aktiv gef?rdert werden“, sagt er. ?Negativ-Vergleiche fallen uns sofort auf; positive Parallelen nehmen wir oft nicht bewusst wahr, obwohl sie in der Zahl überwiegen. Deshalb ist es umso wichtiger, diese aktiv zu f?rdern und das ist unter anderem Aufgabe der Lehrenden.“ Lukas Eibensteiner m?chte daher seinen Studierenden nahelegen, Mehrsprachigkeit in die Unterrichtsgestaltung zu integrieren und gibt ihnen dafür Ideen und M?glichkeiten an die Hand. Diese Ausrichtung will er nun für das Studium in Jena durchsetzen und verst?rkt Mehrsprachigkeit in die fachdidaktische Ausbildung integrieren. Dazu arbeitet er u.?a. gerade daran, einen Online-Aufgabenpool zu erstellen, der allen Studierenden zug?nglich gemacht werden soll. Im internationalen Verbundprojekt ?Mehrsprachigkeit und zielsprachliche Kompetenz“ mit den Universit?ten Mannheim, Saarbrücken und Salzburg m?chte Lukas Eibensteiner au?erdem empirisch überprüfen, inwiefern sich der Einsatz solcher Aufgaben im Fremdsprachenunterricht auf die zielsprachliche Kompetenz auswirkt.
Mehrsprachigkeit beschr?nkt sich für Eibensteiner aber nicht nur auf die Schulfremdsprachen. Teile seines Studiums verbrachte er in Alicante in Spanien, w?hrend seiner Promotion an der Universit?t Mannheim lebte er zeitweise im franz?sischen Stra?burg. Dabei begegnete er Klein- bzw. Minderheitensprachen, z. B. dem Katalanischen oder dem Els?ssischen. Auch solchen Kleinsprachen will Eibensteiner Raum im Fremdsprachenunterricht geben, beispielsweise durch Stadtspazierg?nge (Stichwort ?Linguistic Landscaping“), bei denen im Rahmen von schulischen oder universit?ren Auslandsaufenthalten die Mehrsprachigkeit einer Stadt fotografisch dokumentiert und anschlie?end im Unterricht analysiert wird.
(Busse)
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Christian Franke
Christian Franke
Foto: privatNanometer-genaue Einblicke in lebende Zellen versprechen Fortschritte in der biologischen und medizinischen Forschung. Das passende Handwerkszeug dafür liefert die Single-Molecule Localization Microscopy oder einfach Lokalisationsmikroskopie. Es ist das Arbeitsfeld von Dr. Christian Franke, der seit kurzem als Tenure-Track-Professor am Institut für Angewandte Optik und Biophysik der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena forscht.
?Im Austausch mit Forschenden aus Medizin und Biologie entwickeln wir Methoden, um deren Fragen besser beantworten zu k?nnen“, sagt Christian Franke. Es gehe also um Grundlagenforschung mit konkreten Bezügen zur Praxis. Eines der Anwendungsfelder sei die Endozytose, der Stofftransport hinein in Zellen. Interessant sei etwa, wie viele Moleküle in einer bestimmten Zeit eine Zellmembran durchqueren und wo diese in der Zelle landen: ?Mit Hilfe unserer Mikroskope k?nnen wir das quantitativ auf der Nanoebene und in Echtzeit beobachten“, sagt Christian Franke. Ausgehend vom Motto ?Struktur bedingt Funktion – Funktion bedarf Struktur“ k?nnten so Lehrmeinungen aus der Makroebene durch Einsichten in die Nanoebene der Zellen überprüft und manchmal neu geschrieben werden. Die ersten Ans?tze zur Hochaufl?sung wurden vor gut 15 Jahren entwickelt, inzwischen gab es sogar 2014 den Nobelpreis für Chemie für diese neue Technologie. Die Grenzen der Nanoskopie nun weiter zu stecken und quantitative Ans?tze zur Datenanalyse zu entwickeln, sind die Ziele der neuen Arbeitsgruppe.
Christian Franke wurde in Halberstadt geboren. Zum Physik-Studium ging er nach Würzburg. Eigentlich hatte er Medizin studieren wollen, h?tte jedoch auf einen Studienplatz warten müssen. Also w?hlte er lieber Physik, mit dem Abschluss als Diplom-Physiker. ?Gegen Ende meines Studiums belegte ich das Nebenfach Biophysik“, sagt Christian Franke. Sein damaliger Professor Markus Sauer ist einer der Pioniere der Hochaufl?sungsmikroskopie. Für Christian Franke er?ffnete sich ein neues, spannendes wissenschaftliches Feld, das er nun an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena weiter bearbeiten m?chte. Markus Sauer wurde zudem Christian Frankes Doktorvater in Würzburg. Seine 2017 mit ?summa cum laude“ bewertete Arbeit trug den Titel ?Advancing Single-Molecule Localization Microscopy: Quantitative Analyses and Photometric Three-Dimensional Imaging“.
?Jena hat ein unwahrscheinlich gro?es wissenschaftliches Potenzial; allein die Fülle von wissenschaftlichen Instituten ist enorm und er?ffnet tolle M?glichkeiten zu kooperativen Projekten“, sagt Christian Franke. Bevor er den Ruf an die Saale annahm, ging der 34-J?hrige ans Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik nach Dresden. Dort war es vor allem die angewandte Forschung, die Analyse von Struktur und Form, mit der sich Christian Franke besch?ftigte. ?Mit den gesammelten Erfahrungen in der Anwendung m?chte ich jetzt helfen, die Methoden weiterzuentwickeln“, sagt Franke. Die Expertise der Fachkolleginnen und -kollegen an der Universit?t und den au?eruniversit?ren Instituten biete dazu die besten Voraussetzungen.
In seiner Freizeit geht Christian Franke gern wandern, er ist passionierter Schachspieler und er malt expressionistische Bilder.
(Laudien)
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Agnes J?ger
Agnes J?ger
Foto: Valéry KloubertAllzu schnell heben wir den Zeigefinger, wenn jemand einen Satz mit ?Das ist gr??er wie ...“ beginnt. Doch Vorsicht: W?hrend in der Standardsprache ?gr??er als“ die korrekte Form ist, hei?t es im Dialekt durchaus korrekt ?gr??er wie“. Die Sprache ist im stetigen Wandel und manche Formen, die uns befremdlich erscheinen, gingen unseren Gro?eltern v?llig gel?ufig über die Lippen. Umgekehrt benutzen wir Begriffe, die Oma und Opa mit Kopfschütteln quittieren.
Wortstellung im Satz, Bildung von Wortformen und Wandel in der Sprache, das sind Arbeits?felder, die Prof. Dr. Agnes J?ger von der Universit?t Jena beackert. Mit Neugier und Begeis?terung, das wird im Gespr?ch rasch klar. ?Ich habe mich schon früh für die Gesetzm??ig?keiten und Grenzen der Sprache interessiert“, sagt Agnes J?ger. Raum für erste Studien boten die vier Sprachen, die die gebürtige Hallenserin in einer Sprachspezialklasse der Francke-Schule erlernte: Englisch, Franz?sisch, Russisch und Latein. Folgerichtig nahm sie ein Studium der Germanistischen Sprachwissenschaft, Philosophie und Volkskunde auf, zun?chst an der Universit?t G?ttingen. Im Anschluss an einen Studienaufenthalt an der University of Wales Lampeter empfahlen ihr die G?ttinger Dozenten, doch nach Jena zu wechseln, der hervorragenden Grammatiker wegen. In Jena legte Agnes J?ger ihre Dissertation vor: ?History of negation in German“, bewertet mit ?summa cum laude“.
Gegenstand der Doktorarbeit war die Entwicklung der Verneinung im Deutschen, von den ersten Zeugnissen im Althochdeutschen an bis zu heute gebr?uchlichen Formen. Die sprach?geschichtlichen Untersuchungen sind dabei immer Reisen in die Dialektvergangenheit: Eine Standardsprache entwickelte sich im Deutschen erst im 19. Jahrhundert.
Mit Dialektforschung besch?ftigte Prof. J?ger sich auch an der Universit?t Frankfurt/M., wo sie am Projekt ?Syntax Hessischer Dialekte“ mitwirkte. Dabei sei es den Forschern gelungen, relativ viele gute Dialektsprecher ausfindig zu machen. In der Mehrzahl ?ltere Menschen, die eher immobil leben. ?Die Vermutung, dass die Dialekte aussterben, kann ich nicht best?tigen“, sagt J?ger. Zwar seien reine Dialekte tats?chlich unter Druck, weil es eine gute Schulbildung gibt, weil die Medien die Standardsprache verbreiten und die Menschen sehr mobil sind, gleich?zeitig jedoch b?ten etwa die neuen Medien viele Chancen, Dialekte zu bewahren.
Von 2018 bis 2020 war Agnes J?ger als Professorin für Sprachgeschichte in K?ln t?tig. Nunmehr an die Friedrich-Schiller-Universit?t in Jena berufen, m?chte Agnes J?ger spezielle Aspekte der thüringischen Mundart erforschen. In der gut 100-j?hrigen Forschungsge?schich?te zum Thüringischen sei bisher vor allem der Wortschatz hervorragend dokumentiert wor?den, sagt sie. Doch im Archiv des Thüringer W?rterbuchs liege noch ein weiterer Schatz, den es zu heben gilt: ?Da gibt es tausende Frageb?gen, die seit den 1930er Jahren erhoben wur?den, mit W?rtern und ganzen S?tzen.“ Jede Menge Material, um Entwicklungen der Gram?matik untersuchen zu k?nnen.
Ein weiteres Füllhorn an Sprachbeobachtungen ergibt sich für Agnes J?ger im Privaten. Als Mutter von drei Kindern erlebt die 44-J?hrige deren sprachliche Entwicklung hautnah mit. ?Kinder und Zweitsprachlerner machen die immer gleichen Fehler“, sagt Agnes J?ger. Zu?gleich zeige sich bei ihnen, wie sich die über 1000-j?hrige Sprachgeschichte des Deutschen fortsetzt. Dabei h?tten Kinder ihre ganz eigene Kreativit?t, sie seien keineswegs ?Papageien“, die durch st?ndiges Nachplappern lernen. Sch?pfungen wie ?eine Sü?igkeite“ zeigten bei?spielsweise, dass das Wort durchaus richtig als feminines Nomen erkannt wurde. Bei diesen geht das -en des Plurals typischerweise mit einem -e im Singular einher, wie bei ?die Kisten“ – ?die Kiste“. Das führt hier zur Neubildung einer (noch) falschen, aber den Regeln des Deut?schen grunds?tzlich gem??en Singularform. Dabei gilt: ?Die Fehler von heute sind oft der Standard von morgen!“ Ein Beispiel aus der Sprachgeschichte: Der früher gültige Singular ?der Schneck“ wandelte sich zu ?die Schnecke“, hingegen blieb es im Plural bei ?die Schnecken“.
In ihrer Freizeit singt Agnes J?ger gern. W?hrend des Studiums und ihrer Mitarbeiterzeit in Jena war sie in der Kantorei St. Michael und bei den ?Jena Jubilee Singers“, sp?ter in Frank?furt am Main und in Brühl bei K?ln sang sie ebenfalls in den dortigen Kantoreien mit. In K?ln entstand 2017 ihre Habilitationsschrift mit dem Titel ?Vergleichskonstruktionen im Deut?schen. Diachroner Wandel und synchrone Variation“. Einfach gesagt: Es geht um die Frage nach dem ?Wie“ und ?Als“ im Wandel der Zeiten und in unterschiedlichen Dialekten.
(Laudien)
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Andreas Jungherr
Andreas Jungherr
Foto: Universit?t KonstanzWas w?re der 45. Pr?sident der Vereinigten Staaten von Amerika ohne Twitter? H?tte Donald Trump ohne sein ?Zwitschern“ auch nur halb soviel Aufmerksamkeit erzeugt? Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Jungherr erforscht, wel?chen Einfluss die neuen sozialen Medien auf politische Entscheidungen haben, wie sich Twitter, Facebook & Co. auf den ?ffentlichen Diskurs auswirken. Der 39-j?hrige Wissen?schaftler ist jüngst an die Friedrich-Schiller-Universit?t Jena berufen worden, wo er Kom?mu?nikationswissenschaft mit Schwerpunkt Digitalisierung und ?ffentlichkeit lehrt.
?Etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit den sozialen Medien t?te uns gut“, sagt An?dreas Jungherr. Es sei eben nicht der Fall, dass soziale Medien die Gr?ben in einer Gesell?schaft hervorrufen, sie machten sie nur deutlicher sichtbar. Die USA seien dafür ein gutes Beispiel: ?Die republikanische Partei rückt schon seit Jahren politisch nach rechts und sie nimmt ihre Anh?nger mit in diese Richtung“, sagt Andreas Jungherr. Die zunehmend extre?mer werdenden Positionen würden durch die neuen Medien besonders gut abgebildet. Das passiere im Zusammenspiel mit den etablierten Medien, die eben gerade die schrillen Positionen aufgreifen und weiterverbreiten. In Deutschland beherrsche dieses Spiel mit ?Er?regungswellen“ die AfD besonders gut. Im internationalen Vergleich zeige sich, dass gerade oppositionelle Gruppen von den neuen Medien profitieren, allein schon deshalb, weil ihnen der Zugang zu den etablierten Medien oft verwehrt bleibt.?
Vergessen werden dürfe zudem nicht, dass Medien kommerzielle Unternehmen sind: ?Die sozialen Medien dienen handfesten ?konomischen Interessen“, betont Prof. Jungherr. Um so wertvoller sei die Berichterstattung durch den ?ffentlich-rechtlichen Rundfunk einzu?sch?tzen, trotz aller Diskussionen über das Vorabendprogramm. ?ber das Spannungsfeld zwischen Politik und sozialen Medien hat Andreas Jungherr gemeinsam mit Gonzalo Ri?vero und Daniel Gayo-Avello ein Buch geschrieben: ?Retooling Politics: How Digital Media are Shaping Democracy“, das 2020 bei Cambridge University Press erschienen ist.
Zwei andere Bücher waren es, die für das Wissenschaftsverst?ndnis von Andreas Jungherr pr?gend waren: ?Pattern Recognition“ von William Gibson und Neal Stephensons ?Baroque Cycle“. Beide Romane h?tten seine Freude am wissenschaftlichen Arbeiten bef?rdert, sagt er. All zu oft werde der Eindruck geweckt, Wissenschaftler seien die Gralshüter von Wahrheit. ?Ich sehe die Forschung eher als fortw?hrende Suche. Das bedeutet auch, dass man Fehler macht. Wichtig ist nur, dass man Ergebnisse und Verfahren offen der Kritik stellt“, so Jung?herr. Schon deshalb, weil die vermeintlichen Wahrheiten von heute den ?berprüfungen von morgen oft nicht standhielten.
In Jena m?chte Andreas Jungherr den Strukturwandel untersuchen, der mit dem Aufkommen der neuen Medien einhergeht. Lange sei dieser Wandel in Deutschland ignoriert worden, nun gebe es einen Crashkurs darin, was alles m?glich ist. Eine der offenen Fragen sei, ob und wie die neuen Medien st?rker reguliert werden sollten oder ob sich ein neuer, offenerer Umgang mit sozialen und politischen Konflikten etablieren wird.
Andreas Jungherr wuchs in der N?he von Frankfurt/M. auf und studierte in Mainz Neuere Ge?schichte, Politikwissenschaften und Amerikanistik. Sein Interesse an Kommunikationswis?sen?schaft wurde bereits im Studium geweckt, als der Microblogging-Dienst Twitter noch neu war. Seine Promotion entstand in Bamberg und hatte bereits Twitter zum Thema: ?The Use of Twitter in the Analysis of Political Phenomena: A Framework Based on Twitter Messages on the German Federal Election 2009“. Vor seiner Berufung nach Jena lehrte Andreas Jungherr als Juniorprofessor an der Universit?t Konstanz.
(Laudien)
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Tobias Koch
Tobias Koch
Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)"Welche Schlüsse lassen sich aus den unterschiedlichsten Datenquellen ziehen, etwa Frageb?gen, Eigen- und Fremdberichten? Wie lassen sich die relevanten Informationen mit einem Statistik-Werkzeug bündeln, um valide Aussagen zu erhalten? Es sind Fragen wie diese, die Dr. Tobias Koch zu beantworten sucht. Der 37-J?hrige ist neuer Professor für Psychologische Methodenlehre an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena.
?Bei der Entwicklung neuer Methoden geht es immer um die Frage, was sich sinnvoll aus einer Anzahl von Daten herauslesen l?sst“, sagt Prof. Koch. Gleichzeitig müsse aufgezeigt werden, welche Fallstricke es gibt: Wo liegen die m?glichen Fehler? Welche Grenzen limitieren die getroffenen Aussagen? Weil sich die Art der Erhebung von Daten ?ndert, müssen die Methoden der Auswertung immer neu entwickelt werden. Das gelte für alle Bereiche der Psychologie, sagt Tobias Koch. Zu seinen aktuellen Arbeitsfeldern geh?ren Bifaktor-Modelle. Diese Methoden wurden Anfang des 20. Jahrhunderts in der Intelligenzforschung entwickelt und erleben gerade eine Renaissance in vielen psychologischen Disziplinen. ?Hier müssen wir schauen, welche Modelle geeignet sind, um sinnvolle Aussagen zu generieren“, sagt Tobias Koch. Diese mathematischen Modelle werden einerseits theoretisch (bzw. rein mathematisch) und andererseits empirisch mittels simulierter und realer Daten untersucht.
Tobias Koch stammt aus Neukloster nahe Wismar. Er studierte Psychologie an der FU Berlin und schloss als Diplom-Psychologe ab. Die Frage, wie Wissenschaftler zu Erkenntnissen gelangen, hatte ihn zun?chst zur Philosophie geführt, doch erschien ihm die Psychologie als Fach noch interessanter. ?Meine Neugier an philosophischen Fragen konnte ich im Nebenfach Philosophie stillen“, sagt Tobias Koch. Dabei habe er sich vorrangig mit Logik und Wissenschaftstheorie besch?ftigt. Im Hauptfach Psychologie war der Schritt zur Methodenlehre daher nur folgerichtig. Tobias Koch promovierte 2013 zum Thema ?Multilevel Structural Equation Modeling of Multitrait-Multimethod-Multioccasion Data“ mit dem Pr?dikat ?summa cum laude“. Als Postdoc arbeitete er zun?chst weiter an der Freien Universit?t Berlin. Weitere Stationen waren Juniorprofessuren an der RWTH Aachen und der Leuphana Universit?t Lüneburg und eine Professur für Methodenlehre und psychologische Diagnostik an der Psychologischen Hochschule Berlin.?
Im Frühjahr 2020 nahm Tobias Koch den Ruf nach Jena an. Der Start verlief etwas holprig, weil coronabedingt die meisten Lehrinhalte auf digitalem Wege vermittelt werden mussten. ?Dennoch hatte ich einen guten Start in Jena“, sagt Tobias Koch. Natürlich sei es eine Umstellung gewesen, vom quirligen Berlin nach Jena zu gehen. Doch für den Vater eines Kindes, der in einer festen Partnerschaft lebt, bietet die Jenaer Lage durchaus ihre Vorteile: Tobias Koch ist gern mit dem Rad unterwegs und er geht gern auf Reisen. Dabei werden sowohl die n?here Umgebung erkundet als auch ferne Ziele anvisiert."
(Laudien)
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Anke Lindmeier
Anke Lindmeier
Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)Wie Schülerinnen und Schüler den Mathematik-Unterricht erleben und was sie davon für ihr sp?teres Leben mitnehmen, h?ngt nicht zuletzt von ihrem Lehrer oder ihrer Lehrerin ab. Wie diese den Unterricht so gestalten k?nnen, dass die Schülerinnen und Schülern m?glichst reichhaltige mathematische F?higkeiten erwerben, das erforscht Mathematikdidaktikerin Prof. Dr. Anke Lindmeier an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena. Die 41-J?hrige ist kürzlich als Professorin für Didaktik der Mathematik berufen worden. Zuvor hatte sie eine Professur an der Universit?t Kiel inne und hat am IPN – Leibniz-Institut für P?dagogik der Naturwissenschaften und Mathematik geforscht. ?Der Standort Jena erschien mir sehr attraktiv vom Profil her und das Arbeitsumfeld dementsprechend interessant“, macht Anke Lindmeier deutlich.
Den Grundstein für ihre Forschungsarbeit legte sie bereits in ihrer Promotion 2010 an der TU München, in der sie Wissen und Kompetenzen von Lehrkr?ften modellierte und erfasste. Darauf aufbauend entwickelte sich ihr Hauptforschungsgebiet. ?Wir fragen uns, welche Kompetenzen gute Mathelehrkr?fte brauchen“, erl?utert Anke Lindmeier. ?Sie müssen neben der landl?ufigen Annahme, gut mit Kindern und Jugendlichen umgehen zu k?nnen, vor allem Fachwissen mitbringen.“ Es sei wichtig zu hinterfragen, wie Lehrende ihr Fachwissen im Unterricht umsetzen, etwa wie sie didaktisch hilfreich auf Schülerfragen eingehen k?nnen. Anke Lindmeier und ihr Team bearbeiten damit Themen, die für aktuelle Herausforderungen von Schulen im Bereich der mathematisch-naturwissenschaftlichen Bildung besonders relevant sind.
Aktuell forscht sie in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gef?rderten Projekt, in dem sie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Uni Freiburg den Mathematik-Unterricht in unterschiedlichen Kulturkreisen untersucht. Dazu beobachtet sie, ob und wie sich die Art der Lehre und das Wissen der Lehrkr?fte an deutschen und taiwanesischen Schulen unterscheidet. Auch wenn das Projekt noch bis n?chstes Jahr l?uft, zeigt sich bereits jetzt deutlich, wie sich Unterricht und Fehlerkultur in beiden L?ndern voneinander unterscheiden. ?Durch den Blick in Klassenzimmer aus einer ganz anderen Kultur treten die Eigenheiten der eigenen Kultur pl?tzlich viel deutlicher hervor“, schw?rmt sie. Dies wiederum hilft, die Vorstellungen zu Unterricht im eigenen Kulturkreis besser herauszuarbeiten.
Ihre Erkenntnisse erlangt Anke Lindmeier vor allem durch eine innovative Forschungsmethodik: Dabei werden Lehramtsstudierenden oder Lehrkr?ften Videoausschnitte vorgelegt, die konkrete Situationen aus dem Unterricht zeigen. Darin eingebaut sind kleine Fehler oder M?ngel im Handeln der Lehrkraft, die nicht sofort auffallen. Die Lehrkr?fte kommentieren diese Videos, wodurch Anke Lindmeier herausfinden kann, ob der oder die Lehrende die Fehler entdeckt hat. So lassen sich Rückschlüsse auf die Lehrkompetenz ziehen. Solche Videos eignen sich auch zur Qualit?tsverbesserung des Unterrichts, wenn sie in der Lehrkr?fteaus- oder -fortbildung als gezielter Gespr?chsanlass genutzt und gemeinsam Handlungsalternativen erarbeitet werden. Die Forschung und die Ausbildung der zukünftigen Mathematiklehrkr?fte profitieren so direkt voneinander.
(Sch?nfelder/Busse)
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Helen Morrison
Helen Morrison
Foto: Anna Schroll/FLIHelen Morrison vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist als Professorin an die Fakult?t für Biowissenschaften der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (FSU) berufen worden. Mit der neu etablierten Professur zur ?Neurobiologie des Alterns“ ab April 2020 wird die Alternsforschung in Jena weiter ausgebaut. Prof. Dr. Helen Morrison ist seit 2004 am FLI und leitet dort die Forschungsgruppe ?Nervenregeneration“. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen in der Erforschung von biochemischen und molekularbiologischen Mechanismen bei der Regeneration von Nervenzellen.
Der Pr?sident der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena (FSU), Walter Rosenthal, hat Helen Morrison vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) zur Professorin für das Fachgebiet ?Neurobiologie des Alterns“ ernannt. Morrison ist nun seit April 2020 Professorin an der Fakult?t für Biowissenschaften. Mit der neu etablierten Professur sollen schwerpunktm??ig biochemische und molekularbiologische Mechanismen bei der Regeneration von Nervenzellen untersucht werden, die zu Fehlfunktionen des K?rpers beitragen k?nnen. Die gebürtige Engl?nderin ist seit 2004 am FLI und leitet die Forschungsgruppe ?Nervenregeneration“, die sie wie bisher weiterführen wird.
?Mit der gemeinsamen Berufung von Frau Dr. Morrison wird die seit langem bestehende, erfolgreiche Vernetzung unseres Institutes mit der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena und dem Universit?tsklinikum weiter gest?rkt“, freut sich Prof. Dr. Alfred Nordheim, Wissenschaftlicher Direktor des FLI, ?denn dadurch bekommt die Alternsforschung in Jena thematisch eine noch gr??ere Tragweite.“
FLI und FSU pflegen bereits seit mehreren Jahren enge wissenschaftliche Kooperationen, in deren Mittelpunkt der weitere Ausbau des Forschungsschwerpunktes ?Alternsforschung“ in Jena steht. Mit der Berufung wird das gemeinsame Interesse am Ausbau der Forschungskapazit?t im Bereich der neurobiologischen Aspekte des Alterns gest?rkt, so dass die angestrebte Interdisziplinarit?t, die der komplexe Forschungsschwerpunkt Altern erfordert, eine nachhaltige St?rkung erfahren wird, ist Nordheim überzeugt.
Das Team von Helen Morrison am FLI untersucht die Prozesse bei der Regeneration von Nerven sowie die Kommunikation im Inneren und zwischen den Zellen. Methodisch wird mit Struktur-, Zell- und Mausmodellen gearbeitet. Die Gruppe ist international und national hervorragend vernetzt. Regelm??ige Publikationen in hochrangigen Journalen sind ein Beleg für das hohe Niveau der Forschungsarbeit der Gruppe. ?
Die Forschungsgruppe ?Nervenregeneration“ geht der Frage nach, ob Fehler bei der Kommunikation von Nervenzellen zu Krankheiten oder beschleunigtem Altern führen. Der Fokus liegt dabei auf dem Nervensystem und seiner F?higkeit, sich zu regenerieren, sowie auf den Krankheitsmechanismen von myelinisierenden Zellen. Dazu z?hlen Krankheiten mit besonders hohem medizinischen Forschungsbedarf, z. B. Tumorerkrankungen des zentralen Nervensystems (Neurofibromatose Typ 2). Die Neurobiologin Prof. Morrison ist Expertin auf dem Forschungsgebiet der Neurofibromatose Typ 2, organisiert dazu internationale Konferenzen und arbeitet in einem internationalen Netzwerk mit (Synodos-Konsortium der ?Children’s Tumor Foundation“), um in Zusammenarbeit mit Medizinern für diese seltene Erkrankung eine Therapie zu entwickeln.
Prof. Morrison hat bereits vielf?ltige Kooperationen mit der FSU. Das zeigt sich sowohl in gemeinsamen Publikationen und zusammen gestellten Forschungsantr?gen, der Organisation internationaler Konferenzen (z. B. Jena Aging Meeting, JAM) als auch in der Betreuung von Doktoranden. Darüber hinaus ist sie in Graduiertenschulen integriert (z. B. ?Molecular Signatures of Adaptive Stress Responses”) und arbeitet in Studieng?ngen der Fakult?t für Biowissenschaften mit, wo sie im Masterstudiengang Biologie mit Vorlesungen und Seminaren zur Genetik und zellul?ren Plastizit?t des Nervensystems in der Lehre beteiligt ist.
Des Weiteren ist sie Sprecherin des von der Leibniz-Gemeinschaft gef?rderten Postdoc-Netzwerkes ?Aging induced impairments of regeneration and stem cell functionality – RegenerAging", mit dem in den biomedizinischen Alterns- und Regenerationsdisziplinen die wissenschaftliche Karriere junger Postdocs gef?rdert wird, um die Lücke zwischen der Promotion und einer weiterführenden wissenschaftlichen Karriere zu schlie?en. Seit November 2017 ist sie zudem zusammen mit Prof. Dr. Jean Krutmann vom Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung (IUF) in Düsseldorf Sprecherin des Leibniz-Forschungsverbundes Healthy Ageing; einem deutschlandweit agierenden Verbund von 20 Mitgliedsinstituten zum ?Gesunden Altern“. 2019 wurde sie für das Fach Zellbiologie in das DFG-Fachkolleg ?Grundlagen der Biologie und Medizin“ gew?hlt.
Zur Person
Die gebürtige Engl?nderin Helen L. Morrison studierte Biomedical Science an der University of Wales (UK) und fertigte ihre Doktorarbeit zum Thema ?The NF2 tumor suppressor gene product, merlin, mediates contact inhibition of growth through interactions with CD44“ an der Universit?t Karlsruhe 2001 an, für die sie mit dem ?Elsa und Walter Hermann Preis“ des Forschungszentrums Karlsruhe ausgezeichnet wurde. Nach Arbeitsaufenthalten an der University of Cincinnati (USA), der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig und dem Forschungszentrum Karlsruhe kam sie 2004 als Postdoc an das Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena. Im November 2006 wurde sie Juniorgruppenleiterin der Forschungsgruppe ?Tumorbiologie“ am FLI. Für ihre Arbeit ?Eine neue Tumorsuppressor-Kaskade“ erhielt sie 2006 den ?Thüringer Forschungspreis“ in der Kategorie Grundlagenforschung. Seit 2016 ist sie Seniorgruppenleiterin der Forschungsgruppe ?Nervenregeneration“ am FLI.
Verfasser/in: Kerstin Wagner
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Ralf R?hlsberger
Ralf R?hlsberger
Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)?Wir schie?en einen Pfeil ab und wo er steckenbleibt, da malen wir eine Ziel?scheibe hin“, so umschreibt Prof. Dr. Ralf R?hlsberger das übliche Vorgehen in der Grundla?gen?forschung. Der gebürtige Hamburger ist neuer Inhaber des Lehrstuhls für R?ntgenphysik am Institut für Optik und Quantenelektronik der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena. Die ima?gin?re Zielscheibe steht dabei für den potenziellen Nutzen der Grundlagenforschung: Nicht immer sei vorhersehbar, welche Anwendungen sich aus neuen Entdeckungen ergeben.
Ralf R?hlsberger betont, wie wichtig es für ihn ist, bei seinen Forschungen buchst?blich aus?getretene Pfade zu verlassen. So habe beispielsweise die Entdeckung der magnetischen Eigenschaften von Dünnschicht-Elementen zur Entwicklung neuartiger Sensoren geführt, die in der Automobilindustrie einsetzbar sind. Die Entwicklung dieser Sensoren trieb R?hlsber?gers Team in Hamburg voran. In Jena m?chte er an diese Forschungen anknüpfen. Gezielte Ver?nderungen der optischen Eigenschaften von Atomkernen zu untersuchen, die mit R?nt?genstrahlen beschossen werden, ziehe sich als ?roter Faden“ durch seine wissenschaftliche Arbeit. Dieser ?M??bauer-Effekt“ war schon Thema in Ralf R?hlsbergers Dissertation an der Universit?t Hamburg: ?Grazing Incidence Optics for Nuclear Resonant Filtering of Synchro?tron Radiation“. Nun wird auch an der Universit?t Jena eine neue Beschichtungsanlage ge?baut, die weitere Forschung am M??bauer-Effekt erm?glicht. In den Fokus des Teams um Ralf R?hlsberger rücken Materialien wie Eisen 57, Zinn und die sogenannten Seltenen Erden.
?Ich bin optimistisch, dass es noch viele unbekannte Inseln gibt, die es zu entdecken gilt“, sagt Prof. R?hlsberger. Das sei ja das Faszinierende an der Physik: Als Forscher k?nne er der Natur Geheimnisse entlocken, Dinge sehen, die noch keiner gesehen hat. Ein gro?es ?unent?decktes Land“ gebe es noch in der Physik. Hier kommen die Studierenden ins Spiel: Ralf R?hlsberger sch?tzt den frischen, unverstellten Blick der Nachwuchswissenschaftler. ?Die Studierenden sollen ruhig mal etwas Verrücktes ausprobieren“, sagt er. Wer nichts Neues versuche, kann auch nichts Neues entdecken.
Ralf R?hlsberger ging als Postdoc nach Chicago, wechselte dann an die Universit?t in Rostock. Dort entstand seine Habilitationsschrift: ?Nuclear Condensed Matter Physics with Synchrotron Radiation: Basic Principles, Methodology and Applications“. Von 2003 an arbei?tete er am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg. Hier begann die Zusam?menarbeit mit Wissenschaftlern aus Jena. Der Wechsel von der Weltstadt Hamburg nach Jena sei ihm leichtgefallen, sagt R?hlsberger. Zumal er die Kooperation mit den Fachkol?legen hier intensivieren kann.
Die Liebe zur Physik begann bei Ralf R?hlsberger mit dem Teleskop seines Vaters: ?Schon in der Grundschule wollte ich unbedingt sp?ter einmal Astronom werden“, sagt er. Am Gym?na?sium leitete er eine Astronomie-AG, w?hrend des Studiums war die Sternenkunde eines seiner Nebenf?cher. Doch schlie?lich w?hlte er die Astronomie ab, um sie als Leidenschaft zu behalten. In seiner Freizeit sind es neben der Familie – Ralf R?hlsberger ist verheiratet und hat einen 16-j?hrigen Sohn – ganz irdische Probleme, mit denen sich der Neu-Jenaer be?sch?f?tigt. R?hlsberger konstruiert und fertigt selbst M?bel an. Auf diese Weise sind schon Sessel, eine Sitzbank und diverse Regalsysteme entstanden. Sein aktuelles Heimwerker?projekt führt indes wieder zur Physik: Ralf R?hlsberger arbeitet an einer Maschine, mit der sich die Streuung von R?ntgenstrahlen zeigen l?sst. Als Photonen dienen dabei kleine Ku?geln. Die Konstruktion sei gewisserma?en sein ganz pers?nliches Corona-Projekt, sagt Ralf R?hlsberger l?chelnd.
(Laudien)
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Christian Senft
Christian Senft
Foto: UKJ/SzaboProf. Dr. Christian Senft übernimmt die Leitung der Klinik für Neurochirurgie am Universit?tsklinikum Jena. Seit dem Wintersemester hat er die Professur für Neurochirurgie an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena inne.
Die Routine im Operationssaal konnte Christian Senft bereits vor dem Medizinstudium kennenlernen – als Zivildienstleistender am Universit?tsklinikum Eppendorf. An seinem Fach sch?tzt der neue Professor für Neurochirurgie an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena gerade die Kombination aus Neuro und Chirurgie: ?Zum einen erfordert es umfassende neuromedizinische Expertise, zum anderen kann ich mit praktischem Tun etwas für meine Patienten erreichen, und das mit innovativster Technik.“ Mit der Professur übernimmt der 44-j?hrige Neurochirurg am Universit?tsklinikum Jena (UKJ) die Leitung der Klinik für Neurochirurgie, die sein Vorg?nger Prof. Rolf Kalff in den vergangenen 25 Jahren aufbaute. Zuletzt war er als stellvertretender Direktor der neurochirurgischen Klinik am Universit?tsklinikum Frankfurt am Main t?tig.
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In die weitere Profilierung der Klinik will Prof. Senft vor allem seine umfangreichen Erfahrungen in der Behandlung von Hirntumoren einbringen. W?hrend der neuroonkologischen Eingriffe werden zur Abgrenzung von Tumor- zu gesundem Hirngewebe modernste Bildgebungstechniken eingesetzt, zudem muss die Erhaltung der neurologischen Funktion stetig überwacht werden. Hierfür m?chte Prof. Senft auch neue Verfahren wie zum Beispiel Wachoperationstechniken etablieren oder immun-onkologische Therapieans?tze für Hirntumoren weiterentwickeln. ?Im Mittelpunkt steht für mich immer der Patient mit seinen Bedürfnissen. Die Universit?tsmedizin bietet die besten Voraussetzungen für das interdisziplin?re Vorgehen, das eine zeitgem??e und patientenorientierte neuroonkologische Behandlung erfordert“, betont Prof. Senft.
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Neben der Weiterführung des bisherigen wirbels?ulen- und traumachirurgischen Schwerpunktes der Klinik m?chte Prof. Senft auch den Bereich der gef??chirurgischen Eingriffe im Gehirn ausbauen, zu denen zum Beispiel die Behandlung von Aneurysmen z?hlt. Eine wichtige Entwicklung sieht er zudem in der funktionellen Neurochirurgie, bei der Elektroden zur gezielten Stimulation ins Hirngewebe implantiert werden. Dieses Verfahren wird am UKJ bereits zur Behandlung neurologisch bedingter Bewegungsst?rungen eingesetzt. Künftig werden in Jena als einzigem Standort in Thüringen auch funktionelle Eingriffe zur Therapie von Epilepsien m?glich sein. Von dem erweiterten neurochirurgischen Behandlungsangebot sollen auch Kinder mit Epilepsien und Hirntumorerkrankungen profitieren.
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Die Forschungsthemen von Christian Senft reichen von experimentellen Untersuchungen, die die Aufkl?rung von Invasionsmechanismen von Tumorzellen in umliegendes gesundes Gewebe zum Ziel haben, bis hin zur Versorgungsforschung. Ein Schwerpunkt liegt auf qualitativ hochwertigen klinischen Studien zur Evaluierung von neuen neuroonkologischen Therapien und modernen Operationstechniken. Mit seinen bisherigen Arbeiten hat er internationale Bekanntheit erlangt. Für neue Kooperationen sieht er in Jena beste Anknüpfungspunkte im Bereich der Onkologie und Altersforschung sowie in der Optik und Photonik, hier insbesondere für innovative Methoden der mikroskopischen Tumorbildgebung w?hrend der OP.
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Professor Senft ist gebürtiger Hamburger und hat in seiner Heimatstadt Medizin studiert.? Er wurde an der Universit?t Hamburg mit einer experimentellen Dissertation zur Therapie von Hirntumoren promoviert und begann seine Facharztausbildung in der Neurochirurgie am Universit?tsklinikum Eppendorf. Er? wechselte dann an das Universit?tsklinikum Frankfurt, wo er die Facharztprüfung in der Neurochirurgie ablegte und die Zusatzbezeichnungen Intensivmedizin und Medikament?se Tumortherapie erwarb. In seiner Habilitationsschrift untersuchte er den Nutzen von MRT-Bildgebung bei neuroonkologischen? Eingriffen.
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Gleich in der ersten Arbeitswoche am UKJ hat Professor Senft auch am Programm Startbolus Lehre teilgenommen, mit dem die Medizinische Fakult?t jeden Monat neue Wissenschaftler mit ihren Lehrstrukturen vertraut macht. Die bei ihm spürbare Begeisterung für sein Fach will er an die Studierenden weitergeben und so auch Interessenten für die Neurochirurgie gewinnen: ?Unser Fach ist gerade für technologie-affine Studierende und Absolventen attraktiv. Wir setzen auf eine fundierte wissenschaftliche und patientenorientierte praktische Ausbildung.“
(UKJ/vdG)
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Isabelle Staude
Isabelle Staude
Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)Viele Technologien, die heute unseren Alltag bestimmen, w?ren ohne Kontrolle über das Licht undenkbar: Schnelles Internet kann es beispielsweise nur geben, weil feine Glasfasern die Datenpakete als Lichtimpulse von A nach B übertragen. Der Wissenschaftszweig der Photonik erforscht solche optischen Verfahren, die im 21. Jahrhundert von zentraler Bedeutung für den technologischen Fortschritt sein werden. Eine Schlüsselrolle k?nnte dabei das Forschungsfeld von Prof. Dr. Isabelle Staude von der Universit?t Jena einnehmen. Die Physikerin entwickelt kleinste photonische Strukturen – unter anderem sogenannte Nanofilme –, um damit Licht in ma?geschneiderte Form zu bringen. Seit neuestem ist die 38-j?hrige Wissenschaftlerin und Mutter eines Kindes Professorin für photonische Nanomaterialien an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena.
?Lichtteilchen besitzen weder eine Ladung noch eine Ruhemasse und sind deshalb nur schwer zu kontrollieren“, erkl?rt Isabelle Staude. ?Hier kommen unsere künstlich hergestellten Nanofilme ins Spiel, mit denen wir beispielsweise bestimmen k?nnen, wie viel Licht in welche Richtung abstrahlt.“ M?glich machen das winzige ?Antennen“, aus denen die Nanofilme aufgebaut sind. Ganz analog zur Wechselwirkung herk?mmlicher Antennen mit Radiowellen kann Licht als elektromagnetische Welle in den Nanoantennen elektrische Str?me induzieren. Je nachdem wie und aus welchem Material Prof. Staude ihre Mini-Antennen konstruiert, kann sie mithilfe der Nanofilme Licht ablenken, fokussieren oder seine Eigenschaften ver?ndern. Um die Lichtwellen mit den Antennen ?empfangen“ zu k?nnen, müssen diese sehr klein sein und dürfen eine Gr??e von wenigen hundert Nanometern (1 Nanometer = ein Milliardstel Meter) nicht überschreiten. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von rund 80.000 Nanometern.
Eine Herausforderung besteht für Staude also darin, Materialien in dieser geringen Gr??e überhaupt anzufertigen. Dafür kommt ein spezielles lithographisches Verfahren zum Einsatz, bei dem ein Elektronenstrahl die Form und Position der Nanoantennen vorgibt. Das Endergebnis kann Staude nicht mit blo?em Auge, sondern nur unter dem Elektronenmikroskop betrachten. Doch der gro?e Aufwand lohnt sich: Nanofilme k?nnten einmal herk?mmliche optische Komponenten, z. B. Linsen, ersetzen. ?Sie besitzen nicht nur eine h?here Funktionalit?t, sondern sind auch viel dünner und leichter“, erl?utert die Jenaer Physikerin. ?Sie k?nnten in Displays, Sensoren oder in der Mikroskopie eingesetzt werden, um nur ein paar Anwendungsbeispiele zu nennen.“ Bis es zur breiten Nutzung der Nanofilme kommt, will Staude das Konzept noch weiterentwickeln. Dafür setzt sie – im Gegensatz zu vielen anderen Forschungsgruppen, die Metalle bevorzugen – auf Nanofilme aus Dielektrika.
Isabelle Staude geriet eher zuf?llig an ihr Forschungsthema. W?hrend des Studiums in Konstanz interessierte sie sich haupts?chlich für Elementarteilchenphysik. Dann kam sie bei einem Forschungspraktikum in Südkorea mit der damals weniger bekannten Nanophotonik in 欧洲杯投注地址_明升体育-竞彩足球比分推荐 – und blieb dabei. ?Ich war sofort davon begeistert“, erinnert sich die gebürtige Frankfurterin. ?Besonders gefiel mir, dass ich den gesamten Forschungsprozess überblicken und dabei selbst kreativ sein kann.“ Im Jahr 2011 wurde sie am Karlsruher Institut für Technologie über dreidimensionale Nanostrukturen promoviert und zog danach für drei Jahre nach Australien, um an der Australian National University in Canberra zu forschen. Parallel zu ihrer Promotion absolvierte sie noch ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversit?t Hagen. ?Tats?chlich hilft mir dieses Zweitstudium noch heute“, sagt Staude. ?Oft muss ich auch als Forscherin wie eine Managerin denken, etwa wenn es darum geht, neue Teammitglieder einzustellen und die Finanzierung eines Projekts im Auge zu behalten.“
2015 wechselte sie von Canberra an die Universit?t Jena, wo sie zun?chst die Nachwuchsgruppe für photonische Nanostrukturen leitete, bevor sie nun zur Professorin ernannt wurde. ?Jena ist zweifellos das Mekka der Optik“, zeigt sich Staude von ihren M?glichkeiten beeindruckt. ?Eine solche Ansammlung optischer Forschung und Unternehmen ist weltweit einmalig. Dazu kommt das sehr gute akademische Umfeld, das mir die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen wie der Chemie erm?glicht.“
Neben der Forschung engagiert sich Isabelle Staude auch in der universit?ren Lehre. ?Ich will die Studierenden mit meiner eigenen Faszination für die Nanophotonik anstecken“, erl?utert die Physikerin, die in ihrer Freizeit im Reitsport aktiv ist und gerne argentinischen Tango tanzt. ?Sie sollen schon früh im Studium die praktische Forschung kennenlernen und Bezug zu aktuellen Forschungsthemen haben.“ Bis Staude ihren Pflichten als Professorin nachgehen kann, muss sie sich aber noch ein paar Wochen gedulden. Aktuell befindet sie sich in Elternzeit. Erst im kommenden Wintersemester steigt sie wieder in Teilzeit in den Beruf ein.
(Laudien)
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Jens-Christian Wagner
Denomination: Geschichte in Medien und ?ffentlichkeit
zuvor: Stiftung nieders?chsische Gedenkst?tten
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Timm Wilke
Timm Wilke
Foto: Anne Günther (Universit?t Jena)Wie lassen sich neue Erkenntnisse aus der Chemie in einen lebendigen, span?nenden Schulunterricht transferieren? Welche Chancen bietet die Digitalisierung für den naturwissenschaftlichen Unterricht? Es sind solche Fragen, mit denen sich Prof. Dr. Timm Wilke vorrangig besch?ftigt. Der 32-j?hrige gebürtige Brüsseler ist neuer Professor für die Didaktik der Chemie an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena – und er ist sichtlich mit Feuereifer bei der Sache. Schon als Kind habe er den Wunsch gehabt, Lehrer und Chemiker zu werden, sagt Wilke. Pate standen Chemiker in der Familie und das Startsignal gab wohl die Besch?ftigung mit einem Set zur Zucht von Kristallen.
?Die Herausforderung ist es, spannende Themenfelder für die Schule so zu rekonstruieren, dass sie eine didaktisch tragf?hige Brücke zwischen Spitzenforschung und Unterricht bilden“, sagt Timm Wilke. Noch würden Chemie und auch Physik den Ruf der unbeliebten F?cher haben, doch das müsse ja nicht so bleiben.
Wie aktuelle Forschung in Schülerexperimenten mit einfachen Materialien nachvollzogen werden kann, demonstriert Timm Wilke am Beispiel der Nanotechnologie. Die Durchführung ist simpel: In die Metallhülsen von Teelichtern wird Gie?harz aus dem Baumarkt gegeben und Aluminium-Nanopartikel eingerührt – nach einer Stunde Aush?rten ist das Nanokomposit fer?tig. ?Durch den Zusatz von Aluminium erh?ht sich die Festigkeit der Probe um 40 Prozent“, sagt Timm Wilke. ?Da sie gleichzeitig leicht und bruchfest sind, sollen Nanokomposite zu?künftig die Grundlage für kraftstoffsparende Autokarosserien bilden“. Das passende Mess?ger?t für die Bruchfestigkeit ist ebenfalls einfach aufgebaut, ein schlichtes Rohr genügt, in dem eine Metallkugel aus verschiedenen H?hen auf die Probe f?llt.
Timm Wilke hat das Kunststück fertiggebracht, bereits mit 28 Jahren eine Stelle als Junior?professor für Fachdidaktik Chemie an der TU Braunschweig anzutreten – bevor er seinen Doktortitel erlangte. Die kurz darauf fertiggestellte Promotion mit dem Titel ?Konzeptuali?sierung des Themas Nanotechnologie für den Chemieunterricht“ wurde 2017 mit ?summa cum laude“ bewertet.
Als Juniorprofessor in Braunschweig fand Timm Wilke noch die Zeit, an einem Gymnasium zu unterrichten: ?Um neue Lehrmethoden zu entwickeln, brauchen wir immer die Rückmel?dung aus den Schulen“, sagt er. Dabei sind Anregungen der Lehrkr?fte ebenso willkommen wie die von Schülerinnen und Schülern. Aktuell ist das Carl-Zeiss-Gymnasium eine der Part?nerschulen der Jenaer Chemiedidaktiker. ?
Der Wechsel von Braunschweig nach Jena fiel Timm Wilke leicht. Er lobt die guten Bedingun?gen, freut sich darüber, ?wie stark die Chemie hier aufgestellt ist“. Gemeinsam mit seinen Dok?toranden Nicolai ter Horst, Bj?rn Bartram und Manuel Wejner arbeitet er aktuell an Instru?menten, um veraltete Messmethoden in den Klassenzimmern zu modernisieren. Das Team der Chemiedidaktiker hat eine digitale Messstation entwickelt, bei der verschiedene Senso?ren mit einem Minicomputer verbunden sind. Auf einem Display lassen sich Werte wie Druck, Temperatur oder pH-Wert ablesen. Messungen mit pH-Papier oder Thermometer k?nnten also bald der Vergangenheit angeh?ren. ?Es ist der Versuch, klassische wissenschaftliche Analysemethoden in die Schulen zu bringen“, sagt Timm Wilke. Eingesetzt werden preiswerte Komponenten, so dass auch bei geringem Schulbudget ganze Klassens?tze angeschafft wer?den k?nnten. Zugleich sind die Ger?te über eine Cloud verbunden, so kann jeder Schüler in Echtzeit die Daten der Anderen anschauen, die Lehrer k?nnen eingreifen, wenn es Proble?me gibt. Solche Ger?te w?ren ebenfalls eine preiswerte Alternative in der Ausbildung von Stu?dierenden, so Wilke.
In seiner Freizeit verbindet der Neu-Jenaer chemische Kenntnisse mit einer uralten Kunst: Er braut Bier, gern mit Freunden oder Kollegen. In Braunschweig spielte er zudem Handball, Ten?nis und war aktiver Fu?baller. Dazu kommt er derzeit in Jena noch nicht. Schon weil seine bald zweij?hrige Tochter den Vater gern in Beschlag nimmt.?
Timm Wilke wurde in Brüssel geboren und besitzt die deutsche und die luxemburgische Staats?bürgerschaft. Aufgewachsen in Norddeutschland legte er das Abitur in Leer in Ost?friesland ab. Zum Studium der Chemie und Franz?sisch auf Lehramt ging er nach G?ttingen. Gastaufenthalte führten ihn u. a. ans Centre National de la Recherche Scientifique in Toulouse und ans Leibniz-Institut für die P?dagogik der Naturwis?senschaften und Mathematik in Kiel.
(Laudien)