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Meldung vom: | Verfasser/in: Alena Gold
Viren passen sich schnell an neue Bedingungen an, was mit einer Ver?nderung ihres Genoms einhergeht. Das gilt auch für eine spezielle Gruppe von Viren, den Bakterio?phagen. Ein Forschungsteam aus Polen, den Niederlanden und Deutschland hat nun erfolgreich zahlreiche alte Phagen-Genome rekonstruiert. Darunter ein rund 1.300 Jahre altes Genom, das eine sehr hohe ?hnlichkeit zu dem modernen, Darmbakterien befallenden ?Mushuvirus mushu“ aufweist. Das widerspricht der verbreiteten Annahme einer generell hohen Mutationsrate bei Viren und erweitert somit das Verst?ndnis für deren Evolution. Die Ergebnisse haben die Forschenden im Fachjournal ?Nature Communications“ ver?ffentlicht.
Eine bislang weitestgehend unerforschte Quelle für mikrobielle Vielfalt sind Jahrhunderte bis Jahrtausende alte Proben aus dem menschlichen Darm und des Stuhls. Mithilfe von modernen wissenschaftlichen Methoden, wie der Metagenom-Sequenzierung, konnten Forschende in der Vergangenheit bereits die DNA von Bakterien rekonstruierenExterner Link. Diese geben Aufschluss über die Beschaffenheit des menschlichen Darmmikrobioms aus dem vorindustriellen Zeitalter.
?Wir wollten diese bereits vorhandene Datenbank auf ?berreste von Bakteriophagen, also bakterienbefallende Viren, untersuchen“, sagt Piotr Rozwalak, Erstautor einer neuen Studie und Doktorand in der Gruppe rund um den ?Balance of the Microverse“-Professor Bas Dutilh an der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena. Bakteriophagen sind interessant, weil sie beispielsweise beeinflussen, wie sch?dlich ein Bakterium ist. Wie die Forschenden in der Studie berichten, gelang es ihnen, eine Vielzahl von pr?historischen Phagen-Genomen zu identifizieren und zu rekonstruieren.
1.300 Jahre ohne nennenswerte Evolution
?Bakteriophagen befinden sich in einem st?ndigen Aufrüstungswettbewerb mit ihren Wirten, also den Bakterien. Deshalb ver?ndern sie sich st?ndig. Umso ungew?hnlicher ist, dass wir auf ein Phagengenom gesto?en sind, das mit dem des gegenw?rtigen Mushuvirus mushu beinahe identisch ist“, sagt Rozwalak. Das Phagengenom stammt aus einer 1.300 Jahre alten Stuhlprobe aus Mexiko, w?hrend aktuelle Nachweise des Mushuvirus mushu ihren Ursprung in Abwasserproben aus Frankreich haben. Dabei stimmen die DNA-Sequenzen in den beiden Proben laut der Forschenden zu 97,7 % überein. ?Wahrscheinlich erm?glicht die Tatsache, dass der Bakteriophage in das bakterielle Genom eingebaut ist, eine lange und stabile Beziehung zwischen ihnen, ohne das traditionelle Wettrüsten, das für Viren und ihre Wirte typisch ist“, so Rozwalak. Dies k?nnte erkl?ren, warum es bei diesem speziellen Phagen in den letzten 1.300 Jahren keine nennenswerte Evolution gegeben zu haben scheint.
?Diese Entdeckung beweist nicht nur, dass es m?glich ist, alte Phagen-Genome zu rekonstruieren. Vielmehr zeigt sie, dass noch viel Wissen über die Vielfalt und Evolution von Viren im Dunkeln schlummert“, sagt Rozwalak. Diese virale Diversit?t zu katalogisieren und damit weiterer Forschung zug?nglich zu machen, ist eines der n?chsten Ziele der Forschenden.
Etwa 2000 Jahre alter menschlicher Stuhl.
Foto: Christina Warinner/Zandra Fagern?sOriginal-Publikation:
Rozwalak, P., Barylski, J., Wijesekara, Y. et al.: Ultraconserved bacteriophage genome sequence identified in 1300-year-old human palaeofaeces. Nat Commun 15, 495 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-023-44370-0Externer Link