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Meldung vom: | Verfasser/in: Kati Kietzmann
Fotos von Tier- und Pflanzenarten, die in den sozialen Medien geteilt werden, k?nnen einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Biodiversit?t leisten – vor allem in tropischen Gebieten. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Zentrums für Biodiversit?tsforschung (iDiv), des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena und der Universit?t von Queensland (UQ). In drei Studien, die in den Fachmagazinen BioScience, One Earth und Conservation Biology ver?ffentlicht wurden, zeigen sie am Beispiel Bangladeschs, dass Facebook-Daten einen wichtigen Beitrag zum Biodiversit?tsmonitoring und zur Bewertung potenzieller Schutzgebiete leisten k?nnen.?
Die Tropen sind Hotspots der Biodiversit?t – doch unser Wissen über die Best?nde von Tier- und Pflanzenarten in diesen Regionen ist lückenhaft. W?hrend Monitoringprogramme und Citizen-Science-Initiativen in den Industriel?ndern gut etabliert sind, sind sie in den Entwicklungsl?ndern noch kaum verbreitet. Doch nur mit einer m?glichst genauen Dokumentation der Biodiversit?t kann festgestellt werden, welche Arten eines besonderen Schutzes bedürfen. Mit der zunehmenden Nutzung Sozialer Medien und der Verbreitung qualitativ hochwertige Digitalkameras k?nnten sich neue M?glichkeiten ergeben. Naturphotographen weltweit teilen ihre Aufnahmen zur Biodiversit?t in den Sozialen Medien – ein riesiges Potenzial. Ein Forschungsteam hat am Beispiel des südasiatischen Landes Bangladesch untersucht, welchen Beitrag Daten von Facebook zum Monitoring und in der Konsequenz auch zur Einsch?tzung potenzieller Schutzgebiete leisten k?nnen.
Für ihre Studie griffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Facebook-Gruppen von Naturphotographen in Bangladesch zurück. Die Informationen, die sie aus den Art- und Ortsangaben der Fotos ableiten konnten, flossen in einen gemeinsamen Datenpool mit den Daten aus der Global Biodiversity Information Facility (GBIF). Die GBIF wird unter anderem aus etablierten Citizen-Science-Plattformen wie eBird und iNaturalist gespeist. Im Globalen Norden funktioniert das schon – für Tier- und Pflanzenarten in den Entwicklungs- und Schwellenl?ndern gibt es hingegen noch deutlich weniger Daten. Durch die Integration der Facebook-Daten konnte das Forschungsteam über 44.000 Datens?tze für fast 1.000 Tierarten zusammentragen, wovon 288 laut Weltnaturschutzorganisation IUCN als gef?hrdet gelten. Mehr als ein Viertel der Daten stammte aus Facebook-Gruppen, für Schmetterlinge und V?gel war es sogar mehr als die H?lfte. ?H?tten wir nur auf die Daten aus der GBIF zurückgegriffen, w?ren uns Daten zur Verbreitung von Hunderten bedrohter Tierarten durch die Lappen gegangen“, meint Dr. Shawan Chowdhury, der die Studien in Bangladesch leitete. Derzeit forscht er am iDiv, dem UFZ und der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena; seine Doktorarbeit schrieb er an der Universit?t von Queensland in Australien.
Facebook-Daten zeigen potenzielle Schutzgebiete
Das Forschungsteam konnte auf dieser neuen Datenbasis eine Karte besonders geeigneter Lebensr?ume für die verschiedenen Tierarten erstellen und mit bestehenden Schutzgebieten abgleichen. Derzeit sind lediglich 4,6 % der Landfl?che Bangladeschs als Schutzgebiete ausgewiesen, wovon sich ein Gro?teil im Südwesten des Landes befindet. Insbesondere bereits bedrohte Arten werden von den derzeitigen Schutzgebieten nicht ausreichend abgedeckt – ein typisches Ph?nomen in Tropenregionen. Um sicherzustellen, dass für alle bedrohten Arten in Bangladesch ausreichend Schutzgebiete vorhanden sind, müsste der Anteil der unter Schutz stehenden Fl?che auf 39 Prozent erh?ht und diese besser im Land verteilt werden. Die Daten zeigten zudem, dass zum Beispiel 45 % der Schmetterlingsarten in Bangladesch auf den Grünfl?chen der Hauptstadt Dhaka vorkamen, fast die H?lfte davon gilt als gef?hrdet. Bei der Planung neuer Schutzgebiete k?nnte sich daher auch ein Blick auf eher unkonventionelle Gebiete lohnen, etwa in und um urbane Gebiete.
Nutzung von Daten aus sozialen Medien birgt Herausforderungen
Doch die Nutzung von Social-Media-Daten birgt derzeit noch einige Herausforderungen. Wie bei vielen Citizen-Science-Initiativen sind die Daten, die von den Nutzern gesammelt werden, nur selten gleichm??ig verteilt. Stattdessen konzentrieren sie sich oft auf gut erreichbare Regionen, etwa in der N?he von St?dten. Social-Media-Daten für die Forschung nutzbar zu machen, ist au?erdem derzeit noch sehr aufwendig. Für ihre Studie durchsuchten die Forschenden die Facebook-Gruppen h?ndisch nach den Arten auf der Roten Liste und verifizierten jedes einzelne Foto inklusive Art- und Ortsangabe. Neue M?glichkeiten wie Künstliche Intelligenz und Deep Learning k?nnten diesen Prozess zukünftig einfacher machen.?
?Die Integration von Biodiversit?tsdaten aus Citizen Science, die in den Sozialen Medien ver?ffentlich werden, birgt insbesondere für tropische Regionen ein gro?es Potential, wo es an verl?sslichen und aktuellen strukturierten Monitoringdaten mangelt“, sagt Prof. Aletta Bonn, Leiterin der Forschungsgruppe ?kosystemleistungen am UFZ, an der Universit?t Jena und bei iDiv. In diesen Regionen k?nnten Sichtungen, die bei Facebook oder auch auf anderen sozialen Plattformen ver?ffentlich werden, zu einer besseren und systematischen Einsch?tzung potenzieller Schutzgebiete beitragen – ein wichtiger Schritt, um die Ziele von Kunming-Montreal zu erreichen und 30 Prozent der Land- und Meeresfl?che bis 2030 unter Schutz zu stellen.
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Junonia almana, ein Schmetterling aus der Familie der Edelfalter, der vor allem in Südasien vorkommt. Das Foto wurde in einem Park in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, aufgenommen.Foto: Shawan Chowdhury
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Der Rotohrbülbül (Pycnonotus jocosus) kommt insbesondere in den tropischen Gebieten Asiens vor.Foto: Shawan Chowdhury
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Der Axishirsch oder Chital (Axis axis) gilt als nicht gef?hrdet, in einigen Regionen sind seine Bestandszahlen allerdings rückl?ufig. Der langfristige Fortbestand h?ngt von gut gesicherten Schutzgebieten ab.Foto: Shawan Chowdhury
Original-Publikationen:
Shawan Chowdhury, Upama Aich, Md Rokonuzzaman, Shafiul Alam, Priyanka Das, Asma Siddika, Sultan Ahmed, Mahzabin M. Labi, Moreno Di Marco, Richard A. Fuller, Corey T. Callaghan (2023). Increasing biodiversity knowledge through social media: a case study from tropical Bangladesh.?BioScience; DOI: https://doi.org/10.1093/biosci/biad042Externer Link
Shawan Chowdhury, Richard A. Fuller, Md. Rokonuzzaman, Shofiul Alam, Priyanka Das, Asma Siddika, Sultan Ahmed, Mahzabin Muzahid Labi, Sayam U. Chowdhury, Sharif A. Mukul, Monika B?hm, Jeffrey O. Hanson (2023). Insights from citizen science reveal priority areas for conserving biodiversity in Bangladesh.?One Earth; DOI: https://doi.org/10.1016/j.oneear.2023.08.025Externer Link ?
Shawan Chowdhury, Richard A. Fuller, Sultan Ahmed, Shofiul Alam, Corey T. Callaghan, Priyanka Das, Ricardo A. Correia, Moreno Di Marco, Enrico Di Minin, Ivan Jari?, Mahzabin Muzahid Labi, Richard J. Ladle, Md. Rokonuzzaman, Uri Roll, Valerio Sbragaglia, Asma Siddika, Aletta Bonn (2023). Using social media records to inform conservation planning. Conservation Biology, DOI: https://doi.org/10.1111/cobi.14161Externer Link ?
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